Ein Öfchen für den Körper

Ingwer ist Heilpflanze des Jahres – Wurzelwerk mit Potenzial – Indien ist Hauptproduzent – Pflanze hierzulande stark nachgefragt

  

Ingwer ist zur Heilpflanze des Jahres 2018 gekürt worden. Die Gewürzpflanze versteckt ihre Gesundheitskraft in ihrem Wurzelwerk. Und das hat es in sich.
Der Ingwer-Shot ist gerade sehr angesagt: Das ist ein Gläschen gepresster Ingwersaft, pur oder mit Zitrone und Honig genossen. Hollywoodstars und -sternchen mögen das und twittern darüber. Es halte fit, mache schön und töte Bakterien, heißt es. So ganz falsch ist das nicht: Denn Ingwer ist nicht nur ein Trendgewürz, das das Immunsystem in Schwung bringen soll. Die Knolle gilt als ein Multitalent in Sachen Gesundheit: Die Heilpflanze 2018 kann nicht nur die Verdauung ankurbeln, sondern wirkt unter anderem auch muskelentspannend und schmerzlindernd. In der alten asiatischen Medizin wird Ingwer schon seit Jahrtausenden verwendet. In Europa war die Knolle zunächst nur als Gewürz bekannt, bevor sie sich auch als Heilmittel einen Namen machte.
„Aber in den vergangenen zehn Jahren ist die Nachfrage nach Ingwer kontinuierlich gestiegen“, sagt Peter Sanzenbacher, Gärtnermeister bei der Gärtnerei Hofgut Sirnau in Esslingen. Sanzenbacher ist bekennender Ingwer-Anhänger. „Ingwer bringt mich gesund über den Winter“, sagt er. Er nimmt Ingwer als kandierte Frucht regelmäßig zu sich. „Der hohe Vitamin-C-Gehalt schützt vor Krankheiten.“ Die Heilpflanze stärkt das Immunsystem und kann auch vorbeugend gegen Erkältungen wirken.
Hat man sich bereits einen Infekt eingefangen, können die Wirkstoffe der Knolle zumindest den Heilungsprozess beschleunigen und die Symptome lindern. Denn Ingwer hat auch eine fiebersenkende und schweißtreibende Wirkung, was unter anderem Schüttelfrost verringert sowie Hände und Füße schneller wieder warm werden lässt, eben wie ein kleiner Ofen im Körper. Die Scharfstoffe wirken außerdem schmerzlindernd und entzündungshemmend, so dass die Pflanze entzündliche Gelenkschmerzen positiv beeinflussen kann – unterstützend zur konventuionellen Therapie.
Die wertvollen Inhaltsstoffe befinden sich beim Ingwer im Wurzelstock. Dieser besteht aus bis zu drei Prozent ätherischem Öl, das unter anderem die Substanzen Beta-Eudesmol, Zingiberen und Curcumen enthält. Dass es beim Verzehr von Ingwer auf der Zunge brennt, liegt an den Scharfstoffen. Diese bewirken aber nicht nur ein Wärmegefühl. Ingwer kann noch viel mehr: Die in der Pflanze enthaltenen Substanzen helfen zum Beispiel gegen Reiseübelkeit und Brechreiz, und zwar vergleichbar gut wie chemische Mittel, sagen Experten – sowohl bei Unwohlsein in Flugzeug, Zug und Auto als auch auf dem Schiff. Früher, so ist es überliefert, haben Seeleute Ingwer in Stücken gegessen, um der Seekrankheit vorzubeugen. Auch bei Magen-Darm-Infekten könne Ingwer aufgrund seiner antibakteriellen und antiviralen Wirkung helfen.
Ingwer gibt es unter anderem als Tabletten, Kapseln und Tropfen. Man kann auch ein frisch geschältes Ingwerstückchen kauen oder ein Heißgetränk mit frisch geriebenem oder dünn geschnittenem Ingwer zubereiten – das geht auch mit kochendem Wasser. Damit die wertvollen ätherischen Öle aber nicht verdampfen, sollten die Tasse oder die Kanne bis zum Trinken abgedeckt werden.
Zur Vorsicht warnen Naturwissenschaftler der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH): Ingwer sei nicht für jeden geeignet. So können die Inhaltsstoffe etwa die Blutstillung beeinflussen. Wer also Medikamente einnimmt, die die Blutgerinnung hemmen, sollte Ingwer nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt verwenden. Das gilt auch für Patienten mit einem sensiblen Magen und Gallensteinen, denn durch die Scharfmacher wird auch mehr Magensäure gebildet. Ingwer kann auch andere Therapien beeinflussen. Deshalb sollten Patienten in jedem Fall vorher mit ihrem Arzt sprechen, sagt KKH-Apotheker Sven Seißelberg.
Ingwer ist auch für Pflanzenfreunde interessant. „Es sind einfach schöne Pflanzen“, sagt Gärtner Sanzenbacher und deutet auf eine hohe Grünpflanze mit lanzenartigen, stark grünen Blättern. Nichts an der eleganten schmucken Pflanze deutet auf ihre knorrige Unterwelt hin. Die Topfpflanze werde gerne gekauft, sei aber erklärungsbedürftig. So müssten Ingwerbesitzer wissen, dass Ingwer nicht winterhart ist. „Auch Früchte zu ziehen ist sehr schwierig, da sich die Rhizome erst nach zwei bis drei Jahren bilden“, sagt Sanzenbacher. Theoretisch aber ist es möglich, aus einer Ingwerknolle eine Ingwerpflanze zu ziehen. red/bob  / Foto links: Jens Schierenbeck, Foto rechts: bob


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