Ob Kraut, Getreide oder Äpfel: Wassermangel macht sich bei Ernte bemerkbar – Kartoffeln haben gute Qualität
Mancher Landwirt hätte diesen Sommer gerne einen Regentanz auf seinen Feldern aufgeführt, hat doch an allen Ecken und Enden das Wasser gefehlt. Je nach angebauter Kultur hatte das unterschiedliche Auswirkungen. So fällt die Erntebilanz für das Gebiet vom Albvorland bis auf die Filderebene ganz unterschiedlich aus.
Gemüse braucht immer viel Wasser, selbst in normalen Sommern muss es phasenweise gegossen werden. Dieses Jahr waren aber fast drei Monate lang Dauerbewässerung angesagt. „Von der Arbeitsbelastung her ist das für uns richtig krass“, sagt Beate Hörz vom gleichnamigen Bio-Hof in Bonlanden. Bei fast 50 verschiedenen Kulturen und 20 Hektar Fläche seien längst nicht überall Bewässerungsanlagen installiert. Folglich musste mehrfach täglich auf- und abgebaut werden, was den Mitarbeitern richtig auf die Knochen ging. Alles sei trotzdem nicht zu retten gewesen, einzelne Kulturen habe man aufgegeben, sagt Hörz, die lieber noch nicht an die Wasserrechnung denkt, die am Ende des Jahres ins Haus flattern wird. Auch für die Herbstkulturen wie Rote Bete und Sellerie wird jetzt übrigens noch kräftiger Regen gebraucht: „Sonst bekommen wir keine lagerfähigen Sachen“, sagt die Bio-Bäurin.
Selbst eher robuste Kulturen wie Kraut und Zuckerrüben haben unter dem Wassermangel gelitten. „Wer beim Kraut nicht beregnen konnte, bei dem sieht es schlecht aus“, sagt Michael Zimmermann vom Schlossgut Köngen. Ähnliches weiß der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes von den Zuckerrüben: „Da gibt es gewaltige Mindererträge gegenüber dem letzten Jahr.“ Beim Getreide sah es dagegen rund um Esslingen gar nicht so schlecht aus. Denn zur Zeit des Kornansatzes fiel noch Regen – das kam Weizen & Co. zugute. Zwar blieben die Körner kleiner als in anderen Jahren, aber die Qualität sei gut, so Zimmermann.
An der Größe hapere es auch bei den Linsen, berichtet der Plochinger Landwirt Bernd Gutmann. Und die Kartoffeln seien heuer ebenfalls klein. Kartoffelfreunde brauchen trotzdem nicht traurig zu sein: „Die Qualität ist super“, sagt Gutmann. Sein Team konnte ernten, nachdem es vor einigen Wochen geregnet hatte. Andere Bauern hatten teilweise große Mühe, die Knollen aus dem harten Boden zu holen. Kürbisse könnten diesen Winter irgendwann ausgehen. Da hätten die Pflanzen teilweise „die Früchte abgestoßen, als es so heiß und trocken war“, erzählt Gutmann. Wer an vertrocknete Wiesen und Rasenflächen denkt, kann sich gut vorstellen, dass das Grünfutter fürs Vieh knapp war. War der erste Schnitt noch gut, fiel der zweite fast ganz der Trockenheit zum Opfer. Die Milchbauern mussten auf anderes Futter ausweichen, aber auch beim Mais waren dieses Jahr Einbußen zu verzeichnen.
Im Obstbau sind Schwankungen normal. Aber natürlich hat auch hier die diesjährige Trockenheit Einfluss. Von geringeren Erträgen beim Streu- wie beim Tafelobst spricht Martin Weber vom Kreisverband der Obst- und Gartenbauvereine Nürtingen. Bei den Birnen mache sich das ebenso bemerkbar wie bei Zwetschgen und den Äpfeln. Die Früchte seien einfach deutlich kleiner. Aber die Ernte läuft ja noch: „Jeder Regen, der kommt, bringt etwas, vor allem an Größe und Gewicht“, sagt der Obstfachmann. Aufs Nass von oben warten könne man allerdings nicht, die Früchte würden sogar schneller reif als in anderen Jahren. Viele hätten Schadstellen, die durch pickende Vögel und bohrende Wespen verursacht werden. Denn auch den Tieren habe das Wasser gefehlt, „dann holen sie sich die Flüssigkeit eben aus den Früchten“, so Weber.
Es gibt aber auch positive Meldungen vom Obst. „Dieses Jahr ist die Ernte bei uns in Neidlingen gut“, sagt Nebenerwerbslandwirt Björn Epple. Im Streuobstbau seien die Früchte kleiner, aber der Zuckergehalt gut – das zählt, wenn man wie seine Familie eine Brennerei betreibt. Im Intensivanbau hat seine Familie bewässert, „sonst wäre es eine Katastrophe geworden“. Mit dem Ergebnis ist er zufrieden, Äpfel, Birnen und Zwetschgen seien schön. Hagel blieb aus, ebenso weitgehend die Kirschessigfliege, die es lieber feucht-kühl mag und sehr problematisch werden kann. Dass der Mostobstpreis derzeit bei rund zehn Euro, also mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr liegt, sei positiv. Allerdings: Eine Ortschaft weiter kann es ganz anders aussehen, weiß Epple, der in Holzmaden arbeitet. aia
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