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Startschuss für Neckaruferpark

Im Herbst sollen die Arbeiten für den Grünstreifen in Esslingen beginnen – Aber nicht alle Pläne werden umgesetzt

Es ist nur ein schmales grünes Handtuch, das am Esslinger Neckarufer ausgerollt werden soll. Dennoch hat es mehr als zwei Jahrzehnte gedauert, bis der Neckaruferpark zwischen Pliensauturm und Roßneckarkanal in greifbare Nähe rückt. Jetzt sind die Arbeiten für die kleine grüne Oase zwischen Bahngleisen und Neckar vergeben worden – im Herbst soll der Bau beginnen.
Das neue Erholungsgebiet am Fluss soll aus verschiedenen Elementen bestehen. So ist auf Höhe der Bahnhofsunterführung ein sogenannter Stadtbalkon geplant, also eine Art Terrasse, die ein Stück über den Neckar ragt und Platz für Sitzgelegenheiten, Gastronomie oder Veranstaltungen bietet. An einem Naturufer soll der Neckar naturnäher gestaltet und für Besucher erlebbar werden. Von einem Steg aus kann das Ufer dort künftig auch von oben betrachtet werden. Am Hechtkopf, wo der Roßneckarkanal in den Neckar fließt, ist mit einem Kiesstrand ein direkter Zugang zum Fluss geplant.
Vorerst nicht umgesetzt wird hingegen das sogenannte Neckarplateau. Dieses war in der Mitte des Parks geplant. Dort sollten Terrassen entstehen, auf denen gesportelt und gespielt werden könnte. Doch angesichts der Marktlage ist laut der Stadtverwaltung mit erheblichen Kostensteigerungen für die Entsorgung von Altlasten in diesem Bereich zu rechnen.
Um die Vergabe der Arbeiten und damit auch die Zusagen für die Fördergelder nicht zu gefährden, habe man den Bau des Neckarplateaus zurückgestellt. Denn wäre es wie geplant umgesetzt worden, hätte das laut Stadt den Kostenrahmen gesprengt – und ganz generell kaum kalkulierbare finanzielle Risiken mit sich gebracht. Das wäre heikel, schließlich kann sich die Stadt das Projekt ohnehin nur wegen der hohen Zuschüsse leisten. Für das rund 9,5 Millionen Euro teure Vorhaben rechnet man im Rathaus mit Fördergeldern in Höhe von sechs Millionen Euro. Die gibt es aber nur, wenn der Park bis Ende 2025 fertiggestellt ist.
Ganz wegfallen soll das Plateau aber nicht. Die Freitreppe etwa komme auf jeden Fall, betonte Michael Högel, Leiter der für die Planung zuständigen Abteilung im Grünflächenamt. Aber die bisherige Planung müsse überarbeitet werden. Voraussichtlich im Frühjahr 2024 werde man neue Entwürfe vorstellen. Auch die Umgestaltung des Neckarufers am Pliensauturm muss warten. Dort soll die Erde abgetragen werden, damit der Rad- und Fußweg künftig direkt am Neckar entlangführen kann. Doch das soll erst im Zuge der geplanten Sanierung eines Teils der Brücke in Angriff genommen werden.
Ursprünglich war auch eine Trasse für den Radschnellweg durch den Neckaruferpark vorgesehen. Doch als Ende 2022 klar geworden sei, dass dieser nun südlich des Neckars verlaufen soll, habe man kurzfristig einen regulären Rad- und Fußweg in die Pläne für das Erholungsgebiet eingearbeitet, heißt es aus dem Rathaus. Das begrüßt die SPD-Fraktion im Gemeinderat: „Wir freuen uns, dass es statt des Radschnellwegs einen normalen Rad- und Fußweg im Neckaruferpark geben wird“, betonte SPD-Rätin Heidi Bär im Ausschuss für Technik und Umwelt. Ihr Ratskollege Andreas Fritz (Grüne) zeigte sich zufrieden, dass das Projekt endlich umgesetzt werden soll: „Viele Menschen warten mit Spannung auf dieses kleine, aber feine grüne Handtuch.“
Auch die anderen Ratsfraktionen begrüßten den Startschuss für das langersehnte Projekt. Allerdings zeigten sich einige skeptisch, ob der gemeinsame Fuß- und Radweg die richtige Lösung ist. Zwar soll der Bereich für Fußgänger sowohl farblich als auch vom Material her vom Radweg abgesetzt werden, dennoch hätten sich die Freien Wähler eine getrennte Führung von Fußgängern und Radfahrern gewünscht, um Konflikte zu vermeiden.
Der Neckaruferpark soll vor allem für die Bewohnerinnen und Bewohner der dicht bebauten Weststadt als Erholungsgebiet dienen. Für die Stadt soll es auch ein Projekt mit Blick auf Klimawandel und Artenschutz sein.

