Die Vermessung der Bäume

Noch bis Oktober durchforsten Spezialisten im Rahmen der Bundeswaldinventur auch den Landkreis Esslingen

In allen Regionen Deutschlands schlingen derzeit Vermessungstrupps Maßbänder um Bäume, zählen junge Triebe, bestimmen die Höhen der Wipfel und begutachten Totholz. Auch in den Wäldern im Landkreis Esslingen sind speziell geschulte Sachverständige unterwegs für eine umfangreiche Zustandserfassung – die sogenannte Bundeswaldinventur. In Baden-Württemberg findet sie zum vierten Mal statt. Ziel der alle zehn Jahre organisierten Inventur ist es, die Waldverhältnisse und forstlichen Produktionsmöglichkeiten zu erfassen. Sie soll wichtige Daten liefern für Entscheidungen von Politik und Wirtschaft in Bund und Land. Die Ergebnisse, die das federführende Thünen-Institut in Eberswalde veröffentlichen wird, werden voraussichtlich aber erst im Jahr 2024 vorliegen.
Der Landkreis Esslingen ist auf rund 19 500 Hektar bewaldet. 6500 Hektar Wald befinden sich im Besitz des Landes Baden-Württemberg, der Rest gehört den Städten und Gemeinden oder Privatpersonen. Doch wie viele Bäume stehen dort eigentlich? Wie entwickeln sich der Wald, seine Baumzusammensetzung und der Holzvorrat? Das sind einige der Fragen, denen in akribischer Detailarbeit nachgegangen wird. „Unser Wald erfüllt eine Vielzahl wichtiger Aufgaben. Darum ist es wichtig zu wissen, wie viel Wald wir in Baden-Württemberg haben und wie es um ihn steht“, erläutert Gerald Kändler, der Leiter der Abteilung Biometrie und Informatik an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA). Die Freiburger Behörde organisiert und koordiniert die Datenerhebung im Land und ist nach deren Abschluss auch für die Auswertung und Analysen zuständig.
Um zu kontrollieren, wie es all den Buchen, Fichten, Tannen und Lärchen geht, welche Spuren die Dürren der vergangenen Jahre und die Massenvermehrung des Borkenkäfers hinterlassen haben, sind in Baden-Württemberg insgesamt zehn Aufnahmetrupps aus jeweils zwei Personen im Einsatz. „Natürlich wird nicht die gesamte Fläche ‚durchforstet‘“, betont Kändler. Das wäre zu aufwendig bei 1,4 Millionen Hektar Wald. Die mit seltsam anmutenden Geräten und Outdoor-Computern ausgestatteten Teams werden vielmehr Stichproben erheben – insgesamt mehr als 13 000. Erstmals werden bei dieser Waldinventur bundesweit auch DNA-Proben an den wichtigsten Baumarten entnommen, um Erkenntnisse über die genetische Vielfalt und zu Anpassungsprozessen der Wälder im Klimawandel zu gewinnen.
Die nationale Waldinventur startete im April vergangenen Jahres und wird bis Oktober dieses Jahres andauern. „Aktuell sind wir noch mitten in der Erhebungsphase“, berichtet Kändler. Und damit liege man im Zeitplan. Bislang sei in Baden-Württemberg gut ein Drittel der Stichprobenzahl erhoben worden, also etwa 4500 Stück. In den Wäldern des Landkreises Esslingen sind laut Kändler bereits 150 von 280 Stichproben aufgenommen worden.
Die Bestandsaufnahme erfolgt nach einem einheitlichen Schema. Grundlage ist ein Gitternetz, das über die Deutschlandkarte gelegt wurde. Alle vier mal vier Kilometer schneiden sich die Linien, in einigen Regionen, unter anderem in Baden-Württemberg, sind die Maschen sogar nur zwei auf zwei Kilometer breit. Von den Schnittpunkten aus wird ein weiteres Quadrat von 150 auf 150 Meter aufgespannt. Liegen dessen Eckpunkte in einem Waldgebiet, nehmen die Fachleute im unmittelbaren Umfeld dieser insgesamt rund 80 000 Punkte die genaue Anzahl der Bäume, deren Art, Umfang, Höhe, die Verjüngung, das Totholz und weitere Daten auf. Um exakt jene Punkte wiederzufinden, wurde vor Beginn der ersten Bundeswaldinventur 1992 ein 30 Zentimeter langer Metallstab in die Erde getrieben. Jeder einzelne Inventurpunkt repräsentiert 400 Hektar Wald. Ihre exakten Koordinaten sind streng geheim – damit niemand die Messungen verfälschen kann. Sie im Dickicht zu finden, ist selbst für die Trupps mitunter ein mühseliges Unterfangen.
Die Spezialisten müssen sehr präzise arbeiten – das Maßband beim Messen des Baumumfangs muss zum Beispiel immer exakt auf der gleichen Höhe um den Stamm laufen. In Baden-Württemberg, berichtet Kändler, steht als landesspezifische Besonderheit noch an einem Drittel der Stichproben ein zusätzliches Waldboden-Monitoring an. Dabei werden Bodenproben entnommen, die im Labor der FVA analysiert werden. Auch der Bodenhumus wird erfasst – so will man den chemischen Waldbodenzustand repräsentativ erfassen. „Das dient unter anderem dazu zu berechnen, wie viel Kohlenstoff im Waldboden gespeichert wird“, erläutert Kändler.
Wegen des immensen Aufwands ist die Bundeswaldinventur auf knapp zwei Jahre angelegt. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 25 Millionen Euro, allein im Südwesten schlägt sie mit drei Millionen Euro zu Buche.

