Einbrecher immer professioneller

Polizei legt Kriminalitätsstatistik für 2014 vor – Appell an die Wachsamkeit und Eigenverantwortung der Bürger

Es lebe sich sicher im Landkreis Esslingen, sagt die Polizei. In diversen Bereichen weist die Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2014 rückläufige Fallzahlen auf. Doch der positive Trend wird von einem massiven Plus bei den Wohnungseinbrüchen überlagert – und einer geringen Aufklärungsquote bei den Einbrüchen. Außerdem registrierte die Polizei zuletzt mehr Tötungsdelikte – versuchte und vollendete.

Nach der Strukturreform vor zwei Jahren ist das Polizeipräsidium Reutlingen für die Landkreise Esslingen, Tübingen und Reutlingen zuständig. Hans-Dieter Wagner leitet das Präsidium, nachdem er zuvor nur für den Kreis Esslingen verantwortlich war. Bei der Vorlage der Kriminalitätsstatistik für das vergangene Jahr fiel seine Bilanz nun zwiegespalten aus. Denn für die drei Landkreise nahm die Zahl der Straftaten insgesamt ab – im Kreis Esslingen hingegen zu. Der Grund: Dort sind bevorzugt Einbrecher am Werk. Nicht nur wegen der prosperierenden Wirtschaft, der Landkreis liegt eben auch für Diebe verkehrsgünstig. Schnell rein, schnell weg, lautet die Devise der immer professioneller vorgehenden Langfinger. „Die Opfer werden in ihrem Innersten getroffen“, sagt Wagner. Doch nicht nur deren Sicherheitsgefühl leide, auch das der Nachbarn, Verwandten und Bekannten. „Diesem subjektiven Sicherheitsgefühl müssen wir gerecht werden“, befindet der Polizeipräsident. Allerdings: Trotz aller Anstrengungen ist die Aufklärungsquote bei den Wohnungseinbrüchen mit 6,1 Prozent ausgesprochen gering – und gegenüber 2013 (10,9 Prozent) sogar gesunken. Und so bleibt der Polizei vor allem der Appell an die Bevölkerung, es Einbrechern mit Sicherheitstechnik schwer zu machen, außerdem aufmerksam zu beobachten und im Verdachtsfall schnell die Beamten zu verständigen.

Die Entwicklung bei den Wohnungseinbrüchen ist nicht neu, auch landesweit ist deren Zahl in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2014 waren es im Landkreis Esslingen 669 (2013: 396). Die Polizei reagierte: In Nürtingen wurde eine zentrale Ermittlungsgruppe eingerichtet, immer mehr Bürger lassen sich in Sicherheitsfragen beraten, Streifenbeamte weisen auf offen stehende Terrassentüren und schräg gestellte Klofenster hin, auch „anlassunabhängig“ seien Streifen unterwegs. Derlei Aktivität bindet Personal. Und da laut Wagner auch noch der Stellenabbau vor zwei Jahren trotz der Strukturreform zu spüren sei, hat das Konsequenzen: „Wir können nicht mehr bei jeder Ruhestörung und jedem Parkvergehen sofort aufschlagen.“

Aber es werden eben auch wenige Einbrecher erwischt. Weil sie meist bandenmäßig organisiert seien und genau wissen, wie sie vorzugehen haben. Sind etwa Fenster und Türen gut gesichert, lassen sie nach zwei bis drei Minuten ab – im gesamten Präsidiumsbereich blieb es in 42 Prozent der Fälle beim Einbruchsversuch. Sind die Einbrecher drin, greifen sie die schnelle und leicht abzutransportierende Beute: Bargeld, Schmuck, Uhren, Elektroartikel. Letztere dürfen wegen des Transports nicht zu groß sein, große Flachbildschirme bleiben daher meist in der Wohnung. Und die Diebe hinterlassen kaum Spuren: keine Fingerabdrücke, auch fast nie verwertbares DNA-Material. Daher sei es wichtig, die meist aus Osteuropa, auch aus Georgien kommenden Einbrecher auf frischer Tat zu ertappen. Dies sei auch schon gelungen. Etwa wenn Nachbarn das Flackern einer Taschenlampe oder verdächtige Geräusche wahrnehmen, ein Auto verdächtig geparkt werde oder Fremde Fotos von Gebäuden machen. Wichtig sei in diesen Fällen, dass sofort die 110 gewählt werde, sagt Wagner. Denn erfolgt die Meldung erst nach einer halben Stunde, sind die Diebe schon wieder auf der Autobahn. Und auch dort lassen sie sich nicht schnappen. Längst fahren die Einbrecher Autos mit deutschen Kennzeichen, übergeben die Beute zudem kurz nach dem Bruch an Komplizen  mit unverdächtigen Zwischenlagerstätten, sodass sie selbst bei einer Kontrolle nicht zu überführen sind.

Bei aller Sorge wegen der Einbrecher: Wagner verweist auch auf positive Trends. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Raub, einfache Diebstähle sowie die Zahl der Tatverdächtigen bis 21 Jahre, insbesondere die unter Jugendlichen, haben abgenommen.

Dreiviertel aller Tatverdächtigen sind Männer, fast die Hälfte Wiederholungstäter. Nach wie vor richtet sich Gewalt auch immer häufiger gegen Polizeibeamte. Und das in der Regel aus banalem Anlass – und fast immer sei in diesen Fällen Alkohol im Spiel, sagt Wagner.  Ch / Foto: dpa


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