Ermittler auf vier Pfoten

Milow hat einen guten Riecher – Der Polizeihund und sein Herrchen Felix May erledigen ihre Arbeit sehr diskret – Einsatzgebiet ist ganz Baden-Württemberg

 „Ach, er  schmust schon wieder rum,“ entschuldigt Felix May  seinen Vierbeiner, der die Besucher freundlich beschnüffelt. Genervt klingt der Polizist aber nicht, als er seinen Hund zu sich ruft. May weiß genau, dass er sich auf den Rüden verlassen kann. Seit sechs Jahren sind der Bayerische Gebirgsschweißhund namens  Milow und der 35-Jährige unzertrennlich. Sie wohnen nicht nur in derselben Familie unter demselben Dach in einem Hochdorfer Reihenhaus – sie  haben auch denselben Arbeitgeber: das Land Baden-Württemberg. Milow und Felix May arbeiten im  Trainings- und Kompetenzzentrum Polizeihundeführer (TKPHF), das beim Polizeipräsidium Einsatz in Göppingen angesiedelt ist.

Weil Milow einen besonders guten Riecher hat, ist er in Göppingen  zum Personenspürhund ausgebildet worden. Zu seinem Team zählen insgesamt acht Kolleginnen und Kollegen auf vier Pfoten, darunter vier in der Ausbildung  –  samt dem menschlichen Pendant, versteht sich.  Felix May fungiert in der Göppinger Spezialeinheit  als stellvertretender Ausbildungsleiter. Und Milow zählt zu den erfahrensten Vierbeinern dort, weil er schon seit 2014   im Dienst ist.

Kleine mobile Einsatzzentrale

   „Wir werden vor allem gerufen, wenn  jemand fehlt“ –  und das führe sie zu  Einsätzen in ganz Baden-Württemberg,  erläutert Milows Herrchen den Polizeialltag. Dabei handele es sich häufig um verwirrte Senioren, die nicht mehr nach Hause finden, jemand, der sich das Leben nehmen will, oder auch um  Straftäter. 

Das Team Hund und Herrchen arbeitet zwar nicht verdeckt, aber immer sehr diskret. Wenn er zum Einsatz gerufen wird, nimmt Felix May den  silberfarbenen Dienstwagen,  respektive Bus, dessen unauffälliges Aussehen nichts  Besonderes erahnen lässt.  Dabei ist das Fahrzeug  wie eine  kleine mobile Einsatzzentrale ausgestattet: Neben dem Schreibtisch sind Laptop und Drucker in einer Kiste verstaut, das GPS-Gerät liegt bereit, um die Strecken aufzuzeichnen, und Milows Futter lagert der Polizist in einer Kühlbox. Mit an Bord sind außerdem die Transportbox für den Vierbeiner und ein Notbett für      sein Herrchen: „Das ist nicht wirklich bequem, aber wenn ich sehr müde bin, tut es das.“ Besonders anstrengend seien zum Beispiel Einsätze in den Steillagen des Schwarzwalds, wo es oft über Stock und Stein gehe, oder die Suche bei Nacht, da werde Hund und Mensch viel abverlangt.

Weil ganz Baden-Württemberg zum Einsatzgebiet gehört und das Zweierteam auch ab und zu in die Pfalz oder ins Saarland geschickt wird, kann allein schon die Anfahrt mehrere Stunden dauern. Am  liebsten  reise Milow aber mit dem Polizeihubschrauber,  weil das  schneller gehe, berichtet Felix May. Milow hat schon im zarten Alter von acht Wochen im Trainings- und Kompetenzzentrum Polizeihundeführer mit der Ausbildung begonnen . „Am Anfang läuft das alles ganz spielerisch ab.“ Der Hund lerne erst mal die Welt kennen, und dazu gehörten beispielsweise Menschenmassen, Verkehrsmittel, die Stadt und   der Wald genauso  wie die unterschiedlichen Landschaftsformen.

Es sei kein Problem für Milow, einer Spur kilometerweit zu folgen, denn als Jagdhund verfüge der Bayerische Gebirgsschweißhund über eine  besonders gute Schnüffelnase, die mit rund 220 Millionen Riechzellen zehnmal besser ausgestattet sei als das menschliche Riechorgan. Allerdings sollte so eine Spur möglichst frisch und nicht älter als zwei Tage sein, wobei Milow sogar unterscheiden könne und immer der frischesten Spur folge, berichtet der Polizist.

Damit Milow und seine vierbeinigen Kollegen nicht aus der Übung kommen, wird die Schnüffelei regelmäßig  trainiert. Dazu legt Felix May eine Geruchsspur, das heißt, er schickt eine Person auf eine vorher ausgesuchte Strecke. Diese kann mitten in der Landschaft oder  auch im urbanen Umfeld liegen. Dann darf Milow schnuppern: zum Beispiel an einem Wäschestück, einer Socke oder einem T-Shirt, das die gesuchte Person getragen hat. „Am besten eignen sich Gegenstände, die der Gesuchte direkt auf der Haut getragen hat“, beschreibt May das Prozedere. Weil ein Mensch bis zu 40 000 Haut- und Haarschuppen pro Minute verliere, sei es für einen gut ausgebildeten Personenspürhund möglich, dem davon ausgehenden Geruch zu folgen. Es dauere etwa 20 Minuten, bis der Geruch am  Boden liege, denn die leichten Schuppen müssten erst auf den  Boden absinken.

 Idealerweise nimmt der Hund  die Spur  anschließend dort auf, wo der Gesuchte zuletzt gesehen worden ist, und folgt ihr bis zum Ziel. Im Training findet der Hund am Schluss immer den Menschen und wird   mit „Fleischküchle, Speck oder Leberwurst“ üppig belohnt. Das halte seinen tierischen Partner bei Laune, denn Essen für Menschen    findet Milow besonders lecker, berichtet May.

Wichtige Erkenntnisse

Bei einem realen Einsatz führt die Spur aber nicht immer zum Gesuchten. Manchmal endet die Suche auch  an einem Bahnhof oder an einer Straße. Aber auch in solchen Fällen liefere Milow wichtige Erkenntnisse, lobt May, denn oft erhalte die Polizei auf diese Weise  wertvolle Informationen über einen Fluchtweg und Hinweise für weitere Ermittlungsansätze.

 Zu diesem Auftrag passe das ausgeglichene Wesen seines Hundes sehr gut. Und anders als bei den polizeilichen Schutzhunden, die ebenfalls im Trainings- und Kompetenzzentrum Polizeihundeführer in Göppingen  so ausgebildet werden, damit sie aufs Wort gehorchen, habe er seinen Hund nicht zur kompletten Unterordnung erzogen. „Er muss ja die Spur selber finden und unterwegs immer  wieder selbstständige Entscheidungen treffen“, erklärt Felix May.  Milow  quittiert diese spannenden Ausführungen seines  Duopartners mit sanftem Augenaufschlag und holt sich zum Abschluss noch eine Ladung Streicheleinheiten ab.   com / Foto: Horst Rudel


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