Lichtenwalder Gemeinderat beschließt Ausstieg aus dem VHS-Verbund mit Esslingen – Matrohs fordert Solidarität

Vor zwei Jahren ist die Volkshochschule (VHS) Lichtenwald nach 15 Jahren der Selbstständigkeit unter das Dach der VHS Esslingen geschlüpft. Damit sollten die Zahl der Unterrichtsstunden in der Gemeinde erhöht, der Verwaltungsaufwand vor Ort und nicht zuletzt die Kosten verringert werden. Doch nun ist die Liaison bereits wieder vorbei. Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung mit knapper Mehrheit beschlossen, zum Jahresende aus dem Verbund auszutreten und künftig auf eine eigene VHS zu verzichten.
Zunehmende Kritik am Kursangebot und nicht zuletzt ein jährlicher Zuschussbedarf von mehr als 15 000 Euro hatte den Gemeinderat im Jahr 2019 zur Aufgabe der Selbstständigkeit der VHS bewogen. Der Vertrag, mit dem die VHS Lichtenwald zur Außenstelle der VHS Esslingen wurde, hat eine Laufzeit bis Ende dieses Jahres und sollte nun im Gemeinderat um fünf Jahre verlängert werden. Dabei stand auch eine Erhöhung der Zuschüsse an, die die Gemeinde für den Betrieb der VHS nach Esslingen abführen muss. Waren es bislang 99 Cent pro Einwohner und 4,67 Euro pro Unterrichtseinheit, erhöhen sich die Beträge ab 2022 um etwa zehn Prozent. „Wir zahlen jetzt einen Zuschuss von rund 5000 Euro, ab nächstes Jahr knapp 500 Euro mehr, das ist ein überschaubarer Betrag“, stellte Kämmerer Steffen Mayer fest.
Allerdings seien die bisherigen Besucherzahlen noch nicht aussagekräftig. Die Anfangsphase 2019 sei von Abstimmungen geprägt gewesen, 2020 von Corona. 2019 hätten daher bei 27 geplanten nur neun Kurse stattgefunden. 2020 waren es statt 37 geplanten Kursen mit 395 Unterrichtseinheiten nur fünf Kurse mit 30 Unterrichtseinheiten.
Doch die Räte wollten dies nicht einfach durchwinken. „Es ist gut und richtig, bei der VHS Esslingen zu sein, allerdings sollte geprüft werden, ob die Angebote dem Bedarf in Lichtenwald entsprechen oder ob nicht noch andere Themen angeboten werden können“, sagte Martina Häussermann (CDU). Überdies sei die Werbung für das Kursprogramm im Ort verbesserungswürdig. Beide Punkte kritisierten auch Constanze Pfaff (LBL) und ihr Fraktionskollege Armin Storz, der zudem monierte, dass das Programm entgegen der ursprünglichen Zusagen der VHS Esslingen nicht mit den Vereinen abgestimmt worden sei.
Michael Haueis (LBL) schließlich plädierte für einen Schlussstrich. „Ich habe Zweifel, ob wir in Lichtenwald eine VHS-Außenstelle überhaupt brauchen und schlage vor, auszutreten“, sagte er. „Die Kurse sind nicht Lichtenwald-spezifisch und die Bürger können sie identisch auch in Reichenbach, Plochingen oder Esslingen buchen. Das Geld können wir besser ausgeben oder auch sparen“, argumentierte Haueis.
Bürgermeister Ferdinand Rentschler warb indes für einen Erhalt der VHS. Eine Bildungseinrichtung für die Bürger vor Ort sei wichtig für eine Gemeinde, sagte er. Auch Martina Häussermann und ihr Fraktionskollege Werner Kiepfer verwiesen auf die „kulturelle und gesellschaftspolitische Bedeutung der Erwachsenenbildung“. Dennoch entschied sich das Gremium mit knapper Mehrheit für ein Ende der VHS Lichtenwald.
Bei Thomas Matrohs, dem Sprecher und koordinierenden Vertreter der acht Außenstellen-Kommunen der VHS Esslingen und Bürgermeister der Gemeinde Deizisau, löste der Beschluss Bestürzung aus: „Ein Bildungsangebot für Bürger in allen Kommunen ist ein Teil der interkommunalen Solidarität, und Solidarität funktioniert, wenn man gemeinsam hinter einer Sache steht. Wenn wir aber damit anfangen, die Bürger dort hin zu schicken, wo gerade etwas angeboten wird, verlassen wir den gemeinsamen kommunalen Weg.“ In der Bürgermeisterrunde der Außenstellenkommunen werde eine angemessene Reaktion auf den Beschluss diskutiert werden. Allerdings sieht Matrohs noch Hoffnung: „Ich denke, dieses Ausscheren sollte einfach noch einmal in Ruhe überdacht werden.“ pst / Foto: pst