Zum Tag des offenen Denkmals gibt es im Landkreis zahlreiche Aktionen – 53 Programmpunkte in Esslingen – Industriezeitalter im Fokus


Am Sonntag, 8. September, wird bundesweit wieder der Tag des offenen Denkmals veranstaltet. Das übergreifende Thema „Modern(e) – Umbrüche in Kunst und Architektur“ lässt sich in Esslingen besonders gut nachvollziehen, aber auch andere Städte und Gemeinden im Landkreis haben in dieser Hinsicht einiges zu bieten.
In Esslingen führen 53 Programmpunkte Besucher durch die Stadt, die beileibe nicht nur mittelalterlich geprägt ist, sondern ihr Bild über mehrere Stil-Epochen gewonnen hat. Das Programm soll den Blickwinkel erweitern – insbesondere auf die Moderne, damit sind vor allem die 1950er- und 1960er-Jahre gemeint. An vier solcher Bauten wird in Führungen zeitgeistgeprägter Baustil erläutert: an der Schelztorsporthalle, am Theodor-Heuss-Gymnasium sowie an der Kirche St. Augustinus und an der Christuskirche.
Roher Beton
Bei der Vorstellung des Programms schwärmte Esslingens Erster Bürgermeister Wilfried Wallbrecht mit Blick auf die Schelztorsporthalle von der „Weite, Leichtigkeit und Lichtfülle der vom Industriebau auf die Sportstätte übertragenen Konstruktion“. Moderne lässt sich auch am Theodor-Heuss-Gymnasium nachvollziehen. Der Baustil mit rohem Beton lässt die Schule zunächst abweisend wirken, ein geschickter Grundriss und die Verarbeitung von Holz lassen das Strenge aber in Wertigkeit und geistige Offenheit übergehen.
Geschichten erzählen auch die Kirchen: 1925 erbaut, findet man in der Südkirche moderne, jugendstilgeprägte Formen. In St. Augustinus und der Christuskirche, in den 50er- und 60er-Jahren erbaut, kommen die Erwartungen der Gläubigen an ihr Gotteshaus zum Ausdruck: Flüchtlinge, die nach dem Krieg hierzulande eine neue Heimat suchten, haben ihre Kirche als beschützenden Raum gebaut. In der Frauenkirche erinnert eine Ausstellung an das Wirken der Baumeister Ulrich von Ensingen und Joseph von Egles.
Umbrüche lassen sich in Esslingen auch anderswo entdecken: Eine Führung thematisiert das Zusammenspiel historischer Gebäude mit modernen Elementen am Beispiel Pliensau- und Bahnhofstraße. Eine andere Führung nimmt sich die Stadt als Gesamtanlage vor, der Titel: „ Ein Denkmal steht selten allein: die Stadt als Denkmal.“ Andreas Panter, der Leiter der Abteilung Denkmalschutz in Esslingen, verweist auf die Brüche in der Stadt: „Die Brüche sind kein Durcheinander, sondern etwas, das die Kommunikation der Menschen untereinander fördert.“
David Nonnenmann wird das Programm der kürzlich in Esslingen gegründeten Jugendbauhütte vorstellen, deren Leiter er ist. Hochwachtstipendiatin Friderike Fischer stellt ihre Forschungsergebnisse zu mittelalterlichen Wandmalereien in Esslingen vor. Die Kinderbiennale bietet Führungen für Kinder an. Im vor der Modernisierung stehenden Bebenhäuser Pfleghof zeigen die Denkmalpfleger die Bausubstanz anhand der jüngsten Untersuchungsergebnisse auf.
Insgesamt enthält das Esslinger Programm vier Stadtrundgänge, 29 Objektrundgänge, zwei Kinderführungen sowie 18 weitere Kulturangebote. Rund 200 Ehrenamtliche gestalten den Tag mit. Für neun der Programmpunkte ist eine Anmeldung erforderlich. Die kostenlosen Karten gibt es erst am Sonntag ab 10 Uhr bei der Stadtinformation. Am Nachmittag können die Besucher vor dem Alten Rathaus zudem die Konzerte im Rahmen des zweiten Esslinger Glockenspielfestivals genießen.
100 Jahre Bauhaus
Einen Schwerpunkt der Aktionen in Kirchheim bildet das Jubiläum „100 Jahre Bauhaus“, etwa im Vortrag von Barbara Honecker im Rathaus (15 Uhr). Ebenfalls im Rathaus wird anhand von historischen Postkarten und Gemälden sowie aktuellen Fotos die Entwicklung der Stadt nachgezeichnet. Bei einer Fotoaktion kann man sich vor historischer Kulisse ablichten lassen; daraus werden Postkarten erstellt, die an Bilder aus Großmutters Fotoalbum erinnern. Bei einer Fotoexkursion mit Claus Jahn wird das vielseitige architektonische Flair der Stadt eingefangen.
Ab 14 Uhr wird drei Stunden lang der Zugang zum Rathausturm gewährt. Mit ähnlich guter Aussicht lockt der Turm der Kirchheimer Martinskirche, auch gibt es Führungen zu „200 Details“ der Kirche. Zwischen 14 und 17 Uhr zeigt der Verein Historische Dampftechnik Kirchheim in der Boschstraße zwei Dampfpflug-Lokomobile aus dem Jahr 1909 und eine Dampfstraßenwalze von 1934. Für Kinder werden „Bauhaus-Basteln“ und eine „Familien-Fachwerk-Rallye“ geboten. Abgerundet wird das Programm durch drei Stadtführungen. Anmeldungen sind für keine der Veranstaltungen in Kirchheim notwendig.
Auch andere Gemeinden öffnen ihre Schatztruhen: In Aichwald sind es die Kirchen, in Plochingen sind Führungen im Hundertwasserhaus unter dem Regenturm vorgesehen. In Lenningen sind Martinskirche und das Schlössle in Oberlenningen geöffnet. Im Schlössle gibt es neben spontanen Führungen und Einblicken in das Museum für Papier- und Buchkunst auch „alte moderne Musik“. Ostfildern stellt in einer Führung Denkmale im Stadtteil Ruit vor.
Auch Nürtingen widmet sich am Sonntag dem frühen Industriezeitalter und stellt das in den 1920er-Jahren erbaute Kraftwerk vor. Darüber hinaus stehen dort Führungen durch die Altstadt und das Museum, das älteste Haus Nürtingens, den Blockturm, die Laurentius-Kirche samt Bibliothek und Türmerwohnung auf dem Programm. bob/ch – Foto oben: Stadt Esslingen /Foto unten: bob
Info: www.tag-des-offenen- denkmals.de