Schriftsteller Peter Härtling gestorben – Enge Verbindung nach Nürtingen
Der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller Peter Härtling ist im Alter von 83 Jahren gestorben. Er starb Montag vergangener Woche nach kurzer schwerer Krankheit in Rüsselsheim – nahe seinem langjährigen Wohnort Mörfelden-Walldorf –, wie eine Sprecherin des Verlags Kiepenheuer & Witsch in Köln mitteilte. In seiner mehr als 60-jährigen Schaffenszeit veröffentlichte Härtling viele Romane, Erzählungen, autobiografische Schriften und Kinderbücher. Zentral in Härtlings Werk ist das Thema Erinnerung. Dies bedeutete für ihn die Auseinandersetzung mit der Geschichte und der politischen Vergangenheit. Härtlings Biografie ist auch eng mit der Stadt Nürtingen verknüpft. Dort lebte er zwischen 1946 und 1954. Und er lernte in Nürtingen seine Frau Mechtild kennen. 1959 folgte die Heirat, vier Kinder wurden geboren. Im Jahr 2004 wurde er zum Ehrenbürger Nürtingens ernannt, ein privates Gymnasium der Stadt trägt seinen Namen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schrieb an die Witwe: „Unser Land hat einen großen Schriftsteller verloren.“ Härtling habe mit seinen Büchern „ganzen Generationen die Welt der Literatur eröffnet und vielen Menschen – jungen wie alten – Mut und Trost ‚für die Wanderschaft des Lebens‘ gegeben“. Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Frankfurt trauerte. Härtling habe „in Deutschlands kulturellem Gedächtnis“ deutliche Spuren hinterlassen, sagte Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis. Nürtingens Oberbürgermeister Otmar Heirich zeigte sich betroffen vom Tod Härtlings, man habe „eine herausragende und geschätzte Persönlichkeit verloren“. „Trotz manch unangenehmer Fragen und Themen bewahrte er sich stets eine Offenheit und Dialogbereitschaft, die nicht nur echtes Interesse am Mitmenschen bekundete. Er kleidete sie auch in eine literarische Form, mit der er immer wieder den Nerv der Zeit und gleich mehrerer Generationen traf“, sagte Heirich.
1933 in Chemnitz geboren und dann mit der Familie nach Mähren übergesiedelt, flüchtete Härtling nach Ende des Zweiten Weltkriegs zusammen mit seiner Mutter vor der Roten Armee. Der Vater, ein Rechtsanwalt, starb 1945 in russischer Gefangenschaft. Über Österreich kam die Familie 1946 nach Nürtingen. Die Mutter nahm sich im selben Jahr das Leben, ihr Grab befindet sich auf dem Alten Friedhof in Nürtingen. Härtling blieb mit seiner jüngeren Schwester bei Verwandten zurück. Der Maler Fritz Ruoff (1906 bis 1986) wurde sein Mentor in Nürtingen.
Härtling arbeitete zunächst als Journalist, bevor er 1967 Cheflektor beim S. Fischer Verlag in Frankfurt wurde. 1974 ließ er sich als freier Schriftsteller nieder. Seinen Ruf als Romanbiograf großer Künstler erwarb er mit dem 1976 erschienenen Buch „Hölderlin“ – der große Dichter der Romantik verbrachte seine Kindheit und Jugend ebenfalls in Nürtingen. Danach schrieb Härtling über Schubert, Schumann, Mozart, E.T.A. Hoffmann und Fanny Hensel-Mendelssohn. Auch mit vielen Gedichtbänden wurde er bekannt.
Seine größten Fans hatte Härtling aber unter den Heranwachsenden, die den „Hirbel“ oder das Buch „Ben liebt Anna“ liebten. Rund 20 Schulen in Deutschland sind nach Peter Härtling benannt. Härtling erhielt für sein Werk viele Auszeichnungen, darunter den Deutschen Jugendliteraturpreis und den Hölderlin-Ring. Über die vielen Briefe von Kindern, die Härtling bis zuletzt erhielt, hat er sich nach seinen Worten immer sehr gefreut. Deren Optimismus und Leidenschaftlichkeit gab Härtling, der sich selbst als Melancholiker bezeichnete, Kraft. Von der „geschwätzigen“ Politik hatte sich der Autor , der sich lange im Kampf gegen die Nato-Nachrüstung und für die Ökologiebewegung engagierte, abgewendet. dpa/ch / Foto: dpa