Der Biber fühlt sich im Landkreis trotz dichter Besiedlung wieder wohl – Scheue Vegetarier sind streng geschützt
Im 19. Jahrhundert war der Biber in Deutschland beinahe ausgerottet. In den vergangenen Jahrzehnten jedoch erholten sich die Bestände des streng geschützten Nagers. Schritt für Schritt kehrten die Tiere in ihre einstigen Lebensräume zurück. Auch im Landkreis Esslingen wurden in den vergangenen Jahren immer wieder vereinzelt Spuren gefunden. Dem Wildtierbeauftragten des Landkreises Sascha Richter liegen für dieses Jahr zwar keine gesicherten Hinweise vor, doch er ist davon überzeugt, dass sich der Biber in der Region zurückmelden wird.
Castor fiber, der Europäische Biber, war aus der Tierwelt in Deutschland im 19. Jahrhundert praktisch verschwunden. Seit dem Mittelalter wurde er stark bejagt, da ein päpstliches Edikt ihn aufgrund seiner Lebensweise zum Fisch erklärte und er so in der Fastenzeit gegessen werden durfte. Außerdem waren sein dichtes Fell und sein Drüsensekret, das sogenannte Bibergeil, begehrt, dem Heilkräfte zugeschrieben waren. Flussbegradigungen und die Trockenlegung von Auwäldern verdrängten ihn zudem aus seinem Lebensraum.
Doch der Biber ist zurück. In vielen Regionen Deutschlands, darunter auch in Bayern und in Oberschwaben, haben die Bestände dank eines strengen Artenschutzes stark zugenommen. Mancherorts gibt es bereits Klagen über unterhöhlte oder überflutete Ufergrundstücke, beschädigte Dämme und gefällte Bäume, Rufe nach einer Freigabe der Jagd auf Biber wurden laut.
Auch im Landkreis Esslingen waren in den vergangenen Jahren einige Biber unterwegs. Sascha Richter, der Wildtierbeauftragte des Landkreises, und Helfer des Nabu-Kreisverbands hatten im vergangenen Jahr Spuren an der Aich, am Röhmsee bei Unterensingen und im Naturschutzgebiet an den Wernauer Baggerseen gefunden.
Gesehen hat die Biber im Landkreis allerdings bislang noch niemand. Das größte europäische Nagetier kann ausgewachsen zwar bis zu 1,3 Meter lang werden und bis zu 30 Kilo auf die Waage bringen, doch die Vegetarier sind extrem scheu und zudem nur in der Dämmerung oder nachts aktiv. Biber leben in Höhlen in den Uferböschungen, die Eingänge liegen unter der Wasserlinie. Ihren Ruf als gute Baumeister verdanken die Biber ihrer Fähigkeit, mit gefällten Bäumen in Zeiten niedrigen Wasserstands in Bächen Staudämme zu errichten, um ausreichend tiefe Stellen zu erhalten. Die Dämme werden zudem so konstruiert, dass die Tiere den Wasserstand nach Bedarf regulieren können.
Nach Richters Vermutung wanderten die Tiere, die sich im Landkreis ansiedeln, nach und nach von der Donau her über das Quellgebiet des Neckars flussabwärts. „Der Landkreis ist zwar sehr dicht besiedelt, aber er bietet dem Biber durchaus Lebensräume, in denen er sich wohl fühlt“, sagt Richter. So bevorzuge das Tier abgelegene und ruhig fließende, möglichst tiefe Bäche oder abgeschiedene Auenlandschaften ohne menschliche Störungen. Wenn man dem Biber diese Lebensräume lasse, gebe es auch keine Konflikte mit der Landwirtschaft. „Mir ist bisher auch nichts bekannt geworden. Wir haben eine friedliche Koexistenz im Landkreis“, sagt Richter. Er hoffe auch, dass das so bleibt. „Wir wollen abwarten, wie viele Biber sich tatsächlich dauerhaft im Landkreis niederlassen. Die starke Besiedlung ist ausschlaggebend, dass der Biber bei uns wohl nicht sehr häufig vorkommen wird. Jedenfalls bereichert er die Artenvielfalt und es ist sehr schön, dass ein geschütztes Tier wieder da ist“, sagt Sascha Richter. pst / Foto: dpa