Bestens vertraut mit dem „Zins“

Mit Lucas Dreher und Tim Schlegel hat das Jugend- und Kulturzentrum Zinsholz in Ruit ein neues Leitungsduo

Nach der Feier ist vor dem Umbau. Lautsprecher müssen zurück an ihren Platz geschoben werden, Bühnenlichter liegen herum, Kabel werden aufgewickelt. Im Jugend- und Kulturzentrum Zinsholz heißt es an diesem Montag, Spuren zu beseitigen. Im verwinkelten Gebäude mit den vielen Treppen und dem Balkon über der Bar geht eine neue Woche los. Mittendrin: Lucas Dreher und Tim Schlegel. Sie bilden im Jugendhaus am Rand von Ruit seit nicht allzu langer Zeit das neue Leitungsduo. Der Sozialarbeiter Lucas Dreher (25) ist bereits seit November 2021 im „Zins“, wie die meisten in der Stadt sagen. Tim Schlegel (27) ist im Juli 2022 dazugestoßen. Er hatte zuvor als Kita-Erzieher gearbeitet, nun studiert er nebenbei noch Gesundheits- und Sozialmanagement.
Das Zentrum Zinsholz ist das größte Jugendhaus in Ostfildern und richtet sich hauptsächlich an die Zielgruppe 16 plus. Die Trägerschaft liegt in den Händen des Kreisjugendrings. „Das Haus gibt es seit 40 Jahren“, sagt Lucas Dreher. Das Besondere: Die beiden Leiter kennen sich seit ihrer Jugend, und im „Zins“ waren sie früher selbst oft. Beide sind in der Stadt aufgewachsen. Spätestens beim Skateboardfahren waren aus den Teenagern damals Kumpel geworden. „Das ist ein Vorteil, dass wir uns gut kennen. Das ist kein Nine-to-five-Job hier“, sagt Tim Schlegel.
Die Rollen sind verteilt. Der eine ist vor allem in Sachen Events und Technik fit, der andere eher im Buchhalterischen. „Es ist ein städtisches Gebäude. Es ist brutal viel Verwaltungsaufwand“, sagt Tim Schlegel. Vieles hat das Duo in den vergangenen Monaten bereits umgemodelt. Dem bekannten Logo wurde ein neuer Anstrich verpasst. Der nun etwas zurückhaltendere Schriftzug findet sich auf einer nagelneuen T-Shirt-Kollektion. Die Terrasse wurde saniert, auch die Bar, „das Herzstück“ des Jugendhauses, wie Lucas Dreher sagt, wurde umgebaut. „Es war dringend notwendig“, sagt Tim Schlegel.
Auch inhaltlich hat sich einiges getan, seitdem das neue Führungsteam am Drücker ist. Zentrale Idee: weniger Fremdveranstaltung, mehr eigene. „Wir kriegen drei bis vier Anfragen pro Tag“, sagt Tim Schlegel. Viele Menschen wollen ihre Hochzeitsparty oder ihren Geburtstag im Zentrum Zinsholz feiern. Das jedoch haben er und sein Mitstreiter auf ein Minimum zurückgefahren. Stattdessen sollen im Saal mit Bühne – er fasst immerhin 250 bis 300 Gäste – mehr Konzerte aller Musikrichtungen, mehr Partys oder auch politische Veranstaltungen steigen.
Auch die offenen Treffs am Mittwoch und Donnerstag sind im Jugendhaus wiederbelebt worden. „Es ist wichtig, dass wir im Wandel bleiben“, sagt Lucas Dreher. „Ort für neue Begegnungen“, fügt Tim Schlegel hinzu. Für die beiden steht fest: Sie wollen wieder mehr Leben in der Bude. Ihre Vorgängerin habe als Alleinkämpferin für vieles schlichtweg nicht die personellen Kapazitäten gehabt, außerdem habe sie in ihrer Arbeit einen etwas anderen inhaltlichen Schwerpunkt gesetzt. Während der Pandemie sei das Haus zudem bei vielen jungen Leuten in Vergessenheit geraten. Und überhaupt: Einfach die Tür aufsperren und hoffen, dass die Jugendlichen von selbst kommen, das funktioniere heute nicht mehr. „Man muss irgendwie auf sich aufmerksam machen“, sagt Lucas Dreher. Die Social-Media-Kanäle wurden dafür reaktiviert. „Dieses Jahr geht’s richtig los“, sagt Lucas Dreher, alle zwei Wochen sei eine andere Veranstaltung geplant.
Die Homepage www.zinsholz. de wird überarbeitet. Als nächstes will sich das Team den Konzertsaal vorknöpfen. Die Pressspanwände sollen gestrichen werden, auch die Bühnentechnik gehört aus Sicht der Leiter erneuert. Das Potenzial für mehr ist da. Im Großraum Stuttgart mangelt es an Auftrittsmöglichkeiten für Musiker. An vielen der Prozesse im „Zins“ sind die jungen Leute, die im Haus ein- und ausgehen, direkt beteiligt. Lucas Dreher betont: „Wir sind viel im Austausch mit den örtlichen Jugendlichen.“

