Die Influenza hat den Landkreis erreicht – Impfung lohnt sich noch – Nicht alle Fälle werden gemeldet – Häufiges Händewaschen schützt
Die Influenza grassiert: Nach wie vor ist der Süden Deutschlands stark betroffen. Auch im Landkreis Esslingen wächst die Zahl der Fälle. Da die Experten noch nicht so bald von einem Ende der Grippesaison ausgehen, ist auch eine Impfung derzeit noch sinnvoll.
Im Kreis Esslingen sind von Juli 2016 bis zum 8. Februar 399 Fälle gemeldet worden. 72 Personen liegen oder lagen deshalb im Krankenhaus. Zwei Todesfälle sind bekannt. Tatsächlich liegen die Erkrankungszahlen aber viel höher. „Wir bekommen ja nur die Fälle gemeldet, die durch einen Labornachweis sicher festgestellt worden sind“, sagt Angela Corea, die Ärztin beim Gesundheitsamt in Esslingen ist.
Die Medizinerin geht davon aus, dass sich die Krankheitszahlen noch mehren. Schließlich steige die Welle weiter an. In der diesjährigen Grippesaison überwiegen Erkrankungen mit dem Subtyp A(H3N2), der bekannt dafür ist, insbesondere bei Personen mit Grunderkrankungen und älteren Menschen zu schweren Krankheitsverläufen zu führen.
Gefährdet sind, wie Corea berichtet, neben den Älteren insbesondere Personen jeden Alters mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens, unter anderem chronische Krankheiten der Atmungsorgane, Herz- oder Kreislaufkrankheiten oder auch chronische Grundkrankheiten wie Multiple Sklerose sowie Menschen mit HIV-Infektion und Schwangere. Angela Corea sieht es als sinnvoll an, sich auch jetzt noch impfen zu lassen: „Sowohl das Robert-Koch-Institut als auch das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg empfehlen auch zum jetzigen Zeitpunkt noch die Grippeimpfung, insbesondere für die oben genannten Risikogruppen.“ Man müsse aber wissen, dass es etwa zwei Wochen dauere, bis der Schutz aufgebaut ist. Auch wer geimpft ist, kann sich infizieren. Der Verlauf der Influenza ist dann jedoch deutlich milder.
Corea wollte nicht ausschließen, dass sich im weiteren Verlauf die Zahl der Erkrankungen an die Zahl der Krankheitsfälle vor zwei Jahren annähert. Die Grippewelle in der Saison 14/15 war eine der schweren im Land. In Deutschland starben damals etwa 20 000 Personen an der Influenza.
Im Esslinger Krankenhaus liegen einige ältere Patienten auf der Isolierstation, die sich mit der Influenza angesteckt haben. Auch Mitarbeiter sind krank und fehlen. Von einem rasanten Anstieg der Krankheitsfälle oder einer dünnen Personaldecke könne man aber nicht sprechen, sagt Klinikum-Sprecherin Anja Dietze. „Es ist eher der jahreszeitübliche Zustand im Klinikum“, erklärt sie und weiß: „Das kann sich noch ändern.“
Wer sich vor Ansteckung schützen will, sollte häufig die Hände waschen und sie dabei mindestens 20 Sekunden lang einseifen. bob / Foto: dpa
Info: Fragen zur Influenza beantwortet die DAK am 15. Februar zwischen 8 und 20 Uhr über eine Hotline, t 08 00 1 11 18 41. Mehr gibt es auch auf der Homepage des Robert-Koch-Instituts (RKI): www.rki.de.
Immer wieder ein wenig anders
Das Grippevirus ist ein alter Bekannter der Menschen. Auch wenn das Vorkommen von Viren erst im 20. Jahrhundert entdeckt und verstanden wurde, beschreiben Schriftstücke aus dem Mittelalter Krankheitssymptome, die die Grippe bezeichnen. Der Name Influenza, also Einfluss, stammt auch aus dem Mittelalter: Man glaubte nämlich, dass Krankheiten unter dem Einfluss bestimmter Sterne- und Planetenkonstellationen entstehen. Male mattone, die wütende Krankheit, hieß es in Italien um 1580, Lungensucht, Hirnwehe, Hauptkrankheit oder hirntobendes Fieber in Deutschland. Woher das hierzulande geläufige Wort Grippe kommt, bleibt ungeklärt. Sprachwissenschaftler vermuten eine Quelle im Russischen, wo das Wort chripe für heiser steht, oder auch im Französischen, wo das Verb gripper ergreifen und packen bedeutet.
Unterwegs ist das Virus als A-, B- oder C-Typus. Seine spezifischen Eigenschaften erhält es durch seine Untertypen, die mit H und N bezeichnet werden. Diese antigenen Oberflächenmoleküle Hämagglutinin HA und Neuraminidase NA können sich ständig verändern. Das ist gut für das Virus und schlecht für den Menschen als Wirt: Von seinem Immunsystem werden sie nicht oder nur schlecht erkannt. Heute wissen wir, dass die sogenannte Spanische Grippe um 1918 herum vom Typus A/H1N1 ausgelöst wurde, das Ende der 70er-Jahre wieder in Russland grassierte. Das variable Virus macht auch die Produktion eines Impfstoffs schwierig. Dennoch gelingt es Pharmakologen immer wieder, ein Mittel herzustellen. Etwa ein halbes Jahr vor der Grippesaison auf der Nordhalbkugel sind die Viren auf der südlichen Hemisphäre aktiv. Nach diesem Subtypus arbeiten die Biochemiker ein Serum aus. Viren in abgeschwächter Form „erklären“ dem Körper, was da kommt, worauf er Antikörper bilden kann. Eine Impfung muss jedes Jahr aufgefrischt werden, da sich das Virus ständig wandelt. Das Robert-Koch-Institut schätzt, dass etwa 41 Prozent der Deutschen gegen Influenza geimpft sind. bob