Auf gute Nachbarschaft

Die Gemeinde Deizisau möchte gemeinschaftliches Wohnen unterstützen – Interessenten sollen Konzept einreichen

Gute Nachbarschaft ist ein Geschenk,  manchmal kann man aber  auch nachhelfen. Die Gemeinde Deizisau will in ihrer Ortsmitte ein Bauprojekt anstoßen, bei dem ein gutes Miteinander zwischen Nachbarn und zwischen Generationen von vornherein angelegt ist. Unter dem Titel „Bauen in Gemeinschaft“ haben Privatleute die Chance, zusammen mit anderen ein eigenes Konzept und im vorgegebenen Rahmen auch ihr Gebäude zu entwickeln.

Die Stadt Tübingen ist Vorreiterin beim „Bauen in Gemeinschaft“, das dort schon seit zwei Jahrzehnten praktiziert wird. Der Grundgedanke ist, dass auch bei größeren Bauprojekten nicht nur Unternehmen und Bauträger, sondern Privatleute zum Zug kommen. Sie haben als Bauherren mehr Möglichkeiten, ihre spätere Wohnung mitzugestalten und können möglicherweise auch Kosten sparen. Wer allerdings vor allem „ein Schnäppchen“ machen möchte, sei trotzdem nicht an der richtigen Adresse, sagt Deizisaus Bürgermeister Thomas Matrohs. Denn „billig“ bauen gebe es zurzeit schlicht nicht, und die beiden in Deizisau vorgesehenen Grundstücke finden sich in bester Lage zwischen dem Alten Rathaus und der evangelischen Kirche, an der Schulstraße und der Kirchstraße. Sie sollen mit zehn bis zwölf Wohneinheiten bebaut werden.

Aus einem städtebaulichen Wettbewerb im Jahr 2016 liegt ein Entwurf vor, der mit zwei großen Gebäuden und einer Freitreppe dazwischen den Rahmen feststeckt. Im Erdgeschoss des einen Hauses ist an einen Gemeinschaftsraum gedacht, der auch von Externen oder öffentlich genutzt werden könnte. Ebenso würde sich die Gemeinde an einem Aufzug beteiligen, wenn er für die Öffentlichkeit zugänglich ist, denn mit ihm ließe sich ein steiles Wegstück überwinden.

Der Gemeinderat wird demnächst in einer Sitzung über den Verkaufspreis entscheiden und ihn dann auch bekannt geben. Die Hauptmotivation der Beteiligten sollte aber nicht finanzieller, sondern ideeller Natur sein. Es geht darum, als Nachbarn, als Alt und Jung, den Alltag miteinander zu organisieren. Die Bewohner sollen ein Konzept haben, wie sie zusammenleben möchten. Das bedeutet, dass Interessierte schon jetzt Gruppen bilden und überlegen, was ihnen wichtig ist und wie man sich gegenseitig unterstützen kann. Diese „Planungsgemeinschaften“ können sich mit ihrem fertigen Konzept bei der Gemeinde bewerben. Erst wenn eine davon den Zuschlag bekommen hat, wird es für sie verbindlicher: Dann heißt es, die Baugenehmigung zu beantragen. Mit deren Vorliegen wird eine Bauherrengemeinschaft gegründet und der Kaufpreis fürs Grundstück fällig. Ganz allein sind die Interessenten in diesem Prozess aber nicht, sie können sich von Projektbegleitern unterstützen lassen.

Bei einem Bürger-Workshop zu dem Thema kamen mehr als 40 Interessierte, bei vielen überwog am Ende aber doch die Skepsis. Immerhin: Um die 15 haben grundsätzliches Interesse bekundet. „Auf die können wir aufbauen“, sagt der Bürgermeister. Bei zwei bis drei Personen sei das Interesse sogar „handfest“ gewesen: Diese hätten nun die Möglichkeit, weitere Interessierte ins Boot zu holen. Die Gemeinde will eine Kontaktbörse ins Leben rufen, damit potenzielle Bewerber sich finden können. Es sei nicht Voraussetzung, dass man bereits in Deizisau wohne.

Allerdings dürfen sich auch Bauträger mit ihren Konzepten bewerben – nicht ausgeschlossen, dass am Ende dann doch einer von ihnen zum Zug kommt. Das Exposé zu dem Projekt ist auf den Internetseiten www.deizisau.de unterm Stichwort Wohnen/Kirchstraße – Bauen in Gemeinschaft zu finden.  aia / Foto: Citiplan


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