eh / Foto: FVA/T. Weidner


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Der Südwesten öffnet

In Baden-Württemberg werden Corona-Regeln schneller als im Bund gelockert – Narren sollen auf Straßen tanzen dürfen

Baden-Württemberg wagt nach monatelangen Einschränkungen einen kräftigen Schritt zurück in die Normalität. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verkündete vergangenen Freitag im Landtag die geplanten Öffnungsschritte raus aus den Corona-Auflagen. Das Land öffnet damit schneller als im Bund-Länder-Beschluss vorgesehen. Seit dieser Woche dürfen Clubs und Discos unter bestimmten Bedingungen wieder öffnen, die Zugangsregeln für Restaurants werden gelockert, Messen sind wieder erlaubt, und bei Veranstaltungen werden deutlich mehr Zuschauer zugelassen. Das Land will auch Fasnachtsveranstaltungen unter bestimmten Regeln zulassen. „Veranstaltungen zur Pflege des örtlichen Fasnet-Brauchtums sind in Absprache mit den zuständigen Behörden unter der 3G-Regel möglich“, sagte Kretschmann.
Bislang galt im Südwesten die sogenannte Alarmstufe I, doch die Grenzwerte für das Erreichen dieser Stufe werden angehoben – genauer gesagt die Zahl der Corona-Infizierten, die innerhalb einer Woche und pro 100 000 Einwohner auf eine Normalstation in eine Klinik kommen. Der Wert dieser Hospitalisierungsinzidenz liegt derzeit bei etwa acht. Knapp 300 Covid-Patienten liegen zudem auf den Intensivbetten im Land. Bislang trat die Alarmstufe bei einer Hospitalisierungsinzidenz von drei oder bei 390 oder mehr Covid-19-Patienten auf der Intensivstation in Kraft. Nun gilt sie erst bei einer Hospitalisierungsinzidenz von 15 und ab 390 Covid-19-Patienten auf der Intensivstation. Hintergrund ist, dass wegen der etwas milderen Omikron-Variante das Gesundheitssystem nicht mehr so stark belastet ist wie bei Delta.
Die bisherige Alarmstufe II ist komplett gestrichen. Mit den neuen Grenzwerten ist diese Woche die Warnstufe wieder in Kraft getreten – sie gilt künftig ab einer Hospitalisierungsinzidenz von vier (bislang 1,5) oder bei 250 oder mehr Covid-19-Patienten auf der Intensivstation.
Nun gilt für viele Veranstaltungen – für Gastronomie, Kultur, Freizeit, Messen – die 3G- statt der 2G-Regel. Auch Ungeimpfte haben also mit einem aktuellen Test wieder Zugang. Für Ungeimpfte gilt zudem, dass sich künftig ein Haushalt mit zehn Personen treffen darf statt nur mit zwei. Clubs und Diskotheken können unter strengen Bedingungen wieder öffnen. Die Maskenpflicht wird in geschlossenen öffentlichen Räumen grundsätzlich beibehalten.
Kretschmann verortet sich weiter im „Team Vorsicht“. Lockern ja, aber „nicht mit einem großen Knall“, sagte er. So sei eine neue Untervariante von Omikron namens „BA2“ leider noch ansteckender als die Ausgangsvariante. Krankenhäuser litten zudem unter Personalausfällen, weil infizierte Pflegerinnen und Pfleger in Quarantäne müssten. Noch immer seien zudem mehr als zehn Prozent der Über-60-Jährigen nicht geimpft.
Der Ministerpräsident forderte deshalb auch erneut einen Instrumentenkasten für die Zeit nach dem 20. März, um zur Not gegen eine erneut aufflammende Pandemie durchgreifen zu können. Ab dann sollen nach dem Beschluss von Bund und Ländern nämlich „alle tief greifenderen Schutzmaßnahmen“ wegfallen. Zudem müsse man bereits jetzt für den kommenden Herbst und Winter vorsorgen. Man müsse mit weiteren Corona-Varianten und einer weiteren Welle im Winter rechnen. Kretschmann sprach sich daher erneut für eine allgemeine Impfpflicht und ein Impfregister aus. 

