Düsterer Blick auf Finanzlage

Die Stadt Esslingen muss heftig sparen – Bürgermeister Ingo Rust schwört auf schwierige Zeiten ein

Der Esslinger Finanzbürgermeister Ingo Rust schlägt Alarm: Rückläufige Einnahmen, steigende Kosten und unkalkulierbare Aufwendungen durch Corona und Ukraine-Krieg machen der Stadt zu schaffen. Deshalb führt für Rust an einem konsequenten Sparkurs kein Weg vorbei. In einer Brandrede hat er Gemeinderat und Bürgerschaft nun auf harte Zeiten eingestimmt. Seine Botschaft ist eindeutig: „Es geht nicht mehr um ein bisschen Kosmetik. Es geht um den kompletten Haushalt.“ Ein Kraftakt stehe bevor, wie ihn Esslingen in der Nachkriegszeit noch nicht gesehen habe. Die Tiefe der Einschnitte werde zunehmen.
Erste Schritte zur Haushaltskonsolidierung hatten Gemeinderat und Verwaltung noch in der Ära Zieger auf den Weg gebracht. Rust machte jedoch deutlich, dass die bisher angepeilten Einsparungen von zunächst fünf Millionen Euro nicht ausreichen werden, um den Stadtsäckel dau­erhaft ins Lot zu bringen. Und auch die nächsten beiden Stufen von jeweils weiteren zwei Millionen Euro, die den Haushalt bis Ende 2026 um insgesamt neun Millionen Euro entlasten sollen, seien noch nicht das Ende der Fahnenstange. „Seither hat sich die Welt in einer Massivität verändert, wie wir es seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben“, so Rust. Es werde ein Paradigmenwechsel benötigt.
Rust skizzierte eine ganze Reihe von Faktoren, die den finanziellen Horizont verdüstert haben – allen voran der Ukraine-Krieg, der rund 2000 Flüchtlinge in die Stadt gebracht und die Konjunktur eingetrübt hat. So gab es Zeiten, da die Stadt mehr als 100 Millionen Euro an Gewerbesteuern verbucht hatte – zuletzt ging man nur noch von drei Viertel dieser Summe aus. „Kommen wir jetzt in eine Rezession, müssen wir unsere Zahlen nochmals nach unten korrigieren und stehen womöglich nur noch mit gut der Hälfte unserer früheren Gewerbesteuereinnahmen da“, so der Dezernent. Und das in einer Zeit, in der die Inflation auch bei den kommunalen Ausgaben bereits Wirkung zeige – bis hin zu den Personalkosten.
Schon vor der Ukraine-Krise habe die Stadt geplant, ihre Verschuldung für anstehende Investitionen auf über 120 Millionen Euro zu verdoppeln. Angesichts explodierender Baupreise werde das nicht mehr ausreichen. So soll der Neubau der Zollberg-Realschule 19 Millionen Euro mehr kosten, die neue Realschule Pliensauvorstadt fünf Millionen extra, die Sanierung des Merkelbads drei Millionen, bei der neuen Stadtbücherei werden zusätzliche 37 Millionen Euro geschätzt. All das werde außerdem höhere Abschreibungen nach sich ziehen. Mit Blick auf explodierende Energiekosten fordert der Finanzbürgermeister, dass die Strom- und die Gaspreisbremse nun auch für Kommunen und ihre Einrichtungen gelten müsse.
Oberstes Ziel muss nach Rusts Worten ein genehmigungsfähiger Haushalt sein. Andernfalls könne das Regierungspräsidium „auf eine andauernde Haushaltssperre bestehen“, mit der keine Investition neu begonnen werden dürfe. Im Blick hat Rust nicht die Pflichtaufgaben, die die Kommune zuverlässig erledigen müsse, sondern „Leistungen, die wir auf hohem Niveau freiwillig tun, die wir im Auftrag anderer tun, obwohl wir keine volle Kostenerstattung bekommen, oder die wir einfach für andere erledigen, ohne dafür zuständig zu sein“. Rust denkt beim Verzicht an Dinge, „an die sich die Esslingerinnen und Esslinger gewöhnt haben, die man vielleicht lieb gewonnen hat“.
Den Gemeinderat forderte der oberste Hüter der städtischen Finanzen zu Mut und Gemeinsamkeit auf – „auch wenn einzelne Lobbygruppen anderer Meinung sind. Als Stadträtinnen und Stadträte sind Sie dem Gesamtwohl der Stadt verpflichtet.“ Es gehe um alle Einwohnerinnen und Einwohner.

adi / Foto: Roberto Bulgrin


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