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Musik geht ihre eigenen Wege

Das Esslinger Podium-Festival präsentiert vom 20. bis 30. April junge Künstler in 27 Konzerten an 17 Orten

Junge Musik-Enthusiasten hatten im Jahr 2009 das Podium-Festival aus der Taufe gehoben. Was als kleines Kammermusikfestival begann, ist heute eine vielseitige Plattform für spannende Innovationen in klassischer und zeitgenössischer Musik. Unkonventionelle Produktionen zeigen, wie undogmatisches Musikschaffen heute aussehen kann. Dieses Profil wird kontinuierlich weiterentwickelt und geschärft. Joosten Ellée, der das Festival seit dem vergangenen Jahr leitet, geht diesen Weg konsequent weiter: Mehr denn je setzt das Festival auf gesellschaftspolitisch relevante Themen, die mit musikalischen Mitteln reflektiert und vom 20. bis 30. April in einfallsreichen Konzertformaten an unterschiedlichsten Orten präsentiert werden.
Drängende Themen wie Klimakrise, Krieg, Artensterben, Autolärm oder die Zukunft unserer Demokratie beschäftigen in diesen Zeiten viele Menschen. Und sie finden auch im Programm ihren Niederschlag. Unter den 27 Konzerten, die an 17 Orten präsentiert werden, finden sich einige Uraufführungen zu aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Mit dem Festival sollen dem Publikum unterschiedlichste zeitgenössische Stimmen nahegebracht und dabei auch markante Positionen aus Wissenschaft und Literatur einbezogen werden. „Wir wollen nicht nur die Gegenwart spiegeln, sondern Licht und Hoffnung in die Herzen pflanzen“, verspricht Joosten Ellée. „Musik kann sich mit den aktuellen Krisen und Herausforderungen auseinandersetzen, neue Perspektiven eröffnen und Trost und Anker für viele Menschen sein. Sie hat die wunderbare Gabe, die Seelen zu erreichen und sie zu beschützen.“
So wichtig wie das richtige Gespür für die relevanten Themen unserer Zeit ist dem Künstlerischen Leiter auch die lokale Verankerung des Festivals: Noch konsequenter als bisher öffnet sich das Podium für die Zusammenarbeit mit lokalen Partnerinnen und Partnern. „Wir haben so viele interessante Musikerinnen, Musiker und Ensembles in Esslingen“, sagt Joosten Ellée. „Ihr Zusammenwirken mit den Podium-Künstlerinnen und -Künstlern hat einen ganz eigenen Reiz.“ Das zeigt sich bereits im Eröffnungskonzert am 20. April in der Stadtkirche St. Dionys: Unter dem Titel „Sinfonie in ES“ präsentieren die Kantorei der Stadtkirche sowie Musikerinnen und Musiker der städtischen Musikschule Esslingen und der Filum Musikschule Filderstadt gemeinsam mit Podium-Musikerinnen und -Musikern Werke von der Renaissance bis zur Gegenwart. „Damit zeigen wir gleich zu Beginn, wofür das Podium steht: vielfältige Musik von alt bis ungehört und die Einbeziehung der Gesellschaft, in der das Festival stattfindet“, erklärt der Künstlerische Leiter, der im Zusammenspiel von musikalischer Finesse, breit gefächerter thematischer Aktualität und lokaler Bodenhaftung ein wichtiges Erfolgskriterium des Festivals sieht.
Neben ambitionierten neuen Konzepten bietet das Festival auch in diesem Jahr liebevoll kuratierte Werke in kammermusikalischen Formaten, überraschende musikalische Effekte, ungewöhnliche Stücke von häufig noch immer zu Unrecht vergessenen Komponistinnen sowie einfühlsame Raum- und Lichtinszenierungen und ein ausgefeiltes Sounddesign. Darüber hinaus wird Partizipation weiterhin großgeschrieben – erstmals ist der Verein BuntES mit verschiedenen Tanzgruppen bei einem Podium-Konzert in der Dieselstraße vertreten. Und in der erfolgreichen „Education“-Reihe, die jungen Menschen die Musik und ihre Reize näherbringen möchte, widmet sich das Podium diesmal der amerikanischen Komponistin Florence Price. Die musikalisch-szenische Produktion wird nicht nur im Rahmen des Esslinger Kulturrucksacks in Schulen gezeigt, sondern auch in einem Familienkonzert im Alten Rathaus. Schließlich will das Festival alle Generationen ansprechen. 