car / Foto: Caroline Holowiecki


Bei Rehm gehen die Lichter aus

Noch im September hatte es Hoffnung für die Wurstfabrik in Aichschieß gegeben – Alle Mitarbeiter verlieren ihren Job

Lange Zeit ging es bei der Aichwalder Firma Rehm sprichwörtlich um die Wurst. Im September vergangenen Jahres gab sich das Familienunternehmen noch optimistisch, nach dem Abbau von 35 Stellen wirtschaftlich wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen – doch nun werden die Tore für immer geschlossen. Auch die 52 verbliebenen Mitarbeitenden verlieren ihren Job.
Nur eine Handvoll Beschäftigte verlassen zum Schichtende am Mittwochnachmittag vergangener Woche den Betrieb. „Die Schließung war abzusehen, seitdem die Maultaschenproduktion im Herbst stillgelegt wurde“, meint Enes Tosic. Der 52-Jährige vermutet, dass der Betrieb die geplanten Preiserhöhungen nicht bei allen Kunden durchsetzen konnte. „Die Stimmung ist gedämpft“, sagt Mladen Kosalec, der seit 21 Jahren bei Rehm arbeitet. Er schimpft über die schlechte Kommunikation: „Uns hat man im Vorfeld gar nichts gesagt, da gibt es keine Transparenz.“ Nachdem die Schließung vergangenen Mittwoch bekannt geworden sei, hätten sich die meisten Kollegen krankgemeldet, berichtet der Metzger. „Ich habe hier viel gelernt. Schade, dass es nicht weitergeht“, sagt Izzedin Chihab. Der 59-Jährige hofft, mit diesem Wissen eine Stelle über das Jobcenter zu finden. Ohne Arbeit sei es für ihn kaum möglich, in Deutschland zu bleiben, vermutet der Syrer, der 2015 hierher geflüchtet war.
Die Stimmung unter den Mitarbeitenden ist gedrückt, während auf den Internetseiten von Rehm ein letztes Stück heile Welt herrscht. Mit dem Spruch „Fast Food auf Schwäbisch“ preist die Firma ihre Dosenwurst an. Neben der Abbildung eines Ofen-Leberkäs’ steht: „Kriegt wirklich jeder gebacken.“ Für Rehm selbst gilt das nicht mehr. Ein Button verkündet auf der Homepage: „Unser Werksverkauf ist seit dem 19. 12. 2020 geschlossen.“
Nun wird auch die restliche Firma dichtgemacht: Voraussichtlich im Laufe dieser Woche wird laut Geschäftsführer Frank Roth der Betrieb eingestellt. Zu den Gründen für die Schieflage bei Rehm befragt, verweist Roth auf die wirtschaftliche Gesamtsituation mit massiv steigenden Kosten. Die Ausgaben für Rohstoffe und Energie hätten von dem Familienbetrieb nicht mehr getragen werden können. Dass der Name Rehm bei Verbrauchern für Qualität und eine regionale Herstellung stehe, habe den wirtschaftlichen Niedergang nicht aufhalten können: Mit Blick auf die gestiegenen Ausgaben hätten Preise für Rehm-Produkte verlangt werden müssen, deren Höhe gegenüber den Kundinnen und Kunden nicht mehr darstellbar gewesen sei.
Einen genauen Zeitplan für die Abwicklung der Geschäfte gibt es laut Frank Roth noch nicht. In den nächsten Tagen und Wochen würden anfallende Restarbeiten erledigt. Dafür würden die im Unternehmen verbliebenen 52 Mitarbeitenden zur Verfügung stehen. Wie lange diese Tätigkeiten in Anspruch nehmen, könne er aber nicht sagen. Danach würden die Beschäftigten wohl freigestellt.
Vorwürfen und Gerüchten, die Belegschaft sei nicht über die geplante Schließung informiert worden, tritt der Geschäftsführer energisch entgegen. Das stimme so nicht. Im Rahmen einer Betriebsversammlung sei die Lage dargelegt worden. Ein solcher Schritt könne auch gar nicht vor der Belegschaft verheimlicht werden, sagt Frank Roth. Zur Zukunft des Betriebsgeländes an der Waldstraße in Aichschieß und über einen möglichen Verkauf des Areals machte Frank Roth keine Angaben. Diese Frage müsse noch geklärt werden.
Im September vergangenen Jahres hatte es einen Hoffnungsschimmer für Rehm gegeben. Durch die Entlassung eines Drittels der zuvor etwa 100-köpfigen Belegschaft und der Einstellung der Maultaschenproduktion hatte das Aichwalder Unternehmen auf einen Neustart gehofft. Rehm wollte sich fortan auf die Produktion von Fleischkäse und Dosenwurst konzentrieren. Die nicht entlassenen Mitarbeiter müssten sich keine Sorgen um ihre Jobs machen, hatte das Unternehmen im September gegenüber der Eßlinger Zeitung gesagt. Diese Ankündigung hat sich nun als Irrtum erwiesen.