Die Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern

Bund und Länder haben sich vergangene Woche auf die Rücknahme von Corona-Maßnahmen in drei Stufen bis zum Frühlingsbeginn am 20. März verständigt. Wann einzelne Einschränkungen bis dahin konkret aufgehoben oder heruntergefahren werden, ist abhängig vom Bundesland und davon, wie schnell jeweils die entsprechende Corona-Verordnung geändert wird.

Stufe 1
Treffen: Geimpfte und Genesene sollen sich wieder ohne Begrenzung treffen dürfen. Die Begrenzung auf zehn Personen fällt weg. Ist auch nur ein Nicht-Geimpfter dabei, bleibt es aber bis zum 19. März bei der geltenden Regelung: Treffen sind mit höchstens zwei Personen aus einem anderen Haushalt erlaubt.
Einkaufen: Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte beim Shopping werden aufgehoben. Die Maskenpflicht bleibt – ob FFP2- oder OP-Maske, entscheiden die Länder.

Stufe 2
Restaurants/Hotels: Auch wer nicht geimpft ist, soll ab dem 4. März wieder ins Restaurant und ins Hotel dürfen. Voraussetzung ist ein Impf- oder Genesenennachweis oder ein negativer Test (3G). Berücksichtigt werden soll bei diesem Öffnungsschritt aber die Lage in den Kliniken.
Tanzen: Diskotheken und Clubs dürfen wieder öffnen, allerdings zunächst nur für Genesene und Geimpfte mit zusätzlichem Test oder Booster-Impfung (2G plus).
Stadien/Konzerte: Die zulässige Zuschauerzahl wird erhöht. Stadien dürfen maximal zu drei Vierteln gefüllt werden, höchstens aber mit 25 000 Menschen. Drinnen dürfen es 60 Prozent Auslastung/maximal 6000 Zuschauer sein. Der Zugang bleibt auf Genesene und Geimpfte beschränkt.

Stufe 3
Stichtag 20. März: Ab dann „sollen alle tief greifenderen Schutzmaßnahmen entfallen, wenn die Situation in den Krankenhäusern dies zulässt“. Das ist auch geltende Rechtslage nach dem Infektionsschutzgesetz: Zahlreiche Maßnahmen wie die Maskenpflicht, Zugangsbeschränkungen zu Veranstaltungen, Gastronomie oder Verkehrsmitteln und das Vorzeigen von Nachweisen dürfen nur noch bis zum 19. März angewandt werden. Auch Zuschauerhöchstgrenzen oder Obergrenzen für private Treffen müssten nach diesem Datum wegfallen. Die Pflicht für Arbeitgeber, Homeoffice anzubieten, entfällt ebenfalls.
Basisschutz: Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidenten sind sich aber einig, dass es weiterhin möglich sein soll, zumindest Masken in Bussen, Bahnen, Innenräumen und Schulen vorzuschreiben und dass in „bestimmten Bereichen“ Tests verlangt und Impf-, Genesenen- und Testnachweise kontrolliert werden dürfen. Nach dem entsprechenden Gesetzgebungsverfahren wird klar sein, welche Corona-Maßnahmen nach dem 20. März noch möglich sein werden.

Text/Foto: dpa


Stricken für den guten Zweck

Im Denkendorfer Generationentreff trifft sich der Wolleclub – Einnahmen gehen an soziale Einrichtungen im Ort

