Flächen an Bundes- und Landesstraßen können für Solarparks genutzt werden – Auch Standorte im Kreis Esslingen möglich

In Baden-Württemberg gibt es bislang kaum Solaranlagen entlang von Bundes- und Landesstraßen. Das soll sich ändern: Die Landesregierung stellt dafür insgesamt 260 mögliche Flächen bereit. Auch in der Region Stuttgart könnten schon bald etliche Photovoltaikmodule an zentralen Verkehrsachsen aufgebaut werden.
Im Landkreis Esslingen zum Beispiel hat das Land 15 potenzielle Standorte für Solarparks ausfindig gemacht. Diese liegen nach Angaben des Verkehrsministeriums an den zwei Bundesstraßen 312 und 313 sowie an drei Landesstraßen und betreffen die Gemeinden Ostfildern, Denkendorf, Wernau, Wendlingen, Köngen, Neckartenzlingen, Neckartailfingen und Aichtal.
Zum Großteil handelt es sich um bisher ungenutzte Flächen in den sogenannten Innenohren, gemeint sind damit die kreisrunden Areale an den Zu- und Abfahrten zur Schnellstraße. Aber auch etliche Lärmschutzwände und Straßenböschungen bieten sich für das Aufstellen von Solarpaneelen an. Die 15 möglichen Photovoltaikanlagen könnten nach Angaben einer Sprecherin des Verkehrsministeriums insgesamt rund 6,5 Gigawattstunden Ökostrom pro Jahr liefern. Fünf potenzielle Betreiber hätten Interesse an Flächen im Kreis Esslingen bekundet. Welche das sind, will man „aus Datenschutzgründen“ allerdings nicht sagen.
Außer in der Landeshauptstadt selbst, wo es aus Sicht des Landes keine geeigneten Flächen gibt, könnten im Ballungsraum Stuttgart zahlreiche Solarparks am Straßenrand entstehen. Fündig wurde man nämlich auch im Rems-Murr-Kreis (30 Flächen, vorwiegend an der B 14 und der B 29), im Kreis Böblingen (14 Flächen entlang der Bundesstraßen 14, 28 und 464) sowie im Kreis Ludwigsburg (zwei Flächen, eine davon an der B 27).
Insgesamt hat das Land 260 potenzielle Standorte für Solarparks lokalisiert. Die meisten liegen im Regierungsbezirk Stuttgart (85), gefolgt von den Regierungsbezirken Karlsruhe (74), Tübingen (71) und Freiburg (26). „Wenn alle Flächen genutzt werden, liegt der mögliche Jahresertrag auf diesen Flächen bei rund 122 Gigawattstunden“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bei der Vorstellung der Ergebnisse des Interessenbekundungsverfahrens. Das entspreche dem Jahresverbrauch von rund 35 000 Drei-Personen-Haushalten.
Doch ob die Freiflächenanlagen tatsächlich alle errichtet werden, ist noch unklar. Die Landesregierung hat zwar den Weg dafür geebnet, den Betreibern stehe es aber frei, ob sie ihre Projekte unter den vorgegebenen Bedingungen umsetzen wollen, heißt es aus dem Verkehrsministerium. Die Energieversorger hätten nun die Möglichkeit, auf die jeweilige Straßenbauverwaltung zuzugehen, um genauere Informationen zu den straßenbautechnischen und den rechtlichen Rahmenbedingungen zu erhalten. In den meisten Fällen braucht es vermutlich einen Bebauungsplan, um das Baurecht für eine Photovoltaikanlage zu schaffen.
Insbesondere Unternehmen waren im vergangenen Jahr aufgefordert, ihr Interesse zu signalisieren, wenn sie auf einer Fläche in der Nähe einer Bundes- oder Landesstraße ein Sonnenkraftwerk betreiben wollen. Der Aufruf des Landes stieß auf große Resonanz: 28 Betreiber meldeten insgesamt rund 650 Flächen zur Prüfung an, teilt das Verkehrsministerium mit. Doch nicht jedem Wunsch konnte entsprochen werden. Viele Flächen kommen nicht infrage, weil sie sich nicht im Eigentum von Bund oder Land befinden, weil ein Um- oder Ausbau ansteht oder Artenschutzgründe dagegensprechen. Im Kreis Esslingen beispielsweise erwies sich gut die Hälfte der angemeldeten 33 Flächen als ungeeignet für Solaranlagen, in den Kreisen Ludwigsburg, Böblingen und im Rems-Murr fielen insgesamt 27 Flächen durchs Raster.
Die knapp 260 möglichen Standorte sind laut Verkehrsminister Hermann „ein erster, aber wichtiger Schritt“. Weitere Solarparks am Straßenrand sollen folgen. Als Vorbild dafür könnten die „Lustnauer Ohren“ an der B 27 in Tübingen dienen. An den Zu- und Abfahrten haben die Stadtwerke 2880 Photovoltaikmodule auf zwei Innenohren aufgestellt. Kostenpunkt: rund 800 000 Euro. Der Solarpark ist im vergangenen Jahr ans Netz gegangen. Mit der jährlich erwarteten Strommenge von etwa 1157 Megawattstunden können rund 260 Vier-Personen-Haushalte mit Sonnenstrom versorgt werden.
eh / Foto: Manfred Grohe