Plochingens Nachbarkommunen beteiligen sich mit gut fünf Millionen Euro an den Kosten für den Gymnasium-Neubau

Letzten Endes war es eine Sache der Vernunft und des interkommunalen Friedens, der kurz vor Weihnachten wieder eingekehrt ist: Altbach, Deizisau, Hochdorf, Lichtenwald, Reichenbach und Wernau lassen – nach teilweise hauchdünnen Mehrheiten in ihren Gremien – knapp 5,1 Millionen Euro an die Stadt Plochingen überweisen. Sie beteiligen sich damit an dem auf 12,2 Millionen Euro angesetzten Erweiterungsbau des Plochinger Gymnasiums. Das ist mit 1300 Schülerinnen und Schülern eines der größten im Land. Und die einzige G8/G9-Modellschule im Landkreis. Die 45 Millionen schwere Generalsanierung des Gebäudeensembles muss die Stadt Plochingen indessen abzüglich eines Bundeszuschusses von 7,7 Millionen Euro alleine zahlen. Und auf die Stadt rollt eine Kostensteigerung für das Gesamtprojekt von knapp zehn Millionen Euro zu.
Die Einigung in dem Schulstreit über die Nachbarbeteiligung an den Bauarbeiten für das beliebte Gymnasium, bei dem rund 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht aus Plochingen selbst kommen, haben die Bürgermeister der betroffenen Kommunen vergangene Woche gemeinsam mitgeteilt. Sie folgten einem Kompromissvorschlag von Landrat Heinz Eininger, der sich dabei an einer freiwilligen Beteiligung der Kommunen beim Bau des sogenannten Kupferbaus in den 1970er-Jahren orientiert hatte.
Vor zwei Jahren zur gleichen Zeit und am gleichen Ort – dem Wernauer Quadrium – war von friedlicher Weihnachtsstimmung noch nichts zu spüren. Mit Verve hatten die Bürgermeister die Forderungen der Stadt Plochingen zurückgewiesen, die nach der ersten schockierenden Kostenschätzung von 58,2 Millionen Euro für das Gesamtprojekt anfangs noch 26,4 Millionen Euro von den Nachbarn haben wollte. Nachdem die Stadt das Bauvorhaben abgespeckt hatte, wollte sie noch 16,6 Millionen aus der Nachbarschaft einsammeln. „Auch das haben wir zurückgewiesen“, so der Wernauer Bürgermeister Armin Elbl. Denn man hatte einen öffentlich-rechtlichen Vertrag entdeckt, der 1964 bei der Gründung des Plochinger Gymnasiums abgeschlossen worden war. Damals hätten sich die unterzeichnenden Kommunen verpflichtet, ihre Schüler nach Plochingen zu schicken, weil das mehr Zuschüsse für den Neubau dort brachte. Dabei hätten sowohl Wernau wie auch Reichenbach gerne ein eigenes Gymnasium gegründet. In diesem Vertrag sei aber auch fixiert, dass Bau und Unterhalt des Schulgebäudes allein Plochinger Sache sei. Erst 1968 sei die Nachbarbeteiligung bei der Sanierung von Schulbauten ins Schulgesetz aufgenommen worden, ergänzt der Reichenbacher Bürgermeister Bernhard Richter.
Der vermittelnde Landrat habe sich sehr stark davon leiten lassen, dass sich die Nachbargemeinden bei der Erweiterung des Plochinger Schulensembles 1977 beteiligt hatten, sagte Elbl. Demzufolge schlug Eininger vor, die Kommunen sollten sich wiederum am Neubau, nicht aber an der Sanierung beteiligen. Und so hat er von den angesetzten 12,2 Millionen Euro für den Neubau den Investitionszuschuss abgezogen und den Rest gemäß Schüleranteil auf die Kommunen verteilt. Bei den sechs Nachbarn blieben demzufolge insgesamt knapp 5,1 Millionen Euro hängen, Plochingen zahlt knapp 2,9 Millionen, mit den voraussichtlichen Kostensteigerungen dann 3,65 Millionen Euro. In der Vereinbarung steht auch, dass die Nachbarn in den nächsten 25 Jahren Ruhe vor Forderungen aus Plochingen haben.
Dieser Vorschlag machte die Runde durch die Gemeinderäte Plochingens und der Nachbarkommunen. Beide Seiten legen darauf Wert, dass sie ihre jeweiligen konträren Rechtspositionen aufrechterhalten. Elbl: „Das Angebot liegt zwar weit von den Plochinger Vorstellungen. Aber es ist ein Kraftakt für uns.“ Hätte man die Angelegenheit bis zum bitteren Ende vor Gericht durchgezogen, „hätte es nur Verlierer und sehr hohe Anwalts- und Gerichtskosten gegeben“. Massive Kritik übte die Runde jedoch am Land, das die Kommunen in solchen Konfliktfällen nicht gut begleite und Generalsanierungen nicht bezuschusse.
Die Kostenverteilung: Altbach 730 000 Euro, Deizisau 940 000 Euro, Hochdorf 740 000 Euro, Lichtenwald 375 000 Euro, Reichenbach 810 000 Euro, Wernau 1,5 Millionen Euro, Plochingen 2,9 Millionen Euro.
biz / Foto: Ines Rudel