Auf den Tischen stapeln sich Socken, Schals, Mützen und Tücher neben Wollknäueln in zahllosen Farben. Wenn sich alle zwei Wochen der „nette kreative Wolleclub“ im Denkendorfer Generationentreff zusammenfindet, klappern die Strick- und Häkelnadeln. Seit 2016 treffen sich Frauen dort zum gemeinsamen Handarbeiten. Was sie stricken und häkeln wird zweimal im Jahr verkauft. Vor allem der Verkauf von Socken in allen Größen und Mustern laufe hervorragend, erzählt Renate Ruoff, die fast von Anfang an zum Wolleclub gehört. Der Erlös fließt stets einem guten Zweck zu. Wer bedacht wird, bestimmt der Kreis demokratisch. Es sind immer soziale Einrichtungen in Denkendorf, das sei den Frauen wichtig, sagt Petra Kißler, die Leiterin des Generationentreffs. Das örtliche Jugendzentrum war ebenso darunter wie Kindergärten, der Reha- Verein, die Erziehungshilfestelle und der Bürgerbus. In diesem Jahr übergab Renate Ruoff 3000 Euro an die Helfer vor Ort des DRK. Auch wenn diese stolze Summe zum ersten Mal erreicht wurde, kommt jedes Jahr ein erkleckliches Sümmchen zusammen, sodass die Handarbeiterinnen bisher rund 8000 Euro spenden konnten.
Wiltrud Gmyrek, die für die Helfer vor Ort die Spende in Empfang nahm, hatte nicht mit so viel Geld gerechnet: „Wir waren sprichwörtlich von den Socken.“ Das Geld soll in die Ausstattung der Fahrzeuge fließen. Immerhin kostet solch ein Einsatzwagen rund 75 000 Euro. Wie wichtig die Arbeit der Notfallhelfer ist, betonte der Bürgermeister Ralf Barth. Sieben Minuten Zeitunterschied zwischen dem Eintreffen der Ersthelfer und dem des Notarztes habe er selbst schon erlebt. „Das ist wertvolle Zeit.“
Barth zeigte sich beeindruckt, wie viel die fleißigen Strickerinnen übers Jahr produzieren. Neben den gefragten Wollstrümpfen gehören auch Mützen, Schals, Topflappen, Taschen, Babykleidung, kleine Tierfiguren und Schlüsselanhänger mit winzig kleinen Söckchen, die als Halter für Einkaufswagen-Chips dienen, zum Sortiment. Die Wolle kommt überwiegend aus Spenden, nur selten müssen die Frauen zukaufen. So kann der gesamte Erlös dem guten Zweck zufließen, betont Ruoff. Auch ihre Zeit stellen die Frauen natürlich nicht in Rechnung: Etwa zehn Stunden benötige sie, um ein Paar Socken zu stricken, sagt Ruoff. Verkauft werden diese für 15 Euro. Auch Wiltrud Gmyrek greift öfter zu. „Ich trage die selbst gestrickten Socken gerne“, erzählt sie. „Ohne unsere vielen treuen Kunden könnten wir nicht so viel spenden“, ist Ruoff überzeugt.
Während das Woll-Lager derzeit gut gefüllt ist, mangelt es an Handarbeiterinnen. Einige sind alters- oder krankheitsbedingt ausgeschieden. Nur 13 Frauen im Alter zwischen 55 und 97 Jahren greifen derzeit zu den Nadeln. „Früher waren wir schon mal 20“, weiß Ruoff. Gerne dürften deshalb weitere flinke Hände dazustoßen, betont Kißler. Wer sich dem Wolleclub anschließen möchte, muss kein Strickprofi sein. „Wir zeigen gerne, wie man Socken strickt oder Mützen häkelt“, ermutigt Ruoff.
Wegen der Corona-Pandemie konnte sich der Wolleclub lange nicht treffen. Immer wieder war der Generationentreff geschlossen, die Frauen mussten alleine zuhause ihrem Hobby nachgehen. Doch gerade die Gemeinschaft und der Austausch sind ihnen wichtig. Auch außerhalb der Stricknachmittage halten die Frauen Kontakt. Dietlinde Ament sind die „nette Gemeinschaft und der Spaß am Stricken“ wichtig. Maria Gieß hat beim Sockenstricken das Gefühl, „ich tue was Gutes“. Gudrun Hoffmann dagegen greift lieber zur Häkelnadel. Unter ihren geschickten Fingern entstehen Babydecken, Taschen, Stulpen und Loops. Und: Wollreste werden nicht weggeworfen. „Die geben wir an Kindergärten zum Basteln“, erläutert Kißler. 

Info: Der Wolleclub trifft sich jeden zweiten Dienstag von 16 bis 18 Uhr im Generationentreff im Limburgweg (Anmeldung bei Petra Kißler unter E-Mail: generationentreff-denkendorf@t-online.de oder Telefon 07 11 / 55 36 27 90.

urh / Foto: Ulrike Rapp-Hirrlinger


Strampeln mit Spaß

Eröffnung einer Verleihstation mit einem Fahrrad und vier Pedelecs am Esslinger Bahnhof – Angebot am Klinikum folgt

