40 Jahre Gemeindereform: In Aichtal spielen alte Pfründe kaum noch eine Rolle – Neutraler Name – Grötzinger Wappen übernommen
Vor 40 Jahren hätte ein Navi Aichtal noch nicht in seinen Karten gefunden. Erst 1975, im Rahmen der großen Gemeindereform in Baden-Württemberg, gingen Grötzingen, Aich und Neuenhaus die kommunale Ehe ein. Nicht Liebe auf den ersten Blick vielleicht, doch inzwischen ist aus der Zweckgemeinschaft ein Miteinander geworden.
Die ersten Jahre unter einem Dach verliefen jedoch nicht ganz so harmonisch. Zwischen den Grötzingern auf der einen und den Aichern und Neuenhäusern auf der anderen Seite rumorte es bisweilen hörbar. Grötzingen, einst Amtssitz und mit alten Stadtrechten versehen, so war es zunächst vorgesehen, sollte auch Name der neuen Gesamtstadt sein. Ein Fakt, durch den sich die Bürger der beiden anderen einst selbstständigen Gemeinden nicht abfinden mochten. Es kam zu Protesten.
Der Ausweg fand sich schließlich mit einem neuen, neutralen Namen: Vom 1. August 1978 an gab sich die Stadt den Namen „Aichtal“ in Anlehnung an das Flüsschen Aich, das alle drei Orte miteinander verbindet. Ein symbolträchtiger Name also. Als Reminiszenz an das alte Grötzinger Stadtrecht übernahm die Gesamtstadt jedoch das Wappen der Grötzinger, seit 1535 nachweisbar. Und auch die städtischen Farben Grün und Gelb sind dem traditionsreichen Signet entlehnt. Der etwas ruppige Auftakt allerdings ist längst Geschichte. Lokalpatriotismus wie zur Zeit der Zusammenlegung kennen die Aichtaler heute höchstens noch auf dem Fußballplatz. „Wenn Aich gegen Grötzingen spielt, ist das immer noch was Besonderes“, sagt Lorenz Kruß, der seit drei Jahren Bürgermeister in Aichtal ist. Doch das sei eher sportlicher Natur.
Den alten Zeiten, als die Gemeinden noch selbstständig waren, trauert seiner Einschätzung nach kaum noch jemand hinterher. Allenfalls bei dem einen oder anderen runden Geburtstag, sagt er, komme das Thema mitunter aufs Tapet. Grötzinger und Aicher – bei den Kindern spielte das ohnehin keine Rolle. „In der Schule vermischt sich das“, sieht Kruß einen Wegbereiter zum Gemeinschaftsgefühl in der Tatsache, dass der Nachwuchs zusammen aufwächst und gar nicht erst in das Schubladendenken verfällt. 40 Jahre nach Gründung der Stadt fällt sein Resümee jedenfalls positiv aus: Aus dreien ist eins geworden. Spürbar ist das bei den gemeinsamen Festen wie zuletzt bei dem großen Jubiläum der Feuerwehrabteilung von Neuenhaus. Und auf dem Fußballplatz? Da kicken Kinder aus allen drei Ortsteilen bei der Spielgemeinschaft Aichtal. „Ein schönes Symbol“, findet Kruß. mo / Fotos: mo