com/sw / Foto: Roberto Bulgrin


Sportplatzstreit schwelt weiter

Die Stadt Esslingen will einen Teil des Geländes des TV Hegensberg weiterhin bebauen – Verein fühlt sich übergangen

Weil Wohnraum in Esslingen knapp ist, sucht die Stadt händeringend nach Möglichkeiten, Wohnungen zu bauen. 2015 rückte das Sportgelände des TV Hegensberg, das der Stadt gehört, in den Fokus. Auf einem Teil des Areals sollen 17 Wohnungen entstehen. Grundsätzlich zeigte sich der Verein damals – auch unter dem Eindruck der dramatischen Flüchtlingskrise – offen, einen gemeinsamen Weg zu suchen. Doch je intensiver sich der Vorstand mit den Plänen beschäftigte, desto mehr wuchsen die Zweifel – zumal der Verein einen stetig wachsenden Bedarf an Bewegungsmöglichkeiten verzeichnet. Dennoch hat der Gemeinderat im Februar 2020 einen Bebauungsplan für das Areal Wilhelm-Nagel- und Breitingerstraße abgesegnet. Doch der wurde 2021 vom Verwaltungsgerichtshof in einem Normenkontrollverfahren gekippt. Nun hat der Ausschuss für Technik und Umwelt (ATU) des Gemeinderats grünes Licht gegeben, das Verfahren neu aufzurollen – wohl wissend, dass der TV Hegensberg zuvor moniert hat, die Zweifel seien nicht ausgeräumt worden und der erhoffte Dialog mit der Stadt sei ausgeblieben.
Kurz nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) gegen den Bebauungsplan hatte der Esslinger Baubürgermeister Hans-Georg Sigel bereits erklärt, er finde es weiter notwendig, „auf der nicht für den Vereinssport erforderlichen Teilfläche Wohnungen zu bauen“. In ihrer Urteilsbegründung hätten die Richter nicht die geplante Wohnbebauung generell in Frage gestellt. Deshalb werde man umgehend ein neues Bebauungsplanverfahren einleiten. Diesen Schritt ist die Stadt nun gegangen. Sigel erklärte nun im ATU, einzelne Festsetzungen im Plan, die die Richter moniert hatten, seien korrigiert worden, auch ein überarbeitetes Schallgutachten hatte die Stadt in Auftrag gegeben. Ansonsten seien sowohl die Fläche als auch das städtebauliche Konzept gleich geblieben. Auch an der Absicht der Stadt, Wohnraum für Menschen zu schaffen, die sich auf dem Wohnungsmarkt nicht oder nur erschwert aus eigener Kraft versorgen können, habe sich nichts geändert. Die Nutzung der Fläche als Vereinssportanlage mit Vereinsheim und -gaststätte soll planungsrechtlich gesichert werden. Die Stadt habe im Sommer mit dem Verein gesprochen – klar sei gewesen, dass dort Wohnbebauung kommen soll. Man sei nach wie vor offen für Gespräche, das Bebauungsplanverfahren müsse nun aber beginnen.
In einem Schreiben an die Ratsfraktionen hatte Hermann Beck, der Vorsitzende des TV Hegensberg, im Vorfeld der ATU-Sitzung betont, dass ihm an einer einvernehmlichen Lösung gelegen sei. Der Bau von Wohnungen sei wichtig, gute Rahmenbedingungen für Sport vor Ort jedoch ebenso. Und da sieht der Verein mit seinen rund 1500 Mitgliedern eine Interessenkollision, die sich weiter verschärfen könnte, wenn sich künftige Anwohner durch den Sport- und Freizeitbetrieb gestört fühlen könnten. Deshalb hatte Beck darum gebeten, bis zur Klärung der strittigen Grundsatzfragen die Entscheidung über den Start des Bebauungsplanverfahrens zu vertagen.
Doch im ATU konnte sich der TVH mit seinem Appell nicht durchsetzen. Andreas Fritz (Grüne) signalisierte Verständnis für den Verein, befand jedoch: „Wir sollten weiterkommen.“ Heidi Bär (SPD) ist es „ein Anliegen, den Bau von 17 Wohnungen auf den Weg zu bringen“. Wichtig sei aber auch ein gutes Miteinander mit dem TV Hegensberg. Eberhard Scharpf (Freie Wähler) sagt, der TVH könne im weiteren Verfahren seine Bedenken formulieren. Das sieht Ulrich Fehrlen (FDP) nicht anders. Karin Pflüger (CDU) sah ebenfalls die Chance, Unstimmigkeiten in den nächsten Verfahrensschritten zu klären. Johanna Renz (Linke) betonte die Bedeutung von zusätzlichem Wohnraum, sah aber auch die unterschiedlichen Interessen künftiger Anwohner und des Sports, die sich nicht unbedingt vereinbaren ließen.

adi / Foto: Roberto Bulgrin


Abgestimmt!

Deutschland wird nun doch Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an die Ukraine liefern, gemeinsam mit Verbündeten. Halten Sie dies für die richtige Entscheidung?

Foto: dpa

„Leos“ für die Ukraine?

