In der Esslinger Geiselbachstraße wird der Kanal aufwendig saniert – Vollsperrung ab März 2020

Ein ungewöhnliches Bild bietet sich dem Betrachter derzeit in der Geiselbachstraße: Blaue Rohre werden hoch aufgeständert über die Straße geführt – ein Hauch von Centre Pompidou in Paris. In Esslingen fließt aber zur Zeit das Abwasser aus den Stadtgebieten Rüdern, Sulzgries, Krummenacker und Neckarhalde (RSKN) durch die Rohre, da der Kanal unter der Geiselbachstraße saniert wird. Die Arbeiten sind mit Einschränkungen für Anwohner, Verkehrsteilnehmer und auch die Bauarbeiter verbunden: Es gibt eine Einbahnstraßenregelung, Parkplätze fallen weg und die Bautätigkeiten sind nur in einem begrenzten Raum möglich. Ab März kommenden Jahres wird die Straße dann für 15 Monate sogar komplett gesperrt.
Im Jahr 2017 haben Untersuchungen gezeigt, dass der Geiselbachkanal reparaturbedürftig ist. Die Verkehrsbelastung und starker Regen haben ihm zugesetzt. Zur ersten Absicherung sind daraufhin in der Straße Stahlmatten in die Fahrbahn eingelassen worden, um die Stabilität zur erhöhen.
Die Aufgaben bei der Sanierung sind höchst komplex. Es gilt, das marode und einbruchsgefährdete Kanalsystem unter der Geiselbachstraße zu sanieren und im weiteren Verlauf teilweise neu aufzubauen. Gleichzeitig muss die Entwässerung der nördlichen Stadtteile gesichert sein, Regenmengen müssen aufgefangen und abgeleitet, Versorgungsleitungen und rund 200 Hausanschlüsse gelegt werden. Außerdem werden ein zusätzlicher Fremdwasserkanal sowie eine Brunnenleitung verlegt. Schließlich wird im nördlichen Teil der Geiselbachstraße auch noch die Fahrbahndecke erneuert. Der erste, kürzlich begonnene Bauabschnitt betrifft die untere Geiselbachstraße bis zu Mittleren Beutau und Ringstraße. Dort wird der rund 100 Jahre alte Kanal auf einer Länge von rund 270 Metern verstärkt.
Dazu bringen die Arbeiter glasfaserverstärkte Kunststoffrohre mit einem Durchmesser von rund zwei Metern in das Kanalgewölbe ein, Spalten im Bauwerk werden mit einem Betongemisch verfüllt. Etwa 100 Kunststoffrohre werden so in den Untergrund eingelassen. Diese seien Spezialanfertigungen, erklärt Projektleiter Daniel Weiss vom Tiefbauamt. Um die genauen Rohr-Abmessungen zu erhalten, hat ein Dummy aus Holz im Kanalgewölbe Modell gestanden. Für derartige Anfertigungen gibt es in Deutschland nur zwei Hersteller.
Während des ersten Bauabschnitts ist die Geiselbachstraße wie schon seit geraumer Zeit nur stadteinwärts zu befahren. Wer in Richtung der nördlichen Stadtteile will, muss den vorgegebenen Umleitungen folgen.
Laut Weiss sind fünf Arbeiter gleichzeitig unter Tage beschäftigt, einer bleibt draußen, um bei Bedarf seine Kollegen zu warnen. Denn bei einem sogenannten Starkregenereignis wird auch der Kanal wieder geflutet.
Der erste Abschnitt kostet 2,5 Millionen Euro. Er dauert bis ins Frühjahr 2020. Der nächste Abschnitt wird mit 3,5 Millionen Euro veranschlagt. Im oberen Teil der Straße muss der Kanal nämlich erneuert werden. Er ist auch wesentlich älter als im unteren Teil, enthält etliche denkmalgeschützte Baufragmente – etwa Teile der ehemaligen Stadtmauer und eines Stadttors. „Hier müssen die Arbeiten unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes erfolgen, um die Fundamente nach Möglichkeit zu erhalten“, erklärt Weiss. Auch der dauerhafte und unbeschränkte Zugang der Anwohner sowie der Rettungskräfte zu allen Häusern im Baufeld müsse gewährleistet sein. „Logistisch ein Herausforderung“, sagt Weiss.
Mit dem neuen Straßenaufbau und -belag kostet die gesamte Sanierung 9,1 Millionen Euro. Ab März 2020 wird der Straßenabschnitt für 15 Monate komplett gesperrt. Die Stadtverwaltung will unter anderem mit einer Taktverdichtung und größeren Bussen bei der Linie 111 gegensteuern. bob / Foto: bob