250 Jahre Beethoven: Steven Walter, der Leiter des Esslinger Podium-Festivals und künftige Leiter des Beethovenfests in Bonn, im Gespräch mit dem Wochenblatt ECHO

In diesem Jahr jährt sich Ludwig van Beethovens Geburtstag zum 250. Mal. Für die Redaktion des Wochenblatts ECHO ist das Anlass, mit Steven Walter über den Komponisten zu sprechen. Der Macher des Podium-Festivals in Esslingen wird im nächsten Jahr Leiter des Beethovenfestivals in Bonn.
Herr Walter, nach vielen Jahren der Leitung des Podium-Festivals in Esslingen sind Sie ab dem nächsten Jahr Intendant des Beethovenfests in Bonn, als Nachfolger von Nike Wagner. Ist Beethoven Ihr Lieblingskomponist?
Walter: Lieblingskomponist kann man nicht sagen – ich habe keinen solchen, denn ich liebe sehr viel unterschiedliche Musik, und es kommt auch immer auf den Kontext an und was wir heute damit anstellen. Aber klar: Beethoven ist eine Ikone der klassischen Musik und ein unglaublich starker, ideenreicher, origineller Komponist.
Was hören Sie denn besonders gern?
Walter: Von Beethoven liebe ich – neben den Sinfonien natürlich – besonders die späten Streichquartette. Das ist himmlische Musik.
Was finden Sie faszinierend an Beethoven? Ist er auch als Mensch interessant?
Walter: Er war eine sehr faszinierende Person, und in seiner Biografie und letztlich auch in der Musik spiegelt sich die bewegte Epoche wider, die er durchlebt hat. Er kam aus einfachen Verhältnissen, hat sich hochgekämpft, war schon zu Lebzeiten eine umstrittene Figur, da er mit so viel Unbedingtheit sein Ding durchgezogen hat. Das ist sehr inspirierend, gerade auch für unsere Gegenwart.
Sie als Musiker nehmen natürlich Musik ganz anders war, aber wie kann man einem normalen Musikhörer das Werk Beethovens nahebringen?
Walter: Man muss nichts wissen – weder über Musik noch über Beethoven –, um seine Musik auf eine sehr körperliche und sinnliche Weise erleben zu können. Mein Job als Veranstalter und Kurator ist es, alle möglichen sozialen, ästhetischen und räumlichen Zugangsbarrieren zur Musik abzubauen. Wenn das gelingt, dann berührt die Musik in der Regel ganz von selbst. Und wenn sie das nicht tut, dann macht das nichts, dann ist nichts am Rezipienten falsch. Die Musik muss nicht jedem gefallen.
Wie kann man insbesondere junge Menschen für einen 250 Jahre alten Komponisten interessieren?
Walter: Siehe oben: alles abbauen, das zwischen der Musik und dieser Zielgruppe in ihrer heutigen Lebensrealität steht. Dann kann es zu echten Begegnungen zwischen jungen Ohren und der Musik kommen. Diese Begegnungen können dann gut oder nicht gut ausgehen – aber zumindest stand kein Klischee oder ein veraltetes Format, das nichts mit der Musik zu tun hat, im Weg.
„Ta Ta Ta Taaa“ – Teile von Beethovens Werk kennt jedes Kind, sie haben „Karriere“ gemacht. Was ist denn so zeitlos und aktuell daran?
Walter: Beethoven hat absolut ikonische musikalische Motive geprägt. Diese musikalische Prägnanz verstand er wie kaum ein anderer. Natürlich wurden diese dann auch in der langen Rezeptionsgeschichte nach seinem Tod fortgesponnen, mit allem möglichen vermischt, und sie haben sich gewissermaßen verselbstständigt. Die Musik wurde gewissermaßen zum Allgemeingut, sozusagen zu Pop.
Stimmt es, dass Beethoven sogar die Länge einer CD beeinflusst hat? Damit man die 9. Sinfonie am Stück hören konnte?
Walter: Ja, das war wohl so: Als man die CD normiert hat, wollte der Chef von Sony, dass Beethovens 9. Sinfonie ganz draufpasst. Deswegen ist die CD so lang und so groß, wie sie ist.
Herr Walter, als Leiter des Podium-Festivals in Esslingen sind Sie auch für das über mehrere Jahre laufende Projekt #bebeethoven verantwortlich. Werden wir davon etwas hören und sehen im Herbst?
Walter: Ja. Wir freuen uns sehr, dass wir im Zeitraum 6. bis 15. Oktober das Podium-Festival nachholen können. Darin präsentieren wir die Ergebnisse des Fellowship-Programms #bebeethoven. Wegen der geltenden Hygiene- und Abstandsvorschriften werden wir leider sehr begrenzte Publikumskapazitäten haben, wollen aber einige Formate auch digital übertragen. bob
Info: Das Podium-Festival und das Jazz-Festival Esslingen schließen sich im Oktober unter dem Motto Esslinger Festival-Herbst zusammen (mehr unter www.podium-esslingen.de).
9. Sinfonie ist Weltkulturerbe
Ludwig van Beethoven wurde in Bonn geboren, als genaues Datum steht nur sein Taufdatum am 17. Dezember 1770 fest. Er starb am 26. März 1827 in Wien. Der Komponist und Pianist führte die Wiener Klassik zu ihrer höchsten Entwicklung und bereitete der Musik der Romantik den Weg. Beethoven gilt als einer der bedeutendsten Komponisten schlechthin – und das, obwohl er in den letzten Jahren seines Lebens an Taubheit litt.
Zunächst machte sich Beethoven als Klaviervirtuose einen Namen. Zu seinen Stärken gehörte das freie Improvisieren und Fantasieren auf dem Instrument. Nach dem Umzug von Bonn nach Wien führte ihn sein Talent in die höchsten gesellschaftlichen Kreise der habsburgischen Metropole. Ein Gehörleiden, das sich im Laufe der Zeit zur fast völligen Taubheit verschlimmerte, setzte seiner Karriere als Pianist ein vorzeitiges Ende. Mit der Verschlechterung seines Gehörs setzte er mehr und mehr aufs Komponieren. Aus seinem umfangreichen konzertanten Werk stechen insbesondere die neun Sinfonien und seine Klavierwerke hervor, speziell die fünf Klavierkonzerte und 32 Klaviersonaten. Daneben schuf er ein Violinkonzert, die Oper Fidelio, die Missa solemnis sowie eine Vielzahl kammermusikalischer Werke. Seine 9. Sinfonie gehört als erstes Musikstück zum Weltkulturerbe.
Am 20. August 1977 brach die Sonde „Voyager II“ auf ihre Reise durch das Sonnensystem auf. Sie transportierte eine „Golden Record“ mit den Daten der Menschheit an den Rand des Sonnensystems, um unser kulturelles Erbe potenziellen außerirdischen Lebensformen vorzustellen. Mit dabei: zwei Stücke von Ludwig van Beethoven.
Im Übrigen soll Beethoven der Mensch sein, nach dem die meisten Straßen auf der ganzen Welt benannt sind. wiki/bob, foto: dpa