Die Erntebilanz der Landwirte ist so durchwachsen wie das Wetter war
Manche mögen’s nass: Den Karotten ging es dieses Jahr gut, auch der Salat hat sich wohlgefühlt und rote Johannisbeeren gediehen ganz prächtig. Bei Kartoffeln oder Getreide sah es allerdings anders aus – sie haben wie andere Ackerfrüchte unter dem Wetter gelitten. Die meisten Landwirte haben leicht unterdurchschnittliche Erträge zu verzeichnen.
Dass Frühjahr und Sommer erst sehr spät kamen, hat jeder gespürt. Draußen im Freiland sei es lange zu nass und zu kühl gewesen, drinnen im Gewächshaus zu dunkel, erzählt Christof Clauss. Er baut auf seinem Gemüsehof in der Esslinger Pliensauvorstadt verschiedene Kräuter und Tomaten an. „Da hatten wir leicht unterdurchschnittliche Erträge dieses Jahr“, sagt er. Zwar haben die Tomaten später noch angezogen, aber ganz auffangen ließ sich der zögerliche Start nicht. Jetzt hofft das Ehepaar Clauss, dass die Herbstkulturen, wie zum Beispiel Ackersalat, gut gedeihen.
Kleine Getreidekörner, kleine Kartoffeln: An zu wenig Wasser kann das dieses Jahr nicht gelegen haben. Auch hier waren es wie im Gewächshaus oder unter Folie Licht und Sonne, die zeitweise fehlten. Das schwächt die Pflanzen und damit auch den Ertrag. Die Kartoffeln hätten am Anfang im Wasser gestanden und zu wenig Luft bekommen, berichtet Folke Skrna vom Baiersbachhof in Aichtal. Außerdem bekämen sie von der Nässe schnell Blattfäule und in der Folge nur recht kleine Knollen. Die Einbußen beim Getreide schätzt Skrna auf 20 bis 25 Prozent. Die Qualität, die sich im Proteinanteil bemisst, sei aber gut. Vielleicht könne man ja ein bisschen Proteinfutter einsparen, meint er, denn auf dem Baiersbachhof wird das angebaute Getreide an die vielen verschiedenen Tiere, vom Milchvieh über Schweine bis zu den Hühnern, verfüttert. Anders als im sehr trockenen Vorjahr hatten Viehhalter diesen Sommer auch keine Probleme, ausreichend Grünfutter einzubringen: Das Gras wuchs gut.
Bauern, die ihr Getreide verkaufen, hatten nicht viel von der guten Qualität. „Die Preise sind sowieso im Keller“, sagt Winfried Groner vom Lobenroter Hof in Aichwald. Das Angebot sei derzeit einfach weltweit groß. Die „Schmachtkörner“ beim Getreide hat er deutlich am Ertrag gespürt. Dagegen haben die Erdbeeren, die es auf dem Lobenroter Hof wie andere Beeren auch zum Selbstpflücken gibt, das nasse Wetter ganz gut verkraftet. Sie mussten, anders als in den Vorjahren, heuer auch nicht zusätzlich gegossen werden. Richtig gut wuchsen die roten Johannisbeeren. Davon habe man „einige Hundert Schalen auf den Großmarkt gebracht“, erzählt Groner, bei dem derzeit die letzten Herbst-Himbeeren geerntet werden.
Auch Apfel-Fans kommen 2016 auf ihre Kosten. Als „super“ stuft Jonathan Gruel, der Junior vom Gruel-Hof in Owen, die Ernte ein. Im Frühjahr habe man wegen des nassen Wetters befürchtet, „dass die Bienen nicht fliegen und die Ernte schlecht wird – aber das war zum Glück kein Problem“, berichtet er. Tafeläpfel gebe es reichlich und in guter Qualität, sagt Jonathan Gruel. Auf den Streuobstwiesen, die der Biolandhof bewirtschaftet und unter anderem für Saft aberntet, hat er an manchen Äpfeln Sonnenbrand festgestellt. Das bietet Angriffspunkte für Fäulnis, dafür sei die Menge beachtlich, wie man bei jedem Spaziergang sehen könne.
In den Zwetschgen nistete sich zwar die Essigfliege ein, die Schäden blieben aber überschaubar – der Schädling war wegen der Temperaturen zu spät dran, um noch volle Aktivität zu entfalten. Dem Salat gefiel die Nässe gut, den Karotten auch: Gruel zieht ein Büschel dicker, orangefarbener Wurzeln aus dem Boden. Nur die etwas krummen Spitzen weisen darauf hin, dass die Gelben Rüben am Ende Mühe hatten, sich in die Erde zu bohren – da war sie dann trocken und hart. Bei der Kartoffelernte habe man teilweise sogar nachts gewässert, berichtet der Jung-Landwirt. Denn der trockene Boden zerfiel bei der Ernte mit der Maschine in große, scharfkantige Brocken, die teils die Kartoffelschalen aufrissen. Dennoch ist Gruel mit der Kartoffelernte zufrieden, und selbst beim Weizen hat auf dem Owener Hof der Ertrag über dem vom Vorjahr gelegen. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Familie, die seit 40 Jahren nach Bioland-Kriterien wirtschaftet, gezielt mit verschiedenen Weizensorten experimentiert. Trotzdem hat auch sie Ausfälle zu verzeichnen, insbesondere bei ihren Teck-Linsen: „Die Menge war nicht optimal, denen war es zu nass.“ aia
Fotos: aia