Volkshochschule wird 100 Jahre alt – Auch Esslinger Bildungseinrichtung wurde 1919 gegründet

Die Institution Volkshochschule (VHS) feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Als basisdemokratische Einrichtung nach dem Ersten Weltkrieg als Instanz der Volksbildung gegründet, sind die Volkshochschulen in der Bildungslandschaft nicht mehr wegzudenken. Die Esslinger Volkshochschule gehört zu den ältesten in Deutschland. Sie wurde 1919 gegründet. Das Thema behandelt die VHS in Esslingen mit einer Vernissage und einem Vortrag am Mittwoch, 13. März.
Um 18.30 Uhr eröffnet Esslingens Oberbürgermeister Jürgen Zieger am 13. März das Programm mit einer Begrüßungsrede. Anschließend spricht Gudrun Kruip von der Theodor-Heuss-Stiftung zum Thema „Was Frauen stark macht“. Ab 19.30 Uhr wird das Projekt „100 Jahre Frauenwahlrecht und 100 Jahre VHS – eine Spurensuche“ der Frauengeschichtswerkstatt Esslingen vorgestellt. Ab 20 Uhr ist ein Rundgang durch die Ausstellung vorgesehen.
Die Esslinger VHS ist eine der ältesten in Deutschland. Sie entstand wie die in Stuttgart, Ulm, Reutlingen und Heilbronn im Jahr 1919. Die ersten Kurse liefen ab Dezember 1919, meist in der Maschinenbauschule, später in anderen Schulen und im Lehrerseminar. Die ersten Dozenten waren Lehrer, Kunstmaler, Pfarrer. Man beschäftigte sich mit dem Werk Goethes oder besuchte die „Erste Einführung in die Grunderscheinungen des menschlichen Seelenlebens“. Ein Lehrer der Waldorfschule sprach zu „Technik und Mathematik in ihren Beziehungen zu Kultur und Zivilisation“. Zehn Jahre später standen Sprachkurse und Fotografie sowie „Die Frauenfrage“ im Programm. Erwerbslosen wurden die Gebühren erlassen.
Die Volksbildung nach den Idealen der Weimarer Republik war den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. 1933 wurde die VHS aufgelöst. Nach dem Krieg startete die VHS wieder durch. Mit Fahrten, Führungen und Wochenendkursen gestaltete man das Programm zeitgemaß und bediente ab 1948 die ersten Außenstellen. Auch die Gründung der Jugendmusikschule geht auf die VHS zurück.
„Die Volkshochschule, deren institutionelle Geschichte mit der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 beginnt, ist ein Kind der Aufklärung. Ihre politische Ausprägung ist die Demokratie“, sagt der Direktor des Verbands der Volkshochschulen Baden-Württemberg, Hermann Huba, zur Stellung der Volkshochschulen in der Gegenwart. Ihren Bildungsauftrag sieht er darin, Teilnehmende individuell zu einem selbstbestimmten Leben und gesellschaftlich zur Mitgestaltung einer solidarischen Demokratie zu befähigen.
Der Verband zählt 169 Mitglieder. Kürzlich ist die Agenda 2022 erschienen, die die Zukunftsfähigkeit der Volkshochschulen im Land über eine Zertifizierungspflicht sichern soll. Alle Volkshochschulen sollen bis spätestens 2022 die Vorgaben erfüllen.
Unter anderem geht es um die Sicherung aller Themenbereiche, umfassendes Weiterbildungsprogramm sowie die professionelle Leitung der Einrichtung. Für kleinere Volkshochschulen sind das große Herausforderungen, die nicht immer zu bewältigen sind. Zum Beispiel in Lichtenwald: Nach 15 Jahren der Selbstständigkeit kehrt die VHS Lichtenwald unter die Regie der VHS Esslingen zurück.
So gibt es im Kreis Esslingen die Volkshochschulen in den großen Kreisstädten Esslingen, Ostfildern, Leinfelden-Echterdingen, Filderstadt, Nürtingen und Kirchheim. Nur zwei kleinere Einrichtungen sind noch selbstständig: Aichwald und Baltmannsweiler. Dort werde derzeit nicht über eine Rückkehr nach Esslingen nachgedacht, heißt es. In Aichwald werden rund 2000 Unterrichtseinheiten aus allen Fachbereichen angeboten, in Baltmannsweiler sind es 111 Kurse und 1323 Unterrichtsstunden.
Der Baltmannsweiler Bürgermeister Simon Schmid spricht von der Zertifizierungspflicht als Herausforderung, die es anzunehmen gelte. Für die VHS-Leiterin in Aichwald, Delia Badilatti, ist die Aufgabe der Selbstständigkeit kein Thema, sie sieht den Vorteil der „Kleinen“ in der Nähe zu den Nutzern. bob/pst / Foto: bob