Esslinger Karstadt-Filiale schließt

Der Galeria Karstadt Kaufhof Konzern gibt den Standort in der Bahnhofstraße auf – Diskussion um Pläne für das Areal

Schon seit Jahren wird über die Zukunft der Karstadt-Filiale in der Esslinger Innenstadt diskutiert und gerungen. Zuletzt war der Standort wiederholt wegen eines komplizierten Rechtsstreits mit dem Immobilieneigner BPI in die Schlagzeilen geraten. Seit vergangener Woche und nach langem Bangen herrscht nun Gewissheit: Das einzige große Warenhaus der Stadt wird geschlossen. Der Galeria Karstadt Kaufhof Konzern will die Esslinger Filiale bis Ende Januar 2024 dicht machen.
Damit gehört der Standort zu den bundesweit 52 Warenhäusern, die der Konzern nach der Insolvenz im Jahr 2020 schließen will – betroffen sind unter anderem auch die Standorte in der Stuttgarter Eberhardstraße, in Leonberg, Reutlingen und Pforzheim. Esslingens Oberbürgermeister Matthias Klopfer sagt: „Dies ist ein herber Schlag für unsere Innenstadt. Vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den 52 Warenhäusern in ganz Deutschland ist dies eine bittere Situation.“ Während im Gemeinderat nun eine Diskussion über die Zukunft des Areals einsetzt, teilt der Investor mit: „Was die Planung angeht, verweist BPI darauf, dass der Bebauungsplan steht.“ Es handele sich um eine vorausschauend langfristige Lösung. Und es habe stets eine Planung mit Karstadt als Mieter und eine Variante mit einer anderen Bespielung der Warenhausfläche gegeben.
Vor zwei Jahren hatte der Gemeinderat den Bebauungsplan für die Weiterentwicklung des Areals auf den Weg gebracht – und dabei so manche Kröte geschluckt in der Hoffnung, damit die Zukunft der Karstadt-Filiale sichern zu können. Dabei ging es nicht nur um die Modernisierung des Warenhauses, sondern vor allem auch um ein großes Neubauprojekt auf dem Karstadt-Parkplatz. Dieser soll schon lange bebaut werden – realisiert wurden die Pläne, die sich im Lauf der Jahre immer wieder änderten, aber nie. Nachdem dort lange vor allem Verkaufsflächen für den Einzelhandel in einer neu zu bauenden Passage angedacht waren, verschob sich der Schwerpunkt der Planungen immer mehr in Richtung Wohnungen. Zuletzt sollten in vier neuen Baukörpern neben Verkaufs-, Gewerbe- und Büroflächen insgesamt 160 Wohnungen entstehen, zudem eine Tiefgarage mit 220 Plätzen.
Im Mai des vergangenen Jahres wurde dann bekannt, dass der Immobilieninvestor BPI dem Warenhaus gekündigt hatte. Und das, obwohl die Mietverträge laut Gabriele Post, der Leiterin der Esslinger Karstadt-Filiale, bis Mitte 2026 gelaufen wären – mit der Option auf Verlängerung bis 2036. Nachdem BPI Gespräche mit Karstadt für gