Erhebliche Schäden

Frostnächte haben der Obstbaumblüte stark zugesetzt – Große Verluste bei frühen Kirschen

Die südlichen Kreiskommunen entlang der Alb sind jährlich im Frühjahr durch die Blütenpracht auf den Streuobstwiesen geprägt. In diesem Jahr allerdings hat das Wetter der Obstblüte stark zugesetzt und den Erzeugern einige Sorgenfalten beschert. So muss etwa in der Gemeinde Neidlingen bei den frühen Kirschen aufgrund einiger Nächte mit starkem Frost mit erheblichen Einbußen gerechnet werden. Dennoch bleiben die Erzeuger positiv gestimmt.

Rund 800 000 Obstbäume stehen nach den Angaben des Vereins Schwäbisches Streuobstparadies auf den insgesamt 9600 Hektar Streuobstwiesen im Landkreis Esslingen.  Besonders im Vorland des Albabhangs im Süden des Kreises findet sich ein breiter Streuobstwiesengürtel, der die Landschaft im Frühjahr mit einem Blütenmeer schmückt. Doch die Baumblüte und damit der zu erwartende Ertrag ist unmittelbar vom Wetter abhängig. Ist es im Februar oder auch Anfang März warm und sonnig, öffnen sich die Knospen früh und die Blüten treiben  aus. Dann reichen wenige Frostnächte aus, um die Blüten zu schädigen und die Hoffnungen auf eine reiche Ernte schwinden zu lassen.

„Die Gefahr durch Frostschäden gibt es immer, auch in der Zeit um Ostern, und mit etwas Verlust muss man in jedem Jahr rechnen“, sagt Roland Kuch, der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Neidlingen. Im Streuobstgürtel auf der Gemarkung der Gemeinde stehen allein etwa 20 000 Kirschbäume verschiedener Sorten, die aufgrund des für sie günstigen Kleinklimas im Talkessel gute Bedingungen für ihr Gedeihen finden. Zusammen mit dem Weilheimer Teilort Hepsisau bildet das Gebiet des Lindach- und des Zipfelbachtals seit langer Zeit eine der größten Kirschenanbauregionen Deutschlands. Hinzu kommen noch rund 30 000 weitere Obstbäume wie Birnen, Äpfel und Zwetschgen.

Als Erzeuger ist Roland Kuch mit den Wetterkapriolen, die das Frühjahr gewöhnlich mit sich bringt, durchaus vertraut.   So könne man am Fuß der Alb immer wieder erleben, dass der März einige warme Tage und viel Sonne mit sich bringt, auf die dann kühles Wetter und auch der eine oder andere Nachtfrost folgen. „Aber  dieses Mal haben wir ein sehr seltsames Jahr“, sagt er. So massive Wetterumschwünge habe er selten erlebt. „Ab Februar und im März hatten wir ganze Perioden mit tagelang fast 20 Grad, und dann wieder andauernde Minusgrade, das hat den Bäumen nicht gut getan“, erzählt Kuch. Besonders der tagelang  strenge Frost nach Ostern, als die frühen Kirschensorten bereits aufgeblüht waren, und auch danach noch einige klare Nächte mit Minusgraden haben die Blüten geschädigt. „Da ist vieles erfroren“, sagt Kuch und berichtet, dass auch Zwetschgen und Mirabellen gelitten hätten. Es sei davon auszugehen, dass bei den frühen Sorten 50 bis 60 Prozent erfroren sind.

„Es gab schon Jahre, da war das gesamte Tal weiß, das ist in diesem Jahr eben nicht so“, sagt Kuch. Außerdem sei es für eine Prognose zum Ertrag und zu möglichen Einbußen noch zu früh. „Es gibt einige Sorten, die noch im Knospenstadium sind und später blühen. Und wir haben die Äpfel und die Birnen, die etwas später als die Kirschen blühen. Die sind auch robuster und nicht so frostempfindlich“, sagt er. Es gebe daher keinen Grund für Pessimismus. „Auch in schlechten Jahren gilt für uns: Ein bisschen was gibt es immer.“

Karl Heinrich Wagner, der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Beuren, blickt mit einiger Sorge auf die Entwicklungen, die er derzeit auf den Streuobstwiesen in der Gemeinde beobachtet. „Die Frühkirschen haben sehr stark gelitten. An vielen Bäumen sind die Blüten braun geworden und die Stempel sind schwarz“, berichtet er von den untrüglichen Zeichen erfrorener Blüten. Neben den Frühkirschen seien auch Aprikosen und Pfirsiche, vereinzelt auch Zwetschgen betroffen. Später blühende Kirschensorten blieben nach Wagners Beobachtungen einigermaßen verschont. Anders als im Lindach- und im Ermstal liegt der Schwerpunkt der Erzeuger am Fuß des Hohenneuffen allerdings nicht auf dem Kirschenanbau. „Wir haben bei uns viele Äpfel und Birnen. Die treiben später aus und wir haben kaum Schäden“, sagt Wagner.

Allerdings präsentiert sich die Obstbaumblüte in Beuren und Neuffen wie auch andernorts nicht in der gewohnten Fülle. Wie Wagner erzählt, ist das auf die außergewöhnlichen Wetterumschwünge der vergangenen Wochen zurückzuführen. Relativ lange Phasen mit recht hohen Temperaturen wechselten sich mit  Perioden mit starkem Frost ab. „Frosteinbrüche gibt es immer wieder, aber so lang anhaltende Kälte während der Blüte ist selten. Das ist auf jeden Fall kein normales Frühjahr“, sagt Wagner.

Albrecht Schützinger, Obst- und Gartenbauberater beim Landratsamt Esslingen, ist derzeit häufig in den Streuobstwiesen im Landkreis unterwegs. Auch er beobachtet die Entwicklungen mit Sorgen. „Langsam wird es mit den Schäden bedenklich“, sagt er mit Blick auf die früh blühenden Sorten. „Die Vegetation ist schon sehr weit voran geschritten, sogar die ersten Apfelblüten sind schon offen“, berichtet Schützinger. Dies deute auf beunruhigende Tendenzen hin. „Die Wetterextreme nehmen zu. Wir haben Wärmeperioden schon früh im Jahr, die sich mit starker Kälte abwechseln. Das heißt auch, dass wir einen immer früheren Austrieb haben und die Schäden zunehmen“, sagt er. Die aktuelle Situation lasse allerdings noch  keine Schlüsse für den Ertrag in diesem  Jahr zu. Dies lasse sich erst abschätzen, wenn die Bäume Früchte tragen. Das sieht auch Karl Heinrich Wagner so. „Für eine Prognose zu  Ernteausfällen ist es noch viel zu früh“, sagt er.   pst / Foto: pst


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