Trockene Wärme und keine Schädlinge: Wengerter erwarten guten Jahrgang
Die Weinlese im Landkreis Esslingen hat begonnen – früher als gewöhnlich. Der Grund für die frühe Reife der Trauben ist der warme, sonnenreiche Sommer. Mancher Winzer erwartet gar einen Superjahrgang.
Mitte September sind die Weingärtner der Genossenschaft Hohenneuffen-Teck in die Lese gestartet. Acolon, Regent, Portugieser, Dornfelder, Müller-Thurgau und Schwarzriesling waren als Erste an der Reihe. Mit Spätburgunder und Silvaner geht es derzeit weiter. Bis Ende dieser Woche wird noch gelesen, schätzt Christine Anhut, die Geschäftsführerin der Weingärtnergenossenschaft. Dann haben die Trauben noch einmal einen Schub Sonnenwärme abbekommen. „Es macht riesigen Spaß“, sagt Anhut. „Das Wetter ist toll, wir haben durchweg gesunde Trauben und vor allem keinen Schädlingsbefall.“ In diesem Jahr sind die Weinbauern weitgehend von der Kirschessigfliege verschont geblieben. „Sie ist zwar da“, sagt Anhut, „spielt aber keine Rolle.“ Großen Anteil daran hätten die hohen Temperaturen, die die Vermehrung der Fliege lähmten, aber auch Maßnahmen der Wengerter wie das Freischneiden der Trauben. Anhut und ihre Kollegen freuen sich auf gehaltvolle Weine: Schwarzriesling schlägt mit 90, Spätburgunder zuweilen mit mehr als 100 Oechslegraden zu Buche. „Dreistellige Oechslegrade sehen wir nicht allzu oft“, sagt sie und fühlt sich an den Sommer 2003 erinnert, der ähnlich heiß und trocken war.
In den Esslinger Weinbergen hängen auch nicht mehr viele Trauben. Seit fast vier Wochen lesen die Wengerter – es soll noch einige Tage weitergehen. Albrecht Sohn, der Vorstandsvorsitzende der Esslinger Weingärtnergenossenschaft, ist angesichts der Oechslegradzahlen von 105 bei den roten Trauben bester Stimmung. „2015 ist ein klassisches Rotweinjahr“, sagt Sohn. Noch hängen Spätburgunder und Trollinger. Sie profitieren von warmen Tagen und kalten Nächten. Vor allem in den Steillagen sieht Sohn bei Trollinger, Lemberger, Merlot, Cabernet Sauvignon und Spätburgunder „hervorragende Qualitäten“ heranwachsen. Die Weißweine würden nicht so stark vom warmen Sommer leben. „Ein etwas kühlerer und nasserer Sommer wie der von 2013 ist eher etwas für Weißweine“, erinnert sich Sohn und findet es genau richtig, „dass man den Jahrgang auch im Glas schmeckt.“ Im Jahr 2015 hat es wenig geregnet. Es gibt dadurch zwar viele, aber kleine Trauben, die dafür umso gehaltvoller sind. Die fehlende Nässe könnte jedoch im Winter Probleme bereiten, denn Böden brauchen Wasser zum Einlagern der Nährstoffe. „Der Weinbau profitiert insgesamt von der Klimaerwärmung“, sagt Sohn mit einem Blick auf die vergangenen 20 Jahre. Haben die Esslinger Weingärtner früher weiße Trauben in die Steillagen gehängt, um einen ordentlichen Weißwein zu bekommen, ist es den hellen Früchten dort mittlerweile zu warm. Jetzt wachsen dort rote Weine. bob / Foto: dpa
Info: www.weingaertner-neuffen.de, www.weingaertner-esslingen.de