Ein Irrtum ist ausgeschlossen. „Ich bin ein Pedelec“, steht in großen Buchstaben oberhalb des Hinterrads. Jeder soll es mitbekommen. Publicity ist wichtig. Denn Esslingen hat nun einen weiteren Service für Zweiradfans, ökologisch Mobile und Open-air-Fahrfreunde. Neben dem Bahnhofsplatz bei der Berliner Straße, vor der Krankenkasse IKK Classic, wurde eine Leihstation eröffnet. Vier Pedelecs und ein Fahrrad können dort für eine umweltfreundliche Spritztour ausgeliehen werden. In wenigen Wochen wird eine weitere Station in der Hirschlandstraße am Klinikum Esslingen mit dem gleichen Angebot an Zweirädern folgen.
Die Drahtesel können nach Angaben der Verantwortlichen ohne großen Zeitaufwand, schnell und einfach ausgeliehen werden. „Es ist ein sehr niederschwelliges Angebot“, meinte Thomas Bopp, Vorsitzender des Verbands Region Stuttgart, bei der Eröffnung der Leihstation. Der Verband habe 2020 ein Programm zur finanziellen Unterstützung des Verleihsystems ins Leben gerufen. Die beiden Esslinger Stationen kosten insgesamt etwa 100 000 Euro. Aus dem Fördertopf werde die Hälfte der Ausgaben bestritten. Die anderen 50 Prozent trägt die Stadt Esslingen.
Trotz der klammen Kassen der Neckarstadt müsse dafür Geld übrig sein, betonte Oberbürgermeister Matthias Klopfer: „Die meisten Kosten verursacht immer noch das Autofahren. Denn die Ausgaben für den ruhenden Verkehr, die Schaffung der nötigen Infrastruktur mit den Straßen und die Folgen des Autofahrens sind sehr hoch.“ Natürlich habe er selbst auch einen Dienstwagen, gibt er zu. Doch nun beginne mit dem Frühling wieder die Fahrradsaison, und da werde er sich verstärkt in den Sattel schwingen. Die Vorteile der Verleihstationen habe er selbst während der Remstal-Gartenschau vor einigen Jahren erlebt. Einheimische, Touristen und Besucher hätten während der Veranstaltung die Freuden des Rad- und Pedelecfahrens zu schätzen gewusst. Aber auch für Esslingen mit seiner Hanglage und seinen Weinbergen sei das Angebot der neuen Verleihstation sehr reizvoll: „Mit den Pedelecs können die Anstiege in die höher gelegenen Stadtteile mühelos bewältigt werden.“
Die Nähe zum Bahnhof und zu den öffentlichen Verkehrsmitteln wurde bei der Wahl des Standorts für die Verleihstation bewusst gesucht. So können Pendler, Fahrgäste und Passagiere den neuen Service gleich mitbenutzen. Thomas Bopp spricht von „einer praktischen Anschlussmobilität zur S-Bahn, einem umweltbewussten Mobilitätsangebot und einer kostengünstigen Alternative zum Auto“. Selbst an Nachtschwärmer wurde gedacht. Wer abends mit einem geliehenen Fahrrad oder Pedelec nach Hause fahren, dort übernachten und das Zweirad am nächsten Tag zurückbringen möchte, muss sich deswegen nicht finanziell ruinieren. Für Inhaber der kostenlos erhältlichen Polygo-Card gibt es ein besonderes Angebot: Wer zwischen 18 und 9 Uhr mindestens sechs Stunden lang Rad oder Pedelec ausleiht, muss nach Angaben des Verbands Region Stuttgart nur 1,50 Euro bezahlen.
Sich in den Sattel zu schwingen, sei überhaupt erschwinglich. Thomas Bopp rechnet vor: „Inhaber einer Polygo-Card können sich über 30 Freiminuten für Fahrräder und 15 Gratismininuten für Pedelecs freuen.“ Die Fahrt vom Bahnhof zur geplanten Station am Klinikum sei bequem innerhalb dieser Freiminuten machbar. Abstellen könne man das Zweirad zudem an jeder beliebigen Stelle. Wer das Strampeln etwa durch eine Kaffeepause unterbrechen möchte, kann den Drahtesel vor dem Café abstellen. Das Verleihnetz sei gut ausgebaut: In der Region Stuttgart gebe es mehr als 220 Stationen.
Der Landkreis Esslingen ist ebenfalls nicht „radlos“. „Im gesamten Kreis können die Regio-Räder und Pedelecs an über 20 Verleihstationen in elf Kommunen – in Esslingen, Filderstadt, Hochdorf, Kirchheim, Leinfelden-Echterdingen, Nürtingen, Ostfildern, Plochingen, Wendlingen, Wernau und Wolfschlugen – ausgeliehen werden“, sagt Bopp.

sw / Foto: Roberto Bulgrin


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Fotovoltaik statt Naturschutz

Auf der Fläche der Daimler-Teststrecke an den Wernauer Baggerseen stehen die Zeichen auf Energiegewinnung