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Stadt übernimmt Teil der Kosten

Schaden im Kemnater Hallenbad war wohl nicht versichert – Wiedereröffnung für Frühjahr geplant – Spendenaktionen

Die Stadt Ostfildern und die ehrenamtliche Hallenbad­initiative bleiben mangels Versicherung wohl auf dem Schaden sitzen, den eine defekte Leitung am ersten Weihnachtsfeiertag im Kemnater Hallenbad verursacht hat. Damals waren 160 000 Liter Wasser aus dem Becken in den Keller des Gebäudes gelaufen. Die Ursache ist mittlerweile geklärt. „Dass die Pumpe ausfiel, lag an einem Defekt in der Wasserleitung“, sagt Marcus Bienzle, der sich bei der Hallenbadinitiative um die Technik kümmert. Weil die Stadt, der das Gebäude gehört, für das Leitungsnetz offenbar keine Versicherung abgeschlossen hatte, ist der Fall in finanzieller Hinsicht nach Bienzles Worten klar. Dennoch gibt es für den Verein auch eine gute Nachricht. „Die Stadt Ostfildern wird sich an den Kosten beteiligen“, teilte der Sprecher der Stadtverwaltung, Dominique Wehrle, mit. Schon im Laufe des Frühjahrs will die Initiative das Bad in der Hagäckerstraße wieder öffnen.
Dass eine ehrenamtliche Initiative ein Hallenbad in Eigenregie betreibt, ist in der Region eine Besonderheit. Das Modell besteht in Kemnat seit dem Jahr 2005. „So haben wir die drohende Schließung des Bades abgewendet“, sagt Bienzle. Der Verein kümmere sich kontinuierlich um die Wartung der Anlagen im Gebäude. An Weihnachten sei die Pumpe kaputt gegangen, weil offenbar zu viel Wasser aus der Leitung geströmt sei, erläutert Bienzle. „Das war kein menschliches Versagen“, stellt Bienzle klar, der auch Vorsitzender des TV Kemnat ist. Obwohl die Vereinsmitglieder das Bad mit dem 25-Meter-Becken täglich kontrollierten, sei ein Großteil des Beckeninhalts in den Keller gelangt – dort sei die gesamte Technik des Bads untergebracht. Um die gewaltigen Wassermengen abzupumpen, war die Feuerwehr ausgerückt. Dass die Stadt für diesen speziellen Fall wohl nicht versichert ist, verwundert Bienzle. Nun müsse man das Beste aus der Situation machen.
