Damm im Reichenbachtal ist fertig – Die Regelungstechnik wartet auf den Probelauf

Einen kräftigen, lang anhaltenden Regen würde sich Matthias Häke vom Ortsbauamt in Reichenbach wünschen. Denn dann könnte man den Probelauf am neuen Rückhaltebecken im Reichenbachtal, genauer an dessen Steuer- und Regelungstechnik, durchführen. Was schwierig zu planen ist. „Da müssen wir kurzfristig agieren“, sagt Häke.
Nach zwei Jahren Bauzeit ist der zehn Meter hohe Damm mit seinen technischen Anlagen und dem Betriebsgebäude fertig. Den Reichenbach, vor dessen Hochwassern der Damm den Ortskern schützen soll, muss man am Boden beinahe suchen. Er läuft als kleines Bächlein durch den großen Betondurchlass. Dieser ist zweigeteilt: Auf der einen Seite wurde ein naturnah gestaltetes Bachbett mit einer Sohle aus Substrat und Steinen angelegt, das sogenannte Öko-Gerinne. Bei Hochwasser und entsprechendem Druck wird diese Öffnung geschlossen, damit seine Struktur nicht zerstört wird. Dann öffnet sich der Durchlass daneben, der Betriebsauslass. Geregelt wird das alles automatisch über eine Pegelstrecke direkt nach dem Damm und weitere Messpunkte.
Die Regelungstechnik soll für einen konstanten Wasserstand nach dem Staudamm sorgen. Kommt dort zu viel Wasser an, werden die Klappen geschlossen und der Bach aufgestaut. Er füllt dabei kein Becken im engeren Sinn, sondern der Bereich oberhalb des Damms dient als Überschwemmungsfläche. Aus diesem Grund musste auch der Hundetrainingsplatz in diesem Bereich aufgegeben werden. Rund 95 000 Kubikmeter Wasser sollen bei Bedarf zurückgehalten werden. Die Fläche besteht größtenteils aus Wiesen und Grünland, auch einzelne Bäume wachsen auf ihr.
In der Vergangenheit hat der Reichenbach immer wieder die Ortsmitte unter Wasser gesetzt, zuletzt 2008. Das liegt daran, dass bei lokalem Starkregen viel Wasser in seinem Tal zusammenläuft und er in kürzester Zeit gewaltig anschwellen kann. Das Hochwasserbecken ist auf ein HQ100 ausgelegt, also ein Hochwasser, wie es statistisch gesehen nur alle 100 Jahre vorkommt – allerdings geht man davon aus, dass wegen des Klimawandels zunehmend solche Extremwetterlagen eintreten werden.
Auch andere Gewässer bringen in Reichenbach immer wieder mehr Wasser als gewünscht und werden im Rahmen des Hochwasserkonzeptes entsprechend umgestaltet, so zum Beispiel der Probstbach im Osten der Gemeinde. Sein Einlaufbereich wurde kürzlich vergrößert, eine neue Rechenkonstruktion angebracht und auch das Gelände verändert. Fertiggestellt sind dieses Arbeiten seit Mitte März. Auch am Hannestobelbach im Westen von Reichenbach sind Maßnahmen zum Hochwasserschutz geplant.
Für Ersatzpflanzungen sorgen
Beim Damm im Reichenbachtal wird derzeit nur noch an der EMSR (Elektrische Mess-, Steuer- und Regelungstechnik) gearbeitet. Sie muss sich noch im „Realbetrieb“ im Zuge eines Probelaufs mit zumindest teilweise gefülltem Becken beweisen, und zwar innerhalb von fünf Jahren nach Fertigstellung des Bauwerks. Das schreiben die Förderrichtlinien Wasserwirtschaft vor, die der Gemeinde einen kräftigen Zuschuss beschert haben: Drei Millionen Euro bekam sie aus diesem Landesprogramm; die Gesamtkosten für den Dammbau samt Zufahrt und Betriebsgebäude liegen bei rund 4,5 Millionen Euro.
Restarbeiten stehen nun noch im Umfeld an: Weil für den Dammbau einige Bäume gefällt wurden, muss die Gemeinde für Ersatzpflanzungen sorgen. Unter anderem sollen im Herbst Erlen, Silber-Weiden, Hainbuchen und Berg-Ahorne gepflanzt werden. aia / Foto: Karin Ait Atmane