Info: Näheres und Tickets unter www.podium-esslingen.de.

adi / Foto: Horst Rudel


Erdgas quer durchs Land

Die Bauarbeiten an der Süddeutschen Erdgasleitung sollen auf dem Schurwald im Jahr 2025 beginnen

Insgesamt 250 Kilometer lang ist die Süddeutsche Erdgasleitung (SEL), die quer durch Baden-Württemberg zuerst Erdgas und ab dem Jahr 2030 Wasserstoff von Lampertheim in Hessen nach Bissingen in Bayern transportieren und auch die Region Rhein-Neckar und den Großraum Stuttgart mit Energie versorgen soll. Ein Teilstück der Leitung, die von der Firma Terranets BW in vier Bauabschnitten verlegt und später betrieben wird, verläuft durch den Landkreis Esslingen. Die Strecke führt von Weinstadt-Strümpfelbach aus bei Aichwald-Lobenrot auf den Schurwald, verläuft entlang des Waldrands vorbei an Schanbach und Aichschieß in Richtung Deponie Weißer Stein und über Baltmannsweiler und Reichenbacher Gemarkung weiter in Richtung Landkreis Göppingen.
Von Aichwald aus soll es auch einen Abzweig zum Kohlekraftwerk nach Altbach geben. Der Energieversorger EnBW plant, sein Kraftwerk, wo derzeit noch Kohle verfeuert wird, im Jahr 2026 auf Gas und später auf Wasserstoff umzustellen.
Nach jahrelangen Vorplanungen und Genehmigungsverfahren will die Terranets BW laut deren Pressesprecherin Linda Grösch im Frühjahr 2024 mit den Bauarbeiten beginnen. Als erstes Teilstück der 250 Kilometer langen Leitung soll die Trasse von Heilbronn bis Löchgau in Angriff genommen werden. Im Frühjahr 2025 sollen dann die Arbeiten am Abschnitt von Löchgau nach Esslingen beginnen und bis Herbst 2025 abgeschlossen sein. „Zurzeit prüfen wir die Möglichkeit, Sonderbauwerke oder einzelne Bauabschnitte bereits im Herbst 2024 umzusetzen“, sagt Grösch. Mit Vermessungsarbeiten wurde auf dem Schurwald bereits im Dezember 2021 begonnen.
Inzwischen wurde entlang der Trasse auch der Baugrund untersucht, vor allem dort, wo die SEL Straßen oder Gewässer kreuzt. Auf Aichwalder Gemarkung ist das kurz vor dem Ortseingang in Lobenrot. In der Nähe des Gewerbegebiets Aichschieß kreuzt die Trasse zudem die Kreisstraße 1267. „Die Verlegung der Gasleitung erfolgt in der Regel in offener Bauweise, das heißt in einem von Baggern ausgehobenen Graben“, erläutert Grösch. Werden Straßen unterquert, werden die Rohre unterirdisch durch Tunnelbauwerke verlegt – zumindest dort, wo es geht. Ist die gesamte Trasse vorbereitet, werden die Rohre auf die Baustelle gefahren und verschweißt. Erst wenn ein unabhängiger Gutachter die Schweißarbeiten überprüft hat, werden die Gräben ausgehoben und die Rohrstränge in die Erde gehoben. Danach wird alles wieder aufgefüllt und der Oberboden aufgetragen. „An einem Tag können so – abhängig von den Gegebenheiten vor Ort – zwischen 200 und 400 Meter Leitungsrohre verlegt werden“, so Grösch.
Wie an anderen Orten sind auch in Aichwald viele Grundstücke, die für den Bau der SEL benötigt werden, in privater Hand. Grösch spricht von 150 betroffenen Flurstücken. Der Erwerb der Leitungs- und Wegerechte habe bereits Ende 2022 begonnen. In Aichwald will die Terranets BW demnächst auf die dortigen Grundstücksbesitzer zugehen und sich mit ihnen auf eine Entschädigungszahlung einigen. „Unsere Netzbauprojekte sind von übergeordnetem Interesse und dienen allen, da sie die Wärmeversorgung in Deutschland sichern“, sagt Grösch. Daraus resultiere die gesetzliche Verpflichtung, sein Flurstück zur Verfügung zu stellen.
Die Grundstücke müssen allerdings nicht verkauft werden. Die Eigentümer müssen nur gegen eine Entschädigung ein Leitungs- und Wegerecht einräumen. Das Unternehmen Terranets stehe in Kontakt mit den Eigentümern und strebe eine einvernehmliche Lösung an.