Dass die Stadt sich an der Schadensregulierung beteiligen wird, steht für Dominique Wehrle außer Frage: „Wer welche Kosten übernimmt, werden wir nun mit der Initiative klären.“ Dass der Leitungsschaden die Ursache für das Auslaufen des Wassers war, bestätigt er. Weshalb die Leitungen am Gebäude nicht mitversichert sind, vermag Wehrle hingegen nicht zu beantworten. Das sei ein komplexer Fall. Ganz die Hoffnung aufgegeben hat man im Rathaus offenbar noch nicht. „Die Stadt prüft und verhandelt zurzeit noch, ob andere Versicherungen greifen“, so Wehrle. „Wichtig ist uns, dass wir jetzt alles tun, damit das Kemnater Bad möglichst schnell wieder genutzt werden kann.“
Was die Sanierung genau kosten wird, kann Marcus Bienzle noch nicht genau beziffern. Er geht derzeit von Kosten um 70 000 Euro aus, „was sich aber jederzeit ändern kann, wenn wir entsprechende Angebote bekommen“. 280 Arbeitsstunden hätten die Mitglieder der Initiative bereits jetzt in die Arbeiten am Hallenbad investiert. Bienzle ist froh, „dass wir mit den Stadträten und mit der Verwaltung in einem so guten Dialog sind“. Er ist zuversichtlich, dass der Verein die Mehrkosten für die nun anstehenden Sanierungsarbeiten schultern kann. Dennoch setzt der Verein nicht nur auf Hilfe von der Stadt, sondern will auch mit einer Spendenaktion Geld für die Arbeiten sammeln.
Katja Behringer, die zum Vorstandsteam der Initiative gehört, leitet auch die Schwimmsportabteilung des Kemnater Turnvereins: „Unsere Schwimmkurse sind sehr gut gebucht.“ Wie wichtig es ist, dass Kinder schwimmen lernen, weiß die erfahrene Trainerin.
Aus dem Lehrplan der benachbarten Pfingstweideschule sei der Schwimmunterricht nicht wegzudenken, sagt die Rektorin Christiane Brüning. Die Pädagogin und ihr Team legen an der Grundschule Wert darauf, dass die Jungen und Mädchen bald schwimmen lernen, „auch wenn das in manchen Familien nicht möglich ist“. Dass das Kemnater Hallenbad nur ein paar Schritte von der Schule entfernt ist, sei ein Privileg. „Viele unserer Kinder haben nun Angst, dass das Hallenbad schließt“, sagt Brüning. Daher hätten einige spontan ausgelesene Bücher verkauft und den Erlös gespendet. Jeden Donnerstag soll es künftig zudem einen Kuchenverkauf in der großen Pause geben.

