Bahn plant barrierefreien Umbau der S-Bahn-Stationen entlang der Linie S 1 – Mancherorts wird dies einige Jahre dauern

Insgesamt 83 S-Bahnhöfe gibt es in der Region Stuttgart, 31 davon sind bislang nicht barrierefrei. Das heißt, sie sind nicht oder nur eingeschränkt für Rollstuhlfahrer, Sehbehinderte und Menschen mit Kinderwagen zugänglich. Das soll sich jedoch bald ändern: Nachdem die Deutsche Bahn zusammen mit dem Verband Region Stuttgart und dem Land Baden-Württemberg bereits alle S-Bahnhöfe in der Region Stuttgart stufenfrei zugänglich gemacht hat, beginnt nun die zweite Halbzeit für einen vollständigen barrierefreien Ausbau. Das hat Michael Groh, der Leiter des Regionalbereichs Südwest der Deutschen Bahn (DB), jüngst verkündet. Unter anderem sollen die Bahnsteige für einen niveaugleichen Zugang in die S-Bahn angepasst werden.
In den kommenden Jahren werden also an den S-Bahn-Haltestellen der Linie S 1 in Mettingen, Esslingen, Oberesslingen, Zell, Altbach und Plochingen die letzten Hindernisse für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste ausgeräumt. Dort können die Fahrgäste zwar dank der Aufzüge auf die Bahnsteige gelangen, der Ein- und Ausstieg in oder aus S-Bahnen ist bislang aber ein Problem. Denn die Automatiktüren der Züge liegen deutlich über dem Niveau der Bahnsteigkante – und diesen Höhenunterschied von 20 Zentimetern kann auch der ausfahrbare Schiebetritt nicht überbrücken, weshalb er an diesen Stationen erst gar nicht zum Einsatz kommt.
Auf 96 Zentimeter erhöhen
Den baulichen Missstand will die Bahn beseitigen, indem sie die S-Bahnsteige von derzeit 76 Zentimetern auf 96 Zentimeter erhöht oder sie entsprechend neu baut. Allerdings werden die Fahrgäste noch eine ganze Weile auf diese Verbesserung warten müssen. „Der Abschluss aller Maßnahmen an den S-Bahn-Stationen der Region liegt nach 2030“, räumt ein Sprecher der Deutschen Bahn ein. Schwierig sei der Umbau insbesondere an Stationen, an denen die Bahnsteige der S-Bahn auch von den Zügen des Regionalverkehrs genutzt würden. Denn die monatelangen Bauarbeiten sollen „unter rollendem Rad“ ausgeführt werden, der S-Bahnsteig stehe während der langen Umbauphase nicht zur Verfügung.
Laut dem Sprecher der Bahn gibt es eine Prioritätenliste, die sich unter anderem am Fahrgastaufkommen und der Zahl der Linien orientiert. Demnach startet die zweite Phase des barrierefreien Ausbaus der Stuttgarter S-Bahn-Stationen im zweiten Halbjahr dieses Jahres mit der Bahnsteigerhöhung in Rommelshausen (Rems-Murr-Kreis), die Fertigstellung dort ist im nächsten Jahr geplant. Der weitere Zeitplan sieht die Inbetriebnahme des höheren Bahnsteigs in Mettingen voraussichtlich Anfang 2026 vor, die Planungen dafür sind laut dem Bahnsprecher bereits in Angriff genommen worden. Entlang der S-Bahnlinie S 1 sollen dann die Fertigstellungen in Esslingen gegen Ende 2027, in Oberesslingen Mitte 2028 sowie in Zell und in Altbach Ende 2028 folgen. „Für den Bahnsteig in Plochingen gibt es noch keine zeitliche Planung“, räumt der DB-Sprecher ein. Die Inbetriebnahme des umgebauten Bahnsteigs in Obertürkheim sei im Übrigen für Ende 2028 vorgesehen. „Alle weiteren Stationen auf der S 1 sind schon komplett barrierefrei ausgebaut.“
Warum das eigentlich alles so lange dauert? „Der Zeitraum von den ersten Planungsüberlegungen bis zur Inbetriebnahme umfasst mehrere Jahre“, erläutert der Konzernsprecher und fügt hinzu: Die Bahn prüfe bei den einzelnen Vorhaben, ob das seit Dezember 2020 geltende Investitionsbeschleunigungsgesetz in Anspruch genommen werden könne. „Dieses sieht bei Umbaumaßnahmen zur Barrierefreiheit, insbesondere der Erhöhung von Bahnsteigen, vor, dass auf behördliche Verfahren wie Planfeststellung oder Plangenehmigung verzichtet werden kann.“ Davon erhofft man sich eine schnellere Umsetzung.
Mehrere Komponenten
Neben der Anpassung der Bahnsteighöhe sehen die Pläne der Bahn eine spezielle Wegemarkierung für Sehbehinderte, die Montage von akustischen und optischen Reiseinformation an den Bahnsteigen, Stufenmarkierungen, Handlaufschilder an Treppen und Rampen sowie Wetterschutzeinrichtungen vor. „In Mettingen soll gegebenenfalls auch die Personenunterführung saniert werden“, berichtet der DB-Sprecher. In Altbach sei angedacht, gleichzeitig den Peoplemover zu erneuern oder eine neue Aufzuganlage einzurichten.
Die konkreten Investitionssummen für den barrierefreien Ausbau der S-Bahnstationen kann die Bahn noch nicht beziffern. Bislang liegen eigenen Angaben zufolge nur grobe Schätzungen vor. Und die sehen derzeit 2,5 Millionen Euro für Mettingen, 7,2 Millionen Euro für Esslingen, 5,3 Millionen für Oberesslingen, 7,5 Millionen Euro für Zell sowie 7,3 Millionen für Altbach vor.
eh / Foto: Roberto Bulgrin