kai / Foto: Terranets BW


„Was sage ich Eltern mit kranken Kindern?“

Notdienst-Apotheken im Kreis Esslingen kämpfen mit gravierenden Engpässen bei Medikamenten

Mit einem verzweifelten Hilferuf auf Facebook hatte sich die Apothekerin Sabine Mickeler vor dem Notdienst in der Löwen-Apotheke in Neuhausen am Ostermontag an ihre Kundschaft gewendet: „Wir bekommen keine Antibiotikasäfte. Großhändler und Firmen werden auf Knien angebettelt. Was sage ich nur den unzähligen Eltern mit ihren kleinen kranken Kindern?“ Wegschicken mussten die Apothekerin und ihr Sohn Tassilo, der in Kürze sein Pharmaziestudium abschließt, zwar nur vereinzelte Patienten. Doch selbst das darf aus ihrer Sicht einfach nicht sein.
„Eine Frau mit schwerem Reizhusten, die kaum sprechen konnte, mussten wir an den ärztlichen Notdienst zurückverweisen“, sagt Tassilo Mickeler. Sie brauchte ein neues Rezept. Dass der Patientin die Autofahrt schwerfiel, war dem angehenden Apotheker klar: „Doch da sind uns die Hände gebunden.“ In anderen Fällen haben die Apotheker mit dem ärztlichen Notdienst telefoniert und andere Lösungen gefunden. „Doch es dauert in der Regel, bis man da einen Arzt oder eine Ärztin erreicht“, schildert Tassilo Mickeler seine Erfahrungen. So lange müssten die Kranken im Freien ausharren oder wiederkommen, was gerade mit Fieber kaum zumutbar sei.
Rund 150 Menschen kamen während des 24-Stunden-Notdienstes am Ostermontag in die Löwen-Apotheke in Neuhausen. Selbst aus Ludwigsburg und Asperg kamen Kunden, weil die Apotheke auf den Fildern ein Medikament vorrätig hatte. Nebenbei nach alternativen Lösungen zu suchen oder Rezepte umzuschreiben, ist nach den Worten von Sabine Mickeler aufwendig. Dass Antibiotika fehlen, ist laut der promovierten Pharmazeutin eine Folge der Gesundheitspolitik, die sie scharf kritisiert. Wegen des niedrigen Preisniveaus sei die Produktion generischer Antibiotika in Deutschland nicht mehr wirtschaftlich. So würden die Standorte in Niedriglohnländer verlagert, und es komme zu Lieferengpässen. Das Antibiotikum Roxi etwa erhalte die Löwen-Apotheke nicht mehr. Nicht nur Antibiotika wie auch Penicillin seien ein Problem. Das Diabetesmedikament Ozempic etwa sei seit Wochen knapp. Auch bei Medikamenten für Herz- oder Krebskranke gebe es Engpässe.
Um für den Osteransturm gewappnet zu sein, hatte sich Sabine Mickeler tagelang vorbereitet. Da checke man „fast stündlich“, was bei den Großhändlern vorrätig sei, und bestelle dann sofort. Die Apothekerin spricht diesbezüglich von einem „erheblichen Mehraufwand“, der sich im Tagesgeschäft kaum stemmen lasse. Weil die Gesundheitspolitik Apotheken immer mehr Belastungen auferlege, sei es schwer, Nachwuchs zu finden. Daher sei sie glücklich, dass ihr Sohn Tassilo an sein Studium der Wirtschaftswissenschaften die Pharmazie anschloss und die Löwen-Apotheke übernehmen wolle.