meb / Foto: Roberto Bulgrin


Großer Bahnhof fürs Denkmal

Der Plochinger Bahnhof war schon bei seiner Erbauung ein prächtiges Gebäude

Wer im Wartesaal des Plochinger Bahnhofes den Blick nach oben hebt, erlebt eine Überraschung. Dunkle Holz­vertäfelungen, mit goldenen Jugendstil-Ornamenten bemalt, schauen aus fünf Metern Höhe herunter und scheinen mitzuteilen: Das ist kein gewöhnlicher Bahnhof! Zu Recht: Plochingen ist nicht nur heute der wichtigste Bahnknotenpunkt im Kreis Esslingen, es hatte schon Ende des 19. Jahrhunderts einen Umsteigebahnhof, in dem täglich mehr als 100 Züge verkehrten. Damit dieser sich angesichts der fortschreitenden Industrialisierung vergrößern konnte, wurde er vom ursprünglichen Standort – ungefähr dort, wo heute die Esslinger in die Neckarstraße einmündet – weiter an den Stadtrand verlegt und mit großzügigem Empfangsgebäude geplant. Dessen imposanter nördlicher Kopfbau erinnere „eher an ein württembergisches Rathaus oder einen herrschaftlichen Bau der frühen Neuzeit als an ein Bahnhofsgebäude“, schreibt Karsten Preßler vom Landesdenkmalamt, der dem bis 2021 sanierten Bahnhof einen Artikel in der Zeitschrift „Denkmalpflege in Baden-Württemberg“ gewidmet hat.
Mit seinen fast 100 Metern Länge ist das Plochinger Bahnhofsgebäude, zusammen mit denen in Bad Cannstatt und Stuttgart, eines der größten in der Region. Das sagt Nikolaus Hebding, regionaler Bahnhofsmanager der Deutschen Bahn und für 93 Bahnhöfe zuständig. Die gilt es zu sanieren, modernisieren oder in Schuss zu halten – eine Aufgabe, die so vielfältig ist wie die Stile und die Funktion der Stationen. In Plochingen war das Kunststück, „moderne Technik und Brandschutz mit dem Denkmalschutz zu kombinieren“. Darauf ist Hebding stolz: einerseits ein modernes, funktionales Gebäude mit WLAN, Zeitschriften- und Buchhandlung, Bäckereicafé, Gaststätte, Imbiss und neuerdings einem kleinen Supermarkt. Nicht zu vergessen der Fotofix-Automat, der auch heute noch eine Attraktion ist. Auf der anderen Seite viele Spuren der alten Pracht, wieder in Szene gesetzt. Zu verdanken ist die hochwertige Sanierung der Coronapandemie: Dank des „Sofortprogramms für attraktive Bahnhöfe“ konnte das Vorhaben angepackt werden.
Das Erscheinungsbild dieses Bahnhofs wurde entscheidend von Theodor Fischer geprägt: Der Architekt und Stadtplaner gilt als geistiger Vater der Stuttgarter Schule, die sich von Historismus und Jugendstil wegbewegte und verstärkt Elemente der regionalen Bautradition einbrachte. Dieser „Heimatschutzstil“ schlug sich in der Gestaltung des Bahnhofsgebäudes nieder. Auch Details wie Sprossenfenster, Klappläden und Natursteingliederung der Fassade stehen in der Handwerkstradition. Die Fassade rückt dank der jetzt helleren, der ursprünglichen nachempfundenen Farbe, wieder in den Blick. Die Sandsteine wurden gereinigt und restauriert, die Klappläden ausgetauscht gegen authentischere, die Dächer neu gedeckt.
Bei den Sprossenfenstern wurde getrickst, um die Optik mit den Brandschutzvorgaben zu versöhnen. Im Gebäudeinneren ist der lange Gang des bahnhofstypischen Pavillonsystems wieder komplett geöffnet. „Da haben wir die Grundstruktur wieder hergestellt“, sagt Nikolaus Hebding über die „Wandelhalle“. Dass Sitzplätze zu finden sind, ist wie die moderne Beleuchtung, ein Kompromiss.
Auch die Überdachungen der Bahnsteige mit ihren genieteten Stahlsäulen und -trägern sind denkmalgeschützt, ebenso die gewölbte Unterführung – eine absolute Seltenheit. Wenn demnächst die Außenanlagen des Bahnhofs barrierefrei umgebaut und modernisiert werden, gilt es wieder, den Spagat zwischen Historischem und aktuellen Anforderungen zu meistern.

aia / Foto: Karin Ait Atmane


Pflücken ist Vertrauenssache

Auf Selbstbedienungsfeldern im Kreis kommt es immer wieder zu Diebstählen – Für Landwirte ist das doppelt ärgerlich