eli / Foto: privat


Singe, wem Gesang gegeben

Der Männergesangverein Liederkranz Schanbach wird 125 Jahre alt – Fehlender Nachwuchs – Werben um Frauenstimmen

Der Männergesangverein Liederkranz Schanbach ist ein eingeschworener Haufen. In diesem Jahr wird er 125 Jahre alt. Und obwohl bislang nur sangesfreudige Männer mitmachen durften und immer noch dürfen, verwundert es auf den ersten Blick umso mehr, dass der Verein zuletzt ausgerechnet mit einem Workshop-Tag nur für Frauen ins Jubiläumsjahr gestartet ist. Die Resonanz stellte die Verantwortlichen zufrieden. Das Angebot gab es aber nicht ganz ohne Hintergedanke. „Wir planen im Herbst einen Projektchor für Frauen zu machen“, kündigt Bernd Wiedmann an, der den Verein seit 14 Jahren federführend als Vorsitzender leitet. Was sich daraus ergebe, sei völlig offen. Jedenfalls hofft der Liederkranz, dass sich vielleicht einige der Frauen aus dem Workshop für den Projektchor interessieren könnten.
Laut Wiedmann wird es nicht nur für den Liederkranz immer schwieriger, neue Sänger für den Männerchor zu gewinnen. Dass die Idee, Frauen stärker in das Singen einzubinden, nicht ganz neu ist, zeigt ein Blick in die Chronik des 125 Jahre alten Gesangvereins. Im Jahr 1924, also vor fast 100 Jahren, trat ein gemischter Chor bei einer Gesangbuchfeier in der evangelischen Kirche in Schanbach auf. Der Erfolg war wohl so groß, dass die Generalversammlung des Liederkranzes im Jahr 1926 beschloss, bei „besonderen Gelegenheiten“ auch als gemischter Chor zu singen. Allerdings verlor sich dieser damals revolutionäre Ansatz alsbald wieder im Dunkel der Geschichte und ist bis heute laut Wiedmann kein Thema mehr gewesen – oder zumindest fast kein Thema, denn seit 2015 leitet mit Isolde Holzmann eine Frau sowohl den Hauptchor als auch die „Stimmbandschoner“. Während der Hauptchor sich vor allem der klassischen Chormusik verschrieben hat, singen die „Stimmbandschoner“ seit 2010 eher modernere Lieder.
Manche Sänger wie Uwe Gienger, der sich beim Liederkranz um die Finanzen kümmert, singen sogar in beiden Chören. Angefangen hat Gienger vor fünf Jahren bei den „Stimmbandschonern“, doch schon bald machte er auch beim Hauptchor mit. „Der Kameradschaft wegen“, wie er sagt. Der Verein sei schon ein „toller Haufen“ und es mache „einfach Spaß“, zu singen.
Gegründet wurde der Männergesangverein Liederkranz Schanbach im Jahr 1898 von 16 Schanbacher und Krummhardter Sängern. Deshalb hatte der Verein anfangs auch Gesangverein Schanbach-Krummhardt geheißen. Wann er sich schließlich seinen heutigen Namen gegeben hat, ist nicht dokumentiert. Schriftführer Friedbert Krieg vermutet, dass das schon bald nach der Gründung geschehen sein muss. Was aber über 125 Jahre hinweg konstant geblieben ist, ist das Vereinsziel, wie es im Jahr 1898 in den Statuten formuliert wurde: „Der Gesangverein Schanbach-Krummhardt stellt sich die Aufgabe, den Gesang – nach Maßgabe der ihm zu Gebot stehenden Kräfte auch den kirchlichen – zu pflegen, sowie den Mitgliedern gesellige Unterhaltung zu bieten“.
Bis sich der Männergesangverein allerdings eine eigene Fahne leisten konnte, hatte es laut Wiedmann ein paar Jahre gedauert. Sie wurde erst 1903 geweiht und zählt heute zu den wertvollsten Dingen, die der Verein sein Eigen nennt – in ideeller, aber auch in finanzieller Hinsicht. „Damals hatten die Leute einfach nicht so viel Geld“, sagt der Vereinschef. Die benötigten 470 Mark wurden seinerzeit durch Spenden der Mitglieder finanziert. Laut Friedbert Krieg wurde das historische Stück vor zehn Jahren in einer Karlsruher Fahnenfabrik für 3000 Euro restauriert. „Die Kanten gingen langsam weg, und der Stoff hat sich aufgelöst“, erzählt Krieg. Ihm sei damals gesagt worden, dass es heute 40 000 Euro kosten würde, die Fahne von Hand herzustellen. Zu sehen ist sie unter anderem bei den Auftritten der beiden Chöre. 