In der jüngsten Gemeinderatssitzung in Wernau stand der Punkt „Freiflächen-Fotovoltaikanlage Gemeindewasen“ auf der Tagesordnung: Das Gremium hat die Aufstellung eines Bebauungsplans für die Fläche beschlossen – eine Voraussetzung, um auf der ehemaligen Daimler-Teststrecke eine großflächige Fotovoltaikanlage aufzustellen. Dabei ist im Regionalplan an dieser Stelle ein regionaler Grünzug und ein Gebiet für Naturschutz und Landschaftspflege vermerkt. Ebenso muss der Flächennutzungsplan geändert werden – auch in ihm ist der Bereich als Grünfläche ausgewiesen.
Grundstückseigentümer ist das Betonwerk Wernau, dem auch große Teile des bestehenden, angrenzenden Naturschutzgebietes gehören. Die Firma wolle eine „neue, zukunftsfähige Nutzung“ im Bereich der früheren Teststrecke entwickeln, heißt es in der Gemeinderatsvorlage. Mehrere Gespräche mit dem Esslinger Landratsamt, dem Regierungspräsidium Stuttgart und dem baden-württembergischen Umweltministerium hätten bereits stattgefunden; die Pläne für Fotovoltaik würden „allgemein begrüßt“. Auch der Wernauer Gemeinderat hat mit dem Aufstellungsbeschluss grundsätzliche Offenheit für das Thema signalisiert.
Die Naturschützer vom Betreuungsverband der Baggerseen sehen das Vorhaben dagegen kritisch. Sie hatten gehofft, dass nach dem Ende der Teststrecke das Land die Fläche aufkauft und sie dem Naturschutzgebiet zuschlägt. Das wäre die „einmalige Chance, im dicht besiedelten Neckartal ein möglichst großes, zusammenhängendes Naturschutzgebiet zu schaffen“, sagt Roland Appl als Beauftragter des Nabu-Kreisverbandes Esslingen für das Naturschutzgebiet Wernauer Baggerseen. Mit der Erweiterung wäre ein Gebiet von maximal rund 60 Hektar Fläche möglich. Doch offensichtlich ist ein Flächenkauf durch das Land nicht mehr im Gespräch, die Eigentumsverhältnisse sind wie gehabt – und statt Flächen für den Naturschutz steht jetzt die Fotovoltaikanlage im Raum.
Allerdings könne von den rund 7,5 Hektar Fläche, die der Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans umfassen wird, nicht alles für Fotovoltaik genutzt werden, stellt Appl fest: So liegt der „Alte See“ des Fischerei- und Hegevereins gut zur Hälfte in dem Gebiet, außerdem liegen Teile des Naturschutzgebiets Wernauer Baggerseen und kartierte Biotope auf dem Gebiet. Die verbleibenden rund fünf Hektar sind nur teilweise befestigt und ansonsten mit Sträuchern und Bäumen bewachsen, die laut Appl Brutplätze zum Beispiel für Nachtigallen seien und wo auch seltene Orchideen wüchsen. Für eine Fotovoltaikanlage „müsste dies alles gerodet und vermutlich eingezäunt werden“. Sollte die Anlage trotzdem kommen, fordern die Naturschützer zumindest eine Pufferzone von mindestens 30 Metern bis zum Ufer des „kleinen Sees“, der zwischen der Teststrecke und den Baggerseen liegt.
Das alles war allerdings im Gemeinderat noch kein Thema, hier ging es zunächst nur um die grundsätzliche Weichenstellung. Nicolai Boldt (Grüne) fragte trotzdem nach, wie denn die Naturschutzverbände die Pläne sähen. Dazu äußerte sich die Stadtverwaltung nicht. Der Naturschutz werde dann als Träger öffentlicher Belange im Laufe des Verfahrens ohnehin gehört, erklärte Bürgermeister Armin Elbl.

aia / Foto: Karin Ait Atmane


Wo drückt der Schuh?

Die Esslinger Stadtverwaltung befragt 5000 zufällig ausgewählte Bürger nach Wünschen und Kritikpunkten

