In Lichtenwald streiten Gemeinderat und Bürgermeister – Räte wollen Rechte des Rathauschefs beschneiden

Im Lichtenwald herrscht erneut dicke Luft. Bereits seit einigen Monaten verlangt der Gemeinderat von Bürgermeister Ferdinand Rentschler, Beschlüsse zur Änderung der Hauptsatzung sowie zur Neugestaltung der Homepage umzusetzen. Doch der Verwaltungschef weigert sich – weil die Beschlüsse des Gremiums aus seiner Sicht nicht rechtmäßig sind. Bei dieser Einschätzung blieb Rentschler auch, nachdem die Kommunalaufsicht im Esslinger Landratsamt die Sichtweise der Gemeinderäte bestätigt hatte. Die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker blockieren nun im Gegenzug die Verabschiedung des Jahresabschlusses der Gemeinde. Der Streit ist festgefahren, neuerdings steht sogar eine Klage im Raum.
Im Kern geht es darum, dass der Gemeinderat die Handlungsspielräume des Bürgermeisters einschränken will. Auf Antrag zweier Fraktionen hatte das Gremium im Frühjahr beschlossen, dem Rathauschef nicht mehr zu erlauben, Vorkaufsrechte für Grundstücke in der Gemeinde bis zu einem Wert von 7500 Euro selbstständig auszuüben. Damit sollten derartige Geschäfte der Kontrolle durch den Rat unterworfen werden. Rentschler widersprach dem Beschluss formell mit dem Hinweis, dass es sich bei diesen Vorgängen um „Geschäfte der laufenden Verwaltung“ handle. Bis dato weigert er sich, den Beschluss umzusetzen.
Ein weiterer Streitpunkt hat weniger grundsätzlichen, dafür aber hohen symbolischen Charakter, weil er die Außendarstellung der Schurwaldgemeinde betrifft. Dabei geht es um den Internetauftritt der Kommune. Nach dem Willen der Räte sollte ein professionelles Büro mit der Entwicklung einer neuen Homepage beauftragt werden, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Dafür waren 40 000 Euro im Gemeindehaushalt reserviert. Auch gegen diesen Beschluss legte Rentschler Widerspruch ein. Die Verwaltung übertrug auf Betreiben des Bürgermeisters stattdessen einem gemeinnützigen Verein die Aufgabe, die Internetseite kostenlos zu gestalten und einzurichten. Den Rat informierte er darüber zunächst nicht. Rentschlers Vorgehen löste Befremden und schwere Verstimmungen aus, Ratsmitglieder sprachen von einer als „unkooperativ und provokativ“ empfundenen Amtsführung. Der Bürgermeister missachte das Gremium und sabotiere die ehrenamtliche Arbeit der Kommunalpolitiker.
Schließlich schalteten die Lichtenwalder Bürger-Liste und die Freien Unabhängigen Wähler die Kommunalaufsicht ein. Das Landratsamt positionierte sich klar: Beide Beschlüsse des Gremiums seien rechtmäßig und von der Verwaltung umzusetzen, die Widersprüche Rentschlers seien ohne Belang. Weil weiterhin nichts geschah, beschloss das Gremium in der September-Sitzung, dem Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2021 die Zustimmung so lange zu verweigern, bis die Beschlüsse umgesetzt sind. Rentschler erklärte daraufhin, die Kenntnisnahme des Jahresabschlusses mit anderen strittigen Punkten zu verknüpfen, sei „völlig sachfremd“. Da Verwaltung und Rechtsbeistand bezüglich der Beschlüsse „eine dezidiert gegenläufige Rechtsauffassung“ hätten, werde „das weitere rechtliche Vorgehen“ geprüft.
In der jüngsten Sitzung wurde die Kenntnisnahme des Haushaltsabschlusses erneut vertagt, denn Rentschler wiederholte, er sei „nicht bereit, die beiden Beschlüsse umzusetzen“. Auf eine Nachfrage aus dem Gremium erklärte er, die Verwaltung wolle „den Rechtsweg beschreiten“, denkbar sei „eine Feststellungsklage gegen den Gemeinderat“. Im Nachgang relativierte Rentschler: „Ob und in welcher Weise wir den Rechtsweg beschreiten, stimmen wir noch mit unserem Rechtsbeistand ab.“ Die Verwaltung bleibe bei ihrer Überzeugung, „dass Grundstücksgeschäfte kleinerer Art Geschäfte der laufenden Verwaltung sind, abhängig von Größe und Wert im Verhältnis zur Größe und Finanzkraft der Gemeinde“. Dies sehe auch der einschlägige Kommentar zur Gemeindeordnung so. „Wir teilen die Rechtseinschätzung des Landratsamts in der Sache nicht – zumal von dort die Widersprüche im Wesentlichen aus formalen Gründen zurückgewiesen wurden.“
pst / Foto: Peter Stotz