Info: Proben des Hauptchors finden donnerstags von 19.30 bis 21 Uhr im Vereinsraum der Schurwaldhalle statt, die „Stimmbandschoner“ treffen sich dort alle 14 Tage freitags. Am 22. April steht ein Jubiläumsabend in der Schurwaldhalle an. Am 23. Juli findet ein historisches Sommerfest auf dem alten Festgelände in der Ziegelgasse statt, am 28. Oktober eine Geburtstagsparty in der Schurwaldhalle.

kai / Repro: Andreas Kaier


Weniger Ware, mehr Nachfrage

Immer mehr Menschen strömen in die Tafelläden im Kreis Esslingen – Es trifft die Ärmsten der Gesellschaft

Als sie im Herbst die spärlich befüllten Regale im Esslinger Tafelladen gesehen habe, sei sie erschrocken, erinnert sich Sabine Eckert. Seitdem tut die Esslingerin ihr Möglichstes, um die Einrichtung der Caritas zu unterstützen. Derzeit kaufe sie zwei bis drei Mal pro Woche für die Caritas ein und spende Lebensmittel wie Kartoffeln, Wurst oder Käse. Vor kurzem veröffentlichte sie sogar auf Ebay-Kleinanzeigen, einem schwarzem Brett im Internet, einen Aufruf. „Wer kann noch haltbare Lebensmittel spenden?“, heißt es darin. „Den meisten von uns geht es gut. Was ist dabei, im Angebot mal ein Päckchen Nudeln oder Reis mehr zu kaufen?“
Zwar herrsche noch keine Not, erklärte Mitte Januar Roswitha Marin, die stellvertretende Marktleiterin der Carisatt-Tafel in der Neckarstraße; dorthin sollten die Sachspenden laut Eckerts Aufruf gebracht werden. Doch Marin blickt mit Bauchschmerzen in die Zukunft. Bereits ab 8.30 Uhr stünden teils 50 Kunden vor dem Laden, um ein möglichst breites Sortiment vorzufinden. Drei Stunden bevor das Geschäft öffnet. Immer mehr Menschen, die besonders stark unter den gestiegenen Lebenskosten leiden, kaufen in der Einrichtung ein. Ein Großteil davon seien Geflüchtete aus der Ukraine, stetig landen neue Anmeldungen auf dem Schreibtisch von Marin.
Auch Eberhard Haußmann, der Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands des Landkreises Esslingen, berichtet von einem starken Ansturm auf die Tafelläden. Etwa 30 Prozent mehr Kunden verzeichneten die von der Diakonie betriebenen Geschäfte in Ostfildern, Bernhausen und Leinfelden-Echterdingen. „Und in Bezug auf die gestiegenen Energiekosten erwarten wir auch keine Entspannung“, sagt Haußmann. Sorgen bereiten den Helfern der Diakonie, dass die Lieferungen der Supermärkte abnehmen. Das komme zu großen Teilen daher, erklärt der Chef der Kreisdiakonie, dass sich das Warenmanagement der Discounter verbessere. Es bleibt also weniger übrig. Das trifft die Tafeln schwer – und damit die Bedürftigen.