Wie zufrieden sind Sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Esslingen? Sehen Sie Handlungsbedarf bei der Reduktion der Mieten? Wie bewerten Sie das Image Esslingens? Es sind Fragen wie diese, die im Rahmen der groß angelegten, repräsentativen Bevölkerungsbefragung „ESfragt“ beantwortet werden sollen. Damit will sich die Stadt einen Überblick über die Zufriedenheit ihrer Bürgerinnen und Bürger sowie über ihre Wünsche und Nöte verschaffen.
Los geht es in dieser Woche. An 5000 Esslingerinnen und Esslinger ab einem Alter von 18 Jahren – automatisch und nach dem Zufallsprinzip ausgewählt – werden die Fragebögen verschickt. Die Umfrage ist repräsentativ im Hinblick auf Alter und Geschlecht. Sprich: Was diese Kriterien angeht, entspricht die Stichprobe der Teilnehmenden der Verteilung in der gesamten Stadtbevölkerung. Beantwortet werden können die Fragen je nach Vorliebe entweder direkt auf dem Papier oder auch digital. Einsendeschluss ist der 2. April.
Oberbürgermeister Matthias Klopfer hofft auf tiefere Einblicke in die Befindlichkeiten der Esslinger. „Wir wollen erfahren, was die Menschen bewegt und Konsequenzen daraus ableiten“, sagt er. Es werde sicher spannend, welch unterschiedlichen Blicke auf die Stadt die verschiedenen Altersgruppen hätten oder wie das Thema Verkehr von verschiedenen Seiten eingeschätzt werde. Die Ergebnisse seien auch für die einzelnen Dezernate und Fachämter interessant – wenngleich vieles wohl zunächst nur als Erkenntnisgewinn dienen werde, aus dem nicht sofort konkreter Handlungsbedarf abgeleitet werden könne.
Klopfer ist überzeugt davon, dass die Ergebnisse der Befragung dem Rathaus nützen. „Faktenbasierte Politik ist sehr gut“, findet er. Gleichzeitig sei klar, dass die Umfrage nur eines von mehreren Kriterien sein könne, aufgrund derer politische Entscheidungen in der Stadt getroffen werden könnten. Aber: „Die Befragung ist der Start für eine dauerhafte Aufgabe.“ Denkbar seien regelmäßige Wiederholungen einer solchen Umfrage – gegebenenfalls mit wechselnden Fragekatalogen zu bestimmten Themen wie etwa Klimaschutz oder Mobilität.
Das hält auch Miriam Reiner-Henrich durchaus für sinnvoll. Sie ist Kommunalstatistikerin im Esslinger Rathaus und hat „ESfragt“ konzipiert. Andere Städte wie Stuttgart oder Heidelberg praktizierten solch regelmäßige Erhebungen seit vielen Jahren, berichtet Reiner-Henrich. Sie wisse, dass die Ergebnisse der Umfragen dort etwa bei der Priorisierung von Projekten eine Rolle spielten. So könne sie sich das auch in Esslingen vorstellen.
Prinzipiell komme den Meinungen und Einschätzungen der Esslingerinnen und Esslinger in Zeiten, in denen enge finanzielle Spielräume kommunalpolitische Entscheidungen wesentlich beeinflussten, eine besondere Bedeutung zu, heißt es aus dem Rathaus. Mit Hilfe der Befragung könne man Zufriedenheit messen, Qualitätsurteile abfragen, Bedarf aufdecken und empfundene Defizite offen legen. Dies versetze den Gemeinderat und die Verwaltung in die Lage, die begrenzten Ressourcen noch stärker zielgerichtet einzusetzen.
In der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses wurde die Umfrage generell begrüßt. „Das ist eine klasse Idee“, betonte etwa Annette Silberhorn-Hemminger, Fraktionschefin der Freien Wähler, und brachte damit die Haltung vieler Ratskollegen auf den Punkt. Lediglich einige Formulierungen wünschte sie sich bürgernäher. Zudem kam die Frage auf, ab wann das Projekt als erfolgreich gelte und wie man im Anschluss mit den Ergebnissen umgehen wolle.
Ein konkretes Prozedere für den Umgang mit den neuen Erkenntnissen gibt es laut Klopfer noch nicht. Über die Interpretation der neu gewonnen Daten müsse im Nachgang erst noch diskutiert werden. Und was den Rücklauf angeht, so hofft die Kommunalstatistikerin Reiner-Henrich auf rund 1000 Teilnehmende – also etwa 20 Prozent der Angeschriebenen. Wenn das klappe, könne man mit den Ergebnissen auch wirklich etwas anfangen, sagt sie.

meb / Foto: Roberto Bulgrin


Mehr Komfort für die Patienten

Ruiter Krankenhaus wird bis 2027 saniert und erweitert – Keine Einschränkung des Betriebs während der Arbeiten

