„Alles wächst wunderschön“

Landwirte und Winzer kämpfen mit Folgen des vielen Regens – Pilzbefall – Mehrarbeit im Weinberg – Aufgeplatzte Früchte

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Große Regenmengen sind in den vergangenen Wochen vom Himmel gefallen. So viel, dass der Boden oft das ganze Nass nicht aufnehmen konnte. Die Natur reagiert auf diese Menge: Einerseits kurbelt die Mischung von Nass und Wärme das Wachstum mächtig an, andererseits hat der heftige Niederschlag auch etlichen Früchten geschadet.

„Die Selbstpflücksaison bei den Erdbeeren ist bei uns fast komplett ausgefallen“, sagt Christoph Eber-hardt, der mit seinem Bruder Markus Eberhardt den Berghof in Deizisau betreibt. Schuld daran hatten vereinzelte faulige Früchtchen zwischen den gesunden Erdbeeren. Der heftige Regen brachte Früchte zum Platzen: Wenn die Feuchtigkeit eindringen konnte, faulte das Beerchen. „Da kamen kaum Leute. Und Selbstpflücker sortieren die schlechten Früchte verständlicherweise nicht aus, sondern lassen sie hängen“, erklärt Eberhardt. Die wiederum steckten die anderen Früchte an. Also haben die Eber­hardts die frühen Erdbeersorten selbst geerntet und im Laden verkauft. Manchen gesunden Erdbeeren sieht man die Blessuren durch den harten Niederschlag noch an. Eberhardt zeigt auf weiße Streifen, die sich wie breite Nähte an der Pflückstelle zeigen.

Fäule bedroht auch die Kirschen: Sigrid Jetter vom Obst- und Gartenbau Kreisverband Nürtingen weiß von den Klagen der Mitglieder über vom Regen aufgeplatzte Früchte.  „Die Pilzerkrankungen mehren sich. Gerade die ersten Kirschen haben sehr gelitten.“

Derzeit sind es die Kartoffeln, die  Christoph Eberhardt Sorgen bereiten. Zwischen den Pflanzreihen stand das Wasser – zum Teil steht es noch dort. „Zuviel Nass an der Wurzel mögen Kartoffeln gar nicht, Pilz aber schon“, weiß Eberhardt. Dann drohe die sogenannte Kraut- und Knollenfäule. „Wir müssen die Kartoffeln dann sehr gut trocken lüften“, sagt er. Dennoch: „Wir können nicht ausschließen, dass ein paar Faulige darunter sind.“ Christoph Eberhardt schaut öfter als sonst an den Himmel. Drohen Gewitter, ziehen seine Mitarbeiter Planen über die Felder. Aber das ist auch kein Allheilmittel: „Unter dem Plastik wird es zu feucht und zu warm, auch kein gesundes Klima für die Pflanze.“

Plane rauf, Plane runter, Früchte kontrollieren – das Wetter fordert nicht nur von Landwirten mehr Einsatz.

Auch die Winzer spüren das. Albrecht Sohn, der Vorsitzende der Esslinger Weingärtnergenossenschaft, spricht von deutlicher Mehrarbeit im Weinberg. „Wir haben einerseits ein starkes Wachstum durch Regen und Wärme, aber dadurch auch starkes Wachsen des Unkrauts“, erklärt Sohn. Gleichzeitig müssen die Winzer die Rebstöcke auslichten, denn ein zu dichtes Blättergeflecht hält das Sonnenlicht von den Trauben fern. „Auch der Pilzdruck ist enorm“, erklärt Sohn die Gefahren durch ein Zuviel an Regen. Da müssten Sprühmittel eingesetzt werden. Insgesamt will sich Sohn keine allzu großen Sorgen machen – auch weil man die Natur nicht korrigieren, sondern sie höchstens begleiten könne. „Die Qualität des Weines ist auch nicht gefährdet“, sagt er, „höchstens die Menge.“ Insbesondere beim Spätburgunder.

Sohn sieht in erster Linie die positiven Seiten: „Der Regen tut der Natur nach der langen Trockenheit im vergangenen Jahr sehr gut“, sagt er. „Alles wächst wunderschön.“

Das gilt zunächst auch für das Getreide. „Für das Wachstum ist der Regen gut, solange es keine Unwetter gibt“, sagt Siegfried Nägele, der Vorsitzende des Kreisbauernverbands Esslingen. Schwierigkeiten sieht Nägele auch dann, wenn es zu Staunässe kommt. Sommergerste und vor allem die Steppenpflanze Mais mögen keine nassen Füße, sondern viel Licht. Klar ist auch: „Der Pilzdruck wächst.“ Und Pflanzenschutz kann nun nicht mehr angewendet werden. Wie hoch der Pilzgehalt in den einzelnen Getreidearten ist, wird nach der Ernte durch den sogenannten DON-Gehalt in der Krume gemessen. Dann entscheidet sich die Weiterverwendung des Getreides.

Probleme macht laut Nägele allerdings die Heuernte. Eigentlich sollte sie beendet sein, doch nur etwa ein Drittel ist bisher eingefahren. Das wirke sich natürlich auf die Qualität des Heus als Futtermittel aus. Einer hat sich über die Regenmassen uneingeschränkt gefreut: Das ist der Wald.         red / Fotos: bob


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