Derzeit wird die Säge angesetzt

Im Wald ist im Winter Baumfällsaison – Wie wichtig der Rohstoff ist, zeigt die enorme Nachfrage nach Holz

Kurz bevor sich Steffen Grätsch hinter die Absperrung der Gefahrenzone begibt, versichert er sich per Funkgerät bei seinen Kollegen, ob das gerade möglich ist. Aus dem Gerät knistert eine schwer verständliche Antwort. Das heißt wohl: alles okay. Der 34 Jahre alte Förster leitet das Revier Lichtenwald. Kurz hinter der Barriere stellt er seinen Geländewagen ab und macht sich auf den Weg zu „seinen Forstwirten“. Die sind zurzeit damit beschäftigt, Bäume zu fällen. Der Winter ist Hochsaison. Es sei ein Problem, meint Grätsch, dass viele Spaziergänger sich nicht an die Absperrungen im Wald hielten. Nicht nur, weil es gefährlich ist, es erschwert den Arbeitern die Arbeit. „Es gibt nichts Schlimmeres, als einen Baum fällen zu wollen, und dann sieht man im letzten Moment, da kommt jemand.“
Zusammen mit seiner Begleiterin auf vier Pfoten, der Schwarzwildbracke Frieda, stapft der Förster durch den verschneiten Wald zwischen Reichenbach und Hegenlohe. Das Holzmachen hat derzeit besondere Bedeutung. Aus dem Holz, das die Männer schlagen, entstehen Tische, Kommoden, Dachlatten und Verpackungen. Ein Teil wird als Brennholz verkauft. Das ist momentan so beliebt wie nie.
„Der Bedarf ist seit einem Jahr extrem gestiegen“, sagt der 34-Jährige. Noch nie habe das landeseigene Unternehmen Forst BW, bei dem Grätsch angestellt ist, so viele Anfragen bekommen.

Kunden hamstern Brennholz
Der Grund für die hohe Nachfrage ist klar: die Energiekrise. Wer zu Hause einen Holzofen hat, nutzt lieber diesen und lässt die Heizung aus. Für Grätsch ist allerdings fraglich, ob man zu Hause wirklich so viel mehr Holz verbraucht, wie bestellt wird. Teilweise hätten Kunden statt der fünf Kubikmeter, die normalerweise anfallen, 20 Kubikmeter geordert. So viel mehr könne man in einem Jahr gar nicht verfeuern. Es werde gehamstert. „Diese Kunden kaufen jetzt vier Jahre lang nichts mehr bei mir“, meint er.
In der Ferne ist ein halbes Dutzend Forstwirte zu sehen. Wie Grätsch tragen sie zur besseren Sichtbarkeit knallorangene Kleidung, auf den Köpfen sitzen Schutzhelme. Zwar ist der 34-Jährige nicht mehr selbst an den Baumfällungen beteiligt, aber er sieht täglich nach seinen Mitarbeitern. „Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass sie arbeiten können“, meint der studierte Forstwirt. Er bereitet alles vor, kümmert sich um Ausstattung und Gehälter, typische Managementaufgaben eben. Regelmäßig ist er selbst im Wald unterwegs. Zum Beispiel, wenn er die gefällten Bäume aufnimmt. Dann trägt er mithilfe eines Tabletcomputers den Bestand in Formulare ein und markiert die Hölzer mit Sprühfarbe.
Die Holzsaison beginnt im Oktober. In der kalten Jahreszeit tragen viele Baumarten kein Laub mehr, sind dadurch etwas leichter. Außerdem ist der Boden härter – und dadurch besser zu befahren. Um die vier bis fünf Tonnen schweren Stämme aus dem Dickicht zu zerren, werden spezielle Schlepper eingesetzt. Diese Rückemaschinen, die wie eine Kreuzung aus Bagger und Traktor aussehen, haben einen Greifarm, mit dem sie den geschlagenen Baum packen und zum Weg befördern. Wenn es zu warm und matschig ist, haben die riesigen Räder keinen Halt. Trockene Kälte ist deshalb gut.
Ein speziell ausgebildeter Rücker stapelt mit der Maschine die Stämme zu Haufen, den Sortimenten. Sortiert werden sie nach Qualität und Kunden. So landen die oberen Astabschnitte, das Gipfelholz, in der Industrie, werden zu Papier verarbeitet oder als Brennholz verkauft. Sechs verschiedene Sortimente an Buchen sind an diesem Tag zum Abtransport vorbereitet worden.
Für Forstwirt Grätsch hat Holz eine besondere Bedeutung: „Mich fasziniert die Vielseitigkeit, das Verwendungsspektrum.“ Und das trifft auch auf seinen Job zu. „Ich kann in meinem Beruf selbst gestalten.“ Noch ist der Beruf des Forstwirts einer für Idealisten. Damit sich das ändert, müsse sich an der Bezahlung etwas tun, sagt Grätsch. Der Job ist körperlich anstrengend. Seine Kollegen und er sind Naturschützer, brauchen technische Fähigkeiten, und sie müssen sich mit Tieren und Pflanzen auskennen.

dcb / Foto: Roberto Bulgrin


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