„Armut ist ein hartes Brot“, sagt Haußmann. So könne die Einführung des Bürgergelds, und damit das höhere Einkommen von Langzeitarbeitslosen, die gestiegenen Kosten bei Weitem nicht ausgleichen. „Diese Leute haben keine Rücklagen. Wenn dann mal die Waschmaschine kaputt geht, dann ist das für die Familien häufig eine Katastrophe“, so seine Erfahrung. Dankbar seien er und seine Kollegen für die vielen Spenden, die sie in der vergangenen Zeit bekommen hätten. Diese hätten nämlich nicht abgenommen. „Das ist eine schöne Kultur im Kreis Esslingen“, sagt der Geschäftsführer, „dass Menschen mit dem Auto vorfahren und Einkäufe für die Tafel vorbeibringen.“ Aber auch Geldspenden helfen den Einrichtungen, den Betrieb am Laufen zu halten – selbst, wenn es nur fünf Euro sind.
In der Esslinger Carisatt-Tafel fehlt es derzeit neben Waren wie Obst und Gemüse, die saisonal im Winter schwieriger zu bekommen sind, vor allem an Grundnahrungsmitteln wie Mehl, Zucker, Salz, Nudeln, Reis und Konserven. Auch Produkte wie Zahnpasta, Duschgel, Wasch- oder Spülmittel seien sehr willkommen. Es gebe zwar Tage, an denen das Lieferauto des Sozialmarktes voll sei, sagt Roswitha Marin. Genauso komme es auch vor, dass nur wenige Waren zusammenkommen. „Wir können alles brauchen. Von der Zahnbürste bis zur Babynahrung.“
Das Ebay-Gesuch von Sabine Eckert ist inzwischen mehr als 1100 Mal aufgerufen worden. Die Esslingerin hat auch schon Rückmeldung bekommen – positive wie negative. „Jeder Mensch kann in die Armut abrutschen“, sagt Eckert. Deshalb sei es so wichtig, die Bedürftigen zu unterstützen. „Wir sollten die Augen aufmachen“, sagt sie.

Die Tafeln unterstützen
Spenden: Wer den Tafeln mit Sachspenden helfen möchte, erkundigt sich am besten im Vorfeld, welche Artikel benötigt werden. Grundsätzlich sind aber viele Waren willkommen, vor allem lang haltbare Lebensmittel wie Konserven, Nudeln oder Kaffee. Auch ehrenamtliche Helfer, die mit anpacken, werden gesucht.
Einkaufen: Um eine Kundenkarte der Carisatt-Tafel in Esslingen zu bekommen, muss man bestimmte Nachweise zum Lebensunterhalt vorlegen. Dazu zählen Dokumente zu Bürgergeld, Sozialhilfe oder Grundsicherung. Auch Geringverdiener und alleinerziehende Eltern können dort einkaufen; genau wie Eltern, die mehrere Kinder zu versorgen haben, oder Menschen, die nur eine bescheidene Rente beziehen.  

dcb / Foto: Roberto Bulgrin