Eltern-Ärger über Busunternehmen

Bei der Beförderung der Schüler zur Rohräckerschule in Esslingen soll es akute Mängel geben – Es fehlt an Personal

Maria Mangold ist ratlos: „Ich weiß nicht, was ich machen soll.“ Über mehrere Wochen habe die Beförderung ihres Sohnes „gar nicht“ funktioniert. „Ich bin Ärztin und muss pünktlich bei der Arbeit sein, und mein Kind wird oft zu spät oder gar nicht abgeholt“, sagt die Mutter des Zehnjährigen, der eine Behinderung hat und die Esslinger Rohräckerschule besucht. Mangold ist unter den zahlreichen Eltern, die dem Busunternehmen Schlienz mit Sitz in Kernen im Remstal Versäumnisse bei der Beförderung vorwerfen. Der Elternbeirat der Schule schreibt in einem Beschwerdebrief: „Selbstverständlich ist uns auch bewusst, dass krankheitsbedingte Ausfälle und Personalmangel auch bei Schlienz vorhanden sind, aber wir sehen das Wohl und die Sicherheit unserer Kinder gefährdet.“
Schlienz bedient im Kreis Esslingen viele Linien, das Unternehmen ist im Auftrag des Landratsamts auch für die Schülerbeförderung an die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungsstätten verantwortlich. Auch Eltern, deren Kinder die Bodelschwinghschule in Stuttgart-Möhringen besuchen, melden Probleme mit Schlienz. Ein heikles und emotionales Thema, da die individuellen Bedürfnisse der Kinder und deren Eltern auf die komplexe Planung eines Unternehmens treffen.
Der Schlienz-Geschäftsführer Erhard Kiesel sagt zu den Vorwürfen: „Wir wissen, dass es die sensibelste Art der Personenbeförderung ist, die es gibt. Die Planung ist superkomplex. Jedes Kind hat verschiedene Attribute: Beim einen ist eine Rollstuhlmitnahme erforderlich, beim anderen muss ein E-Rollstuhl mit, wofür man ein anderes Fahrzeug braucht.“ Diese und viele weitere Aspekte müssten eingeplant werden. Das Busunternehmen mache diese Arbeit schon seit vielen Jahren. Wieso werden also gerade jetzt Beschwerden laut?
„Es läuft derzeit sehr schlecht, und es ist keine Besserung in Sicht“, sagt Bettina Polanski, Mutter des 16-jährigen Lukas, der ebenfalls die Rohräckerschule besucht. „Es ist eine Schande, wie behinderte Kinder hier behandelt werden.“ Sie fürchte um ihren Arbeitsplatz, da sie als Schulbegleiterin pünktlich sein müsse.
Laut Kiesel ist sich das Unternehmen der Tragweite der Problematik bewusst: „Die aktuelle Krankheitssituation ist zum Super-GAU geworden.“ Teils seien sieben von acht Personen in der zuständigen Fachabteilung krank geworden. „Wir müssen uns jeden Tag mit abwechselnden Fahrerkrankmeldungen durchkämpfen“, sagt Kiesel. „Wir haben den Verkehr aufrecht erhalten, indem wir Personal aus anderen Abteilungen abgezogen haben.“ Zudem seien auch sie vom bundesweiten Fahrermangel betroffen.
Neben mangelnder Zuverlässigkeit beklagt der Elternbeirat der Rohräckerschule auch mangelnde Sicherheit. So soll sich der Sohn von Deborah Schad im März bei einem Bremsvorgang auf der Heimfahrt im Bus den Oberschenkel gebrochen haben. Sein Rollstuhl sei nicht mit dem Fahrzeug verbunden gewesen. Statt den Rettungswagen zu rufen, sei der Fahrer mit dem verletzten Kind, das im Auto gelegen und geschrien habe, weitergefahren bis zu dessen Adresse. Der Fahrer habe erst zwei Wochen später gefragt, wie man den Rollstuhl richtig sichert. Laut Schad erklärte der Fahrer, dass er als Schulung nur ein 20-minütiges Video angeschaut habe. Der Schlienz-Geschäftsführer weist diese Vorwürfe von sich und gibt an, dass jeder Fahrer ausreichend geschult werde. „Teilweise sprechen die Fahrer kein Deutsch, denen kann ich nicht einmal erklären, was ein epileptischer Anfall ist, und die sollen dann in einem Notfall den Rettungsdienst rufen“, sagt Judith Beier.
Mit ihren Anliegen hätten sich die Eltern mehrfach an das Landratsamt gewandt. „Ich verstehe, dass es für die Eltern schwierig ist, mit dieser Situation umzugehen. Wir – und auch das Unternehmen – setzen alle Kräfte dafür ein, dass diese Situation so schnell wie möglich behoben wird“, sagt Johannes Weiß, Leiter des Amts für Kreisschulen im Landratsamt Esslingen. In der Regel sei Schlienz ein verlässlicher Vertragspartner. Und der Elternbeirat der Rohräckerschule sagt: „Wir möchten der Firma Schlienz gerne die Chance geben, das Vertrauen wieder aufzubauen, indem sie uns mit ins Boot nehmen.“

ff / Foto: Horst Rudel


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