Verband Region Stuttgart und die S-Bahn verabschieden die Züge der Baureihe ET 420 – Ruhestand nach 38 Jahren Dienst
Seit 38 Jahren verrichten die S-Bahn-Züge der Baureihe ET 420 ihren Dienst auf den Strecken in der Region Stuttgart. In den vergangenen Jahren wurde der Fahrzeugbestand modernisiert, die alten Züge fuhren auf das Abstellgleis. Am vergangenen Freitag wurden die letzten beiden Züge der Baureihe mit Sonderfahrten in den Ruhestand entlassen.
Eine markante eckige Frontpartie, geteilte Windschutzscheibe, Türen mit charakteristischen Hebeln zum Öffnen, die sich mit Zischen und Klappern schlossen: Vielen Pendlern in der Region Stuttgart dürften die S-Bahn-Züge der Baureihe ET 420 in Erinnerung sein. Die 136 zunächst grau-orange, später im einheitlichen Rot der Deutschen Bahn lackierten Züge absolvierten in den vergangenen 38 Jahren weit mehr als 100 Millionen Kilometer im S-Bahn-Netz der Region.
Doch die Fahrzeuge wurden mit den vielen Jahren Dauereinsatz störungsanfälliger, die Ansprüche der Fahrgäste an den Komfort änderten sich und auch der hohe Energieverbrauch der Motoren wurde zum Problem. So beschaffte die S-Bahn Stuttgart mithilfe einer Co-Finanzierung durch den Verband Region Stuttgart ab dem Ende der 90er-Jahre mit den Nachfolge-Baureihen ET 423 und 430 moderne und energiesparende Fahrzeuge. Die betagten Züge fuhren nach und nach auf das Abstellgleis und wurden zumeist ausgeschlachtet und verschrottet. Lediglich zwei von ihnen waren zuletzt noch im Einsatz. In der vergangenen Woche wurden sie von der Strecke genommen.
„Für den S-Bahner ist das ein Tag, der mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachtet wird. Für uns geht nach fast 40 Jahren eine Ära zu Ende“, sagte Dirk Rothenstein, der Sprecher der Geschäftsleitung der S-Bahn Stuttgart bei einer Feier im S-Bahn-Betriebswerk Plochingen. Von dort aus wurde der mit einem Blütenkranz geschmückte ET 420 mit einer Sonderfahrt auf seine letzte Reise im Netz der Region Stuttgart geschickt. Allerdings sei der Abschied von der Baureihe 420 auch ein Grund zur Zufriedenheit, sagte Rothenstein. „Der 420er macht Platz für seine modernen Nachfolger. Die Baureihe 423 wurde in den vergangenen drei Jahren modernisiert und auf den Stand der neuen Baureihe 430 gebracht“, sagte Rothenstein. Somit seien in der Region Stuttgart nur noch Fahrzeuge „mit zeitgerechtem, freundlichem Innenraum und Komfortsitzen, durchgängig begehbar und klimatisiert“ im Einsatz. „Wir verfügen damit über eine der modernsten Fahrzeugflotten des Nahverkehrs in Deutschland“, hob Rothenstein hervor.
Dies betonte auch Thomas Bopp, der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart. Er erinnerte daran, dass die Regionalversammlung mit dem Beschluss, in die Finanzierung der modernen Fahrzeuge einzusteigen, den Grundstein dafür gelegt hatte. Zwar habe es heftige Auseinandersetzungen um die Anschaffung gegeben. „Aber es hat sich als ausgesprochen weitsichtig erwiesen“, sagte Bopp. So betrachte er die Abfahrt des letzten ET 420 am Plochinger Bahnhof nicht mit Wehmut, denn mit den neuen Fahrzeugen, einem erweiterten Streckennetz und dem angestrebten 15-Minuten-Takt sei die Region Stuttgart deutschlandweit vorne dabei, sagte Bopp. Indes sei es mit modernen Fahrzeugen allein noch nicht getan. „Die Bahn hat sicherlich noch einiges vor sich, die S-Bahnen wieder pünktlicher und zuverlässiger zu machen. Da müssen alle an einem Strang ziehen“, sagte er.
Die Regionaldirektorin Nicola Schelling richtete den Blick auf die Zukunft und wies darauf hin, dass der Einsatz moderner S-Bahnen als ein Baustein des Gesamtpakets eines attraktiven öffentlichen Nahverkehrs betrachtet werden müsse. „Unsere S-Bahn-Flotte bewegt 400 000 Menschen pro Tag. Von ihren Bedürfnissen müssen wir ausgehen“, sagte Schelling. So arbeite der Regionalverband an einer besseren Vertaktung von Bahnen und Bussen, an
etlichen Bahnhöfen würden Mobilitätspunkte eingerichtet, wo auf Pedelecs umgestiegen werden kann, in den Bahnen werde nach und nach WLAN eingerichtet. „Auch das ist ein zeitgemäßes Komfortangebot“, sagte sie. „Wir werden in der Region immer besser.“ Auch für die beiden letzten ET 420 soll es eine Zukunft geben. Wie Dirk Rothenstein sagte, hat die S-Bahn München die Züge für sich reserviert. Der Ruhestand ist also vorläufig. pst / Foto: pst