Im März geht es los. Dann wird mit dem Abriss des alten Bettenflügels neben dem Haupteingang der Medius-Klinik in Ruit begonnen. Nach dem Abriss soll ab Mitte des Jahres mit dem Neubau begonnen werden. Die Kostenschätzung stammt aus dem Jahr 2019. Damals wurden die Baukosten für den ersten von zwei Bauabschnitten mit knapp 70 Millionen Euro beziffert, 28,5 Millionen Euro davon möchte das Land Baden-Württemberg zuschießen. Dass die Prognose angesichts steigender Baukosten gehalten wird, ist unwahrscheinlich. „Es wird teurer werden“, sagt der Geschäftsführer der Medius-Kliniken, Sebastian Krupp.
Eine Sanierung allein war aus Sicht der Planer nicht wirtschaftlich. Nun soll sowohl neu gebaut, saniert und im Bestand gebaut werden. „Was noch gut ist, verwenden wir weiter“, erklärt Krupp. Das Krankenhaus wurde 1969 in Betrieb genommen. Seitdem wurden immer wieder unterschiedliche Bereiche saniert. Im Jahr 2011 wurde ein Erweiterungsbau in Betrieb genommen. „Man hat schon viel gemacht“, betont der Klinikleiter Philipp Henßler. Doch gerade in den alten Bettenflügeln gab es noch einige Bereiche, die modernen Ansprüchen nicht mehr genügten. Beispielsweise mussten sich in einigen Bereichen bis zur Inbetriebnahme des Interimsbaus im Jahr 2020 bis zu sechs Patienten ein Badezimmer teilen. „Wir wollen uns für die Zukunft rüsten, dafür brauchen wir eine neue Gebäudestruktur“, erklärt Henßler. Nach dem Neubau sollen beispielsweise Zweibettzimmer Standard sein.
Damit der Klinikstandort sein Angebot auch während der Umbauarbeiten fortsetzen kann, wurde ein Interimsbau mit 128 Betten in einer Modulbauweise aufgestellt. „Der Betrieb soll in normalem Umfang weiterlaufen“, betont Henßler. Zuletzt hatten zwar noch keine Bauarbeiten, dafür aber Corona den Klinikbetrieb in Ruit eingeschränkt. Doch seit sich die Omikron-Variante verbreite, entspanne sich die Situation auf der Intensivstation. Die Klinik hofft nun, wieder in einen normalen Betrieb zu kommen.
Die Herausforderungen einer Pandemie für eine Klinik haben sich auch in der Planung für die Zukunft des Krankenhausstandortes in Ruit niedergeschlagen. In den neuen Bereichen wurden beispielsweise Isolationszimmer gleich mit eingeplant. „Es hat sich in der Pandemie gezeigt, dass es einen Bedarf dafür gibt“, sagt der Sebastian Krupp. Außerdem ist eine sogenannte Intermediate-Care-Abteilung geplant. Dort sollen Menschen liegen, die zwar einen hohen Pflege- und Untersuchungsbedarf haben und deren Vitalfunktionen überwacht werden müssen, aber noch kein Intensivbett brauchen.
Eine weitere Neuerung ist die dezentrale Bettenaufbereitung. Bislang müssen die genutzten Betten vor einer Wiederverwendung weite Wege über die langen Flure zur Aufbereitung geschoben werden. Durch eine Dezentralisierung der Bettenaufbereitung hofft die Klinik, zukünftig die weiten Wege zu verkürzen. Kürzere Wege und eine bessere Verzahnung der Abteilungen, das sind zwei der Ziele, die mit dem Neubau verfolgt werden. Am bisherigen Leistungsspektrum und der Bettenzahl soll sich nach der Fertigstellung des Klinikneubaus nichts ändern. Von einer modernen Gebäudetechnik, speziell einer besseren Klimatisierung, sollen Patienten und Mitarbeiter profitieren.
Geplant ist, den ersten Bauabschnitt in drei Jahren abzuschließen. Damit die Patienten so wenig wie möglich von den Bauarbeiten belastet werden, soll vor dem Abriss des ersten Bettenflügels das Gebäude vom Bestand getrennt werden. Vibrationen des Abrisses können damit verringert werden. Ganz unauffällig werden die Arbeiten allerdings trotz aller Vorsicht nicht über die Bühne gehen können. „Es wird Geräusche geben und sichtbar sein“, stellt Henßler klar.
Ab Ende 2024 sollen der zweite Bettenflügel und der Funktionsbau der Klinik erneuert werden. Das Vitalcenter zwischen den Bettenflügeln bleibt bestehen. Die Kosten für den zweiten Bauabschnitt liegen noch nicht auf dem Tisch. Wenn alles planmäßig verläuft, könnte der komplette Klinikumbau in rund fünf Jahren abgeschlossen sein. Was anschließend mit dem Interimsgebäude passiert, ist noch offen.

bra / Visualisierung: Medius-Klinik


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Es ist Februar, die Tage werden länger, der Winter scheint nicht mehr recht in Gang zu kommen. Haben Sie schon Lust aufs Frühjahr?

Foto: dpa

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