Der Grünpfeil könnte aussterben

Das schlichte Verkehrszeichen entpuppt sich vielerorts als Gefahrenquelle – Nicht so in Kirchheim

Kirchheim/Teck: Grünpfeil an der Kreuzung Stuttgarter-/Friedrichstraße.

Zur Verbesserung der Ausfahrt von Rechtsabbiegern aus der Friedrichstraße in die Stuttgarter Straße in Kirchheim wurde an der Ampelanlage jetzt ein Grünpfeil montiert – das nunmehr achte Verkehrsschild dieser Art im Stadtgebiet. Und damit unterscheidet sich das rund 40 000 Einwohnerinnen und Einwohner zählende Städtchen am Fuße der Teck von vielen anderen Kommunen im Landkreis Esslingen: Denn während Kirchheim sukzessive weitere Kreuzungen mit Grünpfeilen ausstattet, wird das kleine Zusatzschild anderswo nach und nach wieder abgeschraubt – aus Verkehrssicherheitsgründen, wie es in den entsprechenden Gemeinden heißt. Denn der Grünpfeil birgt durchaus Konfliktpotenzial.
Schild stört Verkehr eher
An Straßenkreuzungen mit dem grünen Pfeil auf schwarzem Grund dürfen Kraftfahrer auch bei roter Ampel rechts abbiegen. Diese Regelung ist ein Relikt der untergegangenen DDR, das sich in den 1990er Jahren ins wiedervereinte Deutschland hinüberretten konnte.
Als Verkehrszeichen 720 machte das simple Schild im gesamten Bundesgebiet schnell Karriere, rund 5000 Stück solcher Pfeile soll es einmal zwischen Binz und Baden-Baden gegeben haben. Doch die anfängliche Euphorie wich bald einer Ernüchterung: Diverse Studien kamen zu dem Schluss, dass der Grünpfeil keine nennenswerten Vorteile im Verkehrsablauf bringt, wohl aber zu Behinderungen von Fußgängern und Radfahren-den führt. Daraufhin haben viele Kommunen das Verkehrszeichen wieder aus dem Verkehr gezogen.
In Stuttgart beispielsweise gibt es nach Angaben der Stadt aktuell noch 20 Schilder – und dabei waren es schon einmal mehr. 2003 seien sechs Schilder „nach dem Auftreten von Sicherheitsproblemen“ wieder demontiert worden, sagt der Sprecher der Verwaltung, Martin Thronberens.
In Ostfildern hat man ähnliche Erfahrungen gemacht: Im Stadtteil Scharnhausen, an der Einmündung der Nagelstraße in die Plieninger Straße beispielsweise, wurde schon vor Jahren das Schild entfernt, denn die Stelle sei ein Unfallschwerpunkt gewesen, sagt Stadtsprecher Dominique Wehrle. Jetzt gebe es noch zwei Grünpfeile, weitere seien nicht geplant, „weil sie wegen der heutigen Ampeltechnik nicht mehr gebraucht werden“.
In Leinfelden-Echterdingen wurde ein Grünpfeil „nach der Optimierung des Signalprogramms“ wieder abgeschraubt, informiert Stadtsprecher Sven Buchmaier. Die Technik sei dem Grünpfeil deutlich überlegen, heißt es im Rathaus. Deshalb bleibe es bei einem einzigen Schild im Stadtgebiet. Von weiteren Grünpfeilen nehme die Verwaltung Abstand, denn die Regelung werde „sehr oft von den Verkehrsteilnehmern nicht korrekt beachtet“, räumt Sven Buchmaier ein. In Filderstadt sei der einzige Grünpfeil 2009 – nach gerade einmal sechs Jahren – „aufgrund der Unfallhäufigkeit“ abgebaut worden, berichtet Jan-Stefan Blessing, der Leiter des Ordnungsamtes. An jener Kreuzung in Flughafennähe gebe es jetzt eine „Vollsignalisierung“. Aus gutem Grund: Die heutigen Verkehrsmengen würden die Installation eines Grünpfeils nach Blessings Einschätzung einfach nicht mehr zulassen. Die Regelung stamme aus Zeiten, in denen es deutlich weniger Autos gab.
In Wernau ist laut der stellvertretenden Hauptamtsleiterin Sylvia Schmid von einst zwei installierten Schildern nur noch eins übrig geblieben. 2011 kam der Grünpfeil an einer innerstädtischen Kreuzung weg. Auch hier war die Unfallhäufigkeit ausschlaggebend für die Demontage.
In Nürtingen gibt es seit Jahren an sieben Kreuzungen eine Grünpfeilregelung. Bislang sei noch kein einziges Schild abgeschraubt worden, sagt Clint Metzger, der Sprecher der Stadtverwaltung. Aber es würden auch keine weiteren Schilder hinzukommen, räumt er ein.
Zwar habe man 2019 sechs weitere Einmündungen im Stadtgebiet dahingehend überprüft, ob dort zusätzlich ein Grünpfeil möglich wäre. Doch „alle mussten aus Verkehrssicherheitsgründen abgelehnt werden“, erläutert Metzger.
Gute Erfahrungen in Kirchheim
In Kirchheim indes habe man mit dem Grünpfeil „an allen Standorten im Stadtgebiet durchweg positive Erfahrungen gemacht“, erklärt Robert Berndt, der Sprecher der Stadtverwaltung. An keiner der bis dato sieben mit dem Schild ausgestatteten Kreuzungen habe man eine Häufung von Unfällen festgestellt.
Die Statistik habe man natürlich im Blick. Und wenn nötig, würde man den Grünpfeil auch wieder entfernen. Doch die Kirchheimer Autofahrerinnen und Autofahrer sind offenbar aufmerksamer als der Rest der Republik: „Unsere bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Regelung sehr gut funktioniert und den Verkehrsteilnehmern keine Schwierigkeiten bereitet“, sagt Berndt.
So verwundert es nicht, dass die Teckstadt auch schon einen Grünpfeil ausschließlich für Radfahrer, der vor zwei Jahren offiziell als neues Verkehrszeichen in die Straßenverkehrsordnung der Bundesrepublik aufgenommen wurde, an einer Kreuzung montiert hat. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es grüne Pfeile für Radler an weiteren Stellen im Stadtgebiet geben wird, heißt es im Kirchheimer Rathaus.

eh / Foto: Horst Rudel


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