Umfrage unter Gastwirten im Kreis: Weihnachtsessen folgt Traditionen – Renner ist Kartoffelsalat mit Würstchen
Salvatore Marrazzo feiert Weihnachten mit traditionell italienischen Speisen
Marc Röckle (links) und Alexander Kraft setzen auf Gans. Aber frisch muss sie sein.
Romeo Herzberg feiert Weihnachten am liebsten mit der Familie – bei einem einfachen Essen
Was essen die Deutschen am liebsten zu Weihnachten? Was kommt bei den aktuellen Foodtrends auf den Tisch? Ernährungsformen wie Paleo, Superfood und Veganismus sind zwar im Trend, doch ausgefallenes Essen zu Heiligabend gibt es bei den Deutschen nicht: 43 Prozent essen zu Weihnachten traditionell Kartoffelsalat mit Würstchen, bei jedem Dritten, das sind 33 Prozent, wird Gans oder Ente serviert. Nur einer von fünf, nämlich 20 Prozent, gibt an, Raclette an Weihnachten zu essen.
Dieses Umfrageergebnis verwundert Romeo Herzberg nicht. Der Wirt des Gasthauses Adler in Kirchheim setzt auf das einfache Mahl. „Bei uns zu Hause gab es immer Kartoffelsalat mit Bratwurst“, erzählt er. Das Essen sei zweitrangig gewesen. „An erster Stelle stand die Besinnlichkeit, das Beisammensein mit der Familie und der Kirchgang“, erinnert sich Herzberg. Den Kartoffelsalat hatten Mutter und Großmutter vorbereitet, die Würstchen wurden gebraten. So hält es Herzberg im Wesentlichen auch heute noch: Kartoffelsalat mit Bratwurst im Kreis der Familie. Im Restaurant hat er diese Leibspeise nicht auf der Karte, aber er hat festgestellt, dass die meisten Menschen, die an Weihnachten zum Essen ausgehen, in aller Regel nichts Extravagantes möchten. Auch für die Gäste, die dann auch als große Gruppe kommen, stehe das Familienfest im Vordergrund.
Die Familie bestimmte und bestimmt die Weihnachtsfeste bei Salvatore Marrazzo. Der Sohn süditalienischer Gastronomen hat schon als Kind die Weihnachtsfeste in Deutschland verbracht, wo seine Familie mehrere gastronomische Betriebe leitete. Doch was auf den Tisch kam, stammte aus der Heimat. „An Heiligabend wurde bei uns traditionell fleischlos gegessen“, erzählt Salvatore Marrazzo. „Dafür aber gab es Stockfisch in verschiedenen Zubereitungsarten, Hummer, eingelegtes Gemüse und zum Nachtisch Panettone, Nüsse, Orangen und Mandarinen. Für die Erwachsenen gab es ein Glas Moscato.“ Und den Abend haben die Marrazzos mit Spielen verbracht. Am 25. Dezember wurde dann groß aufgefahren. Kaninchen stand meist auf dem Speiseplan. Marrazzo aber schwärmt heute noch von der Weihnachtslasagne, die es immer gab: „Die war bei uns immer besonders hoch.“ Heute hält es der Wirt der Restaurants Accanto und Cosmopolita in Esslingen ähnlich. Auch wenn am 24. Dezember mittlerweile ein Grillabend mit Fisch und Fleisch unter Freunden angesagt ist, so gehört der 25. Dezember der Familie, serviert werden die traditionellen Festtagsspeisen. Auf den Restaurantkarten findet man diese Gerichte nicht: „Das ist traditionelle Hausmannskost, das gehört nicht in ein Restaurant“, sagt Marrazzo.
Beim Thema Weihnachtsessen denkt Heiko Laber, der das Gasthaus zum Uhlberg in Aichtal führt, sofort an knusprige Ente mit Rotkohl und Knödeln. „Das gab es bei uns zu Hause immer am 25. Dezember. Das Gericht hat meine Mutter immer für uns zubereitet“, berichtet Laber. Auf seiner Karte führt er das Gericht zwar nicht, mit Gänsekeule mit Knödeln aber ein sehr ähnliches.
Alexander Kraft und Marc Röckle sind die Betreiber der Rettich-Bar in Deizisau. Röckles Erinnerungen an das Weihnachtsessen seiner Kindheit sind geprägt vom traditionellen Besuch beim Bauern. „Dort haben wir uns die Gans für den Weihnachtsbraten ausgesucht“, erzählt er. Er weiß noch, wie ambivalent das war – ein Tier einerseits zum Töten auszuwählen, andererseits der Genuss beim Essen im Kreis der Familie. „Das war schon etwas ganz Besonderes“, sagt Röckle. Und das wirkt bis heute: In der Rettich-Bar in Deizisau gibt es Gans auf Bestellung, auch noch bis in den Januar. Frisch und nicht tiefgefroren. Auch heute wird die Gans bei Bedarf beim Bauern geordert, fast so wie früher. Nicht wie früher ist die Füllung: Die Semmelfüllung von damals haben Röckle und Kraft durch Beifuß, Äpfel und Zwiebeln ersetzt. bob / Foto oben: Enza Jahn-Casa, Foto mitte: Ehmann, Foto unten: privat