Sie schaffen Abhilfe bei vergessenen Hochzeits- oder Geburtstagen, erfreuen Autofahrerinnen und Autofahrer und eignen sich sogar für einen kleinen Sonntagsausflug: Schnittblumenfelder zum Selbstpflücken. Neu sind sie nicht mehr. Mehr als 25 Jahre sind vergangen, seit die ersten Beete angelegt wurden. Auch im Kreis Esslingen gibt es einige. Weil die Felder außerhalb von Siedlungen liegen und meist unbewacht sind, sind sie aber auch beliebtes Ziel für Diebe. Bereits vor vier Jahren war das Thema in den Schlagzeilen, weil es eine regelrechte Serie an Diebstählen auf Blumenfeldern in der Region gab – unter anderem wurden damals auf den Fildern Verkaufsstellen geplündert. Die Konsequenz: Überwachungskameras. Doch hat sich etwas verändert?
Joachim Mack, der zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn Selbstbedienungsgärten auf der Filderebene betreibt, hat die Überwachung mit Kameras ausprobiert. Doch die haben einen Haken: „Man kann nur erkennen, dass die Leute etwas reinwerfen, aber nicht genau was.“ Ein anderer Landwirt aus der Region berichtet von Hosenknöpfen und ausländischer Währung, die zwei- bis dreimal im Monat in seiner Kasse liegen. Über eine Kamera hat er nachgedacht, sich aber dagegen entschieden, weil er weiter Vertrauen in seine Kundschaft haben möchte.
Pfingstrosen, Flieder, Sonnenblumen, Herbstchrysanthemen und viele Blumenarten mehr blühen auf drei Feldern der Macks – zu Beginn bestellte die Familie noch mehr von den jeweils rund 1500 Quadratmeter großen Äckern. Doch sie mussten Felder aufgeben. Der Grund spiegele die Veränderung der vergangenen Jahre wider, sagt Mack. Seit 1995 bietet er die Blumenbeete an – seitdem habe sich vor allem das Bezahlverhalten der Kunden verändert: „Die Zahlungsmoral nimmt seit der Einführung des Euro ab.“ Dabei sind die selbstgepflückten Blumen durch das Einsparen von Verkaufspersonal oft günstiger als Tulpen und Co. im niedergelassenen Blumenhandel – pro Blume zahlt man direkt vom Feld meist zwischen 50 und 80 Cent.
Auch professionelle Langfinger zieht diese potenzielle Gewinnspanne an: „Es ist besonders dreist, aber manchmal passiert es, dass Wiederverkäuferinnen und -verkäufer ganze Felder leerräumen, sich ohne Bezahlung aus dem Staub machen und Profit für sich rausschlagen“, berichtet Dieter Bär, der 30 Felder im Bodenseeraum besitzt und Interessierte berät, die ins Geschäft einsteigen wollen. Was gegen diese Art von Kriminalität helfe, sei eine gut sichtbare Lage der Felder neben einer größeren Straße und in Stadtnähe.
Ein derart großer Verlust sei auf seinen Feldern nicht vorgekommen, berichtet Mack. Bei einem anderen Landwirt aus der Region ist es vorgekommen, dass die Kasse aufgebrochen und ein hoher Geldbetrag entwendet wurde. Zur Anzeige hat der Landwirt den Vorfall nicht gebracht, weil er damit leben müsse, wie er sagt. Ein Sprecher der Polizei bestätigt dies: „Diese Art von Diebstählen wird selten zur Anzeige gebracht.“
Generell profitiere sein Geschäft davon, dass er die meisten seiner Kundinnen und Kunden persönlich kenne, sagt der Landwirt: „Die möchten mir ja noch in die Augen schauen.“ Außerdem habe er das Gefühl, dass die Leute diesen „unabhängigen Verkauf“ schätzten. Vor allem während der Coronapandemie seien die Leute froh gewesen, kontaktlos frische Blumen zu bekommen. Seit dem Vorfall vor ein paar Jahren leert er die Kasse jeden Abend.
Auch Joachim Mack nimmt jeden Abend den Tagesumsatz mit. Dieser variiere stark: „Manchmal nichts, manchmal bis zu 150 Euro“, sagt er. Damit, dass es Kundinnen und Kunden gebe, die mal ein paar Blumen mitnehmen, ohne Geld in die Kasse zu werfen, müsse man rechnen. Das Geschäft beruhe auf Vertrauen. Für die Anbaubetriebe ist das aber nicht nur wegen der finanziellen Verluste ärgerlich, die Pflanz- und Pflegearbeit für die Blumenacker sei nicht ohne. Auch wenn sich die farbenfrohen Blüten erst in den wärmeren Monaten zeigen, bescheren sie das ganze Jahr über jede Menge Arbeit: Familie Mack arbeitet jede Woche mindestens einen Tag auf ihren Feldern.

sbr / Foto: Ines Rudel