Alles hing am Wasser

Der wenige Regen setzte vielen Kulturen in der Landwirtschaft zu – Obsternte ist dagegen üppig

Daniel Schumacher mit einem zu klein geratenen Kopf Weißkraut

Krauternte auf den Wangerhöfen in KöngenDie Landwirtschaft hat – vom Obstbau abgesehen – in diesem Jahr deutliche Einbußen durch die Trockenheit gehabt. Dennoch meinten die von uns befragten Landwirte durch die Bank: noch mal glimpflich davongekommen, vor allem, wenn man mit anderen Gegenden in Deutschland vergleicht.

Fast alles reifte 2018 früher als sonst, bestätigt Andrea Münsinger vom Brunnenhof in Holzmaden. So habe man das Getreide ganze vier Wochen früher ernten können. Die Trockenheit war gut für die Qualität, schmälerte allerdings den Ertrag. Die Einbußen bei Weizen, Gerste und Hafer schätzt die Landwirtin auf zehn bis 15 Prozent. Das sei zu verschmerzen, wenn man bedenke, wie es andere Landesteile, insbesondere den Norden und den Osten Deutschlands, erwischt habe.

Mangels Wasser wuchs nicht einmal das Gras, sodass die Landwirte schon um den Augustschnitt beim Grünfutter bangten. Dann kam doch noch ein bisschen Regen und er fiel zumindest nicht ganz aus. Eine Sondersituation habe man dennoch, sagt Andrea Münsinger: Selbst auf der Weide draußen hätten die Tiere zeitweise nichts mehr zu fressen gefunden, sodass man sie im Stall ließ und schon früh die Wintervorräte anbrach.

Beim Obst von den Streuobstwiesen spricht sie dagegen von einer „Jahrhunderternte“: Vergangenes Jahr gab es praktisch kein Obst, heuer eine wahre Schwemme. Viele Keltereien stellten sogar zeitweise die Annahme von Äpfeln und Birnen von Streuobstwiesen ein. „Die kommen mit den Massen nicht zurecht“, sagt Münsinger. Das Problem seien weniger die Kapazitäten zur Verarbeitung als der Absatz – so lange die Tanks noch voll waren, wurde die weitere Produktion gestoppt.

Als „üppig“ stuft auch Susann Berger von Obst und Gemüse Berger in Lichtenwald die Streuobsternte ein. „Es gibt guten Saft, der ist schön süß“, sagt Susann Berger, die mit ihrem Mann die Früchte selbst verarbeitet. Die beiden haben auch Tafelobst, das dieses Jahr allerdings wegen der Trockenheit deutlich kleiner ausfällt. „Wir sind nicht so groß, dass wir die Anlagen bewässern können“, erklärt sie. Am deutlichsten sehe man bei den Zwetschgen den Größenunterschied. Weil die ja auch noch einen Stein haben, müsse man derzeit für einen Kuchen „schon ein bisschen mehr rechnen als das klassische Kilo“.

Bewässern war auch beim Gemüse das A und O. Beim Salat müsse man das ohnehin immer machen, erklärt Tobias Briem, der Vorsitzende des Kreisbauernverbands, der einen Gemüsehof in Filderstadt bewirtschaftet. Trotzdem sei im Juli und August einiges wegen der Trockenheit und vor allem wegen der hohen Temperaturen kaputtgegangen. Bei mehr als 30 Grad komme der Salat einfach „an seine Grenzen“. Als die Temperaturen dann gesunken sind und wenigstens ein bisschen Niederschlag fiel, habe sich „das alles wieder entspannt“.

Der Kohl, bei dem die Haupternte noch bevorsteht, hat ebenfalls am Wassermangel gelitten. Zwar habe man mit Bewässern den Schaden begrenzen können, sagt Daniel Schumacher von den Wangerhöfen in Köngen. Aber das ist zum einen teuer, zum anderen nicht überall möglich. Während früh gepflanzte Sorten noch einen ganz guten Start gehabt hätten, kamen die späteren eindeutig zu kurz. Er demonstriert das an einem Feld mit einer späten Weißkraut-Sorte: Rund 500 Gramm wiegt da der Kopf, normalerweise sollte er ein bis zwei Kilo haben. Gegenüber durchschnittlichen Jahren ernte man 20 bis 30 Prozent weniger, schätzt Schumacher, gegenüber 2017, das ausnehmend gut war, rund die Hälfte weniger. Richtig gut getan habe der Sommer 2018 aber den Zucchini: „Die sind einfach wärmeliebend“, sagt Schumacher. Sein Kollege Tobias Briem hofft, dass man das Kraut noch eine Weile auf dem Feld stehen lassen und auch im November noch ernten kann. Dann habe es die Chance, noch zuzulegen. Voraussetzung dafür ist, dass der Frost nicht zu früh kommt.

Bei den Kartoffeln konnte man irgendwann nicht länger warten, die mussten raus. „Da fehlen uns die richtig großen Knollen komplett“, berichtet Willi Zink aus Wernau. Seine Abnehmer in der Gastronomie, die wilde Kartoffeln frisch zubereiten, sind darüber unglücklich. Wer gern Drillinge mag, ist dagegen gut dran. Und auch Zink ist ganz zufrieden. Weil es nicht so schlimm kam wie andernorts, aber auch, weil die Ernte am Ende ganz gut über die Bühne ging. Er fürchtete schon, dass die trockenen, harten Erdbrocken die Schalen der Knollen verletzen würden. Doch Regen im richtigen Moment machte den Boden krümelig, sodass sich die „Ebbira“ bestens ernten ließen.

Alles hing am Wasser, bestätigt Heidi Binder, auch bei den Kräutern, die sie mit ihrem Mann in Esslingen anbaut. Wo man bewässern konnte, „da war gutes Wachstum“, an den anderen Stellen gar keines.

Im Vergleich 2017 und 2018 blicken die Bauern auf zwei komplett unterschiedliche Jahre zurück. Die Wetterextreme nähmen eindeutig zu, sagt Susann Berger. „Früher gab es immer wieder Jahre zwischendrin, die einen Luft holen ließen. Die gibt es nicht mehr – jetzt ist immer irgendwas.“  aia / Fotos: aia


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