Die wachsende Belastung der selbstständigen Apotheken sieht auch ihr Esslinger Kollege Oskar Neumann von der Lerchen-Apotheke. Von den 150 Menschen, die beim 24-Stunden-Dienst an Ostern in die Apotheke in der Dresdener Straße kamen, habe er 20 wegschicken müssen, weil Medikamente fehlten. „Wir waren vorher mit dem ärztlichen Notdienst in Kontakt und haben kommuniziert, welche Medikamente nicht vorrätig sind.“ Er hatte 24 Stunden Nachtdienst. Dienstagfrüh stand er gleich wieder in seiner Apotheke.
Angesichts dieser Entwicklung sei es nicht verwunderlich, dass immer mehr Apotheken schlössen. Heftig kritisiert auch Neumann die Gesundheitspolitik des Bundes. Die auf zwei Jahre befristete Erhöhung des Abschlags an die Krankenkassen ab 1. Februar auf zwei Euro pro Medikament belaste gerade kleine Apotheken: „Zugleich wächst bei uns der Aufwand ständig.“
Vor den Osterfeiertagen hatte die Neuhausener Apothekerin Sabine Mickeler befürchtet, dass wegen der Medikamenten-Engpässe gerade Familien mit kleinen Kindern an die Krankenhäuser verwiesen werden müssten oder dass die Eltern dann gleich dort Hilfe suchten. Das hat sich bei den Medius-Kliniken im Kreis Esslingen nicht bestätigt, sagt Pressesprecher Jan Schnack: „Der Andrang war wie üblich an Feiertagen.“ Die Engpässe bei den Medikamenten seien bei den diensthabenden Ärzten kein Thema gewesen, sagt Schnack. Diese Eindrücke bestätigt auch Barbara Bensch, die beim Klinikum Esslingen für die Kommunikation zuständig ist, aus der Esslinger Notaufnahme.

Versorgungsprobleme: Die Landesapothekerkammer hatte bereits im Dezember 2022 vor dem „besorgniserregenden Versorgungsproblem“ gewarnt, insbesondere bei Kindern mit schweren Atemwegsinfekten. „Es stehen weder fiebersenkende Fertigarzneimittel noch bestimmte Antibiotika in ausreichender Menge zur Verfügung. Auch jetzt hat sich die Situation nicht entschärft.“

Hohe Belastung vor Ort: Der Aufwand ist der Landeskammer zufolge für die Apotheken in den Städten und Gemeinden kaum mehr zu bewältigen, „da im Schnitt bei jedem zweiten Rezept, das in den Apotheken vor Ort eingereicht wird, ein Problem mit der Lieferbarkeit zumindest bei einem der verschriebenen Medikamente besteht“. Als Grund nannte die Kammer die Erkrankungswelle, die Coronapandemie sowie den Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Energiekrise. Die globalen Produktionsstätten und Lieferketten in der Pharmaindustrie würden durch diese Krisen erheblich beeinträchtigt.

eli / Foto: Horst Rudel