Die Stadt Esslingen hat den Mittelalter- und Weihnachtsmarkt einen Tag vor der geplanten Eröffnung abgesagt

Am Dienstag hätte er eröffnet werden sollen: der Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt. Wenn auch in abgespeckter, coronakonformer Form. Einen Tag vor der geplanten Eröffnung hat die Stadt doch noch die Reißleine gezogen. Grund sei, dass sich die pandemische Lage in Esslingen und der Region zugespitzt habe, heißt es in einer Pressemitteilung.
Dabei war am Freitag noch bekräftigt worden, der Budenzauber werde stattfinden – mit einem verschärften Hygienekonzept, das eine Umzäunung und den Einlass nur für Geimpfte und Genesene vorsah. Was sich übers Wochenende geändert habe? Die Belegung der Intensivstationen am Klinikum Esslingen, teilt die Stadt mit. „Die Auslastung war schon vorher hoch“, räumt Niclas Schlecht, Sprecher der Stadtverwaltung, auf Nachfrage ein. Aber nun seien die Kapazitäten ausgelastet. Sollte es zu einem Unfall auf der B 10 kommen mit drei Schwerverletzten, dann könne nur noch einer von ihnen im Esslinger Krankenhaus versorgt werden. „Wir sind dringend darauf angewiesen, dass sich die Anzahl der Covid-Patienten nicht noch weiter erhöht und müssen die medizinischen Versorgungskapazitäten sicherstellen“, wird der Geschäftsführer des Klinikums, Matthias Ziegler, in der Mitteilung zitiert.
Die Entscheidung ist in Absprache mit der Stadt Ludwigsburg gefallen, die zeitgleich ihren Weihnachtsmarkt abgesagt hat. „Ludwigsburg und Esslingen haben gemeinsam entschieden, dass ihre Weihnachtsmärkte nicht stattfinden“, sagte Oberbürgermeister Matthias Klopfer in der Gemeinderatssitzung am Montag. „Angesichts der sich dramatisch entwickelnden Situation in den Kliniken können wir es nicht mehr vertreten, die Märkte stattfinden zu lassen. Wir sind überzeugt, dass das die richtige und leider notwendige Entscheidung ist. Wir haben eine gesundheitliche Fürsorgepflicht und wissen, dass das Personal in den Kliniken mit dem Rücken zur Wand steht, das hat uns zu diesem Schritt bewogen.“
Die Absprache mit Ludwigsburg sei auch deswegen erfolgt, weil bei einseitiger Absage der Druck von steigenden Besucherzahlen auf den anderen Weihnachtsmarkt groß gewesen wäre, so Schlecht. Als weiteren Grund für die Absage nennt der Pressesprecher die verschärften 2-G-Plus-Regeln, die das Land Baden-Württemberg für Weihnachtsmärkte einführt. Der Zutritt soll nur für Geimpfte und Genesene möglich sein, die zusätzlich einen negativen Test vorweisen können. Damit lohne sich der Betrieb für die Händler jedoch vermutlich nicht mehr.
In die Entscheidung involviert waren neben der Rathausspitze und der Esslingen Markt und Event GmbH (EME) auch der Gemeinderat und Vertreter der Marktbeschicker. Die Marktbeschicker wurden am Montag in E-Mails und in persönlichen Gesprächen über die Absage informiert. „Wer uns kennt, weiß, dass der Weihnachtsmarkt eine echte Herzenssache für uns ist“, sagte Michael Metzler, Geschäftsführer der EME, in der Gemeinderatssitzung am Montag. „Es tut uns von Herzen weh, diese Entscheidung jetzt so treffen zu müssen, wo der Aufbau in vollem Gange ist.“
„Seit Februar arbeite ich auf die Eröffnung des Weihnachtsmarkts zu. Fünf Tage habe ich aufgebaut. Und jetzt baue ich wieder ab“, verdeutlicht Marktbeschicker Gerald Ritter, der seit 25 Jahren seine kleinen Tonhäuser auf dem Marktplatz verkauft, das Dilemma. Auch in Ludwigsburg und Leipzig wäre er dabei gewesen – aber auch diese Märkte sind abgesagt. Und auch die EME hat schon gewaltig in die Vorbereitungen investiert.
Im Zuge der zunehmenden Absagen in der Region und im gesamten Bundesgebiet appelliert Michael Metzler an die Verantwortlichen von Bund und Land, für die Händler und Betroffenen der Weihnachtsmärkte wirtschaftliche Hilfsprogramme aufzulegen, zumal es sich vornehmlich um Familien- und Einzelunternehmen handelt.
gg/meb/biz/Foto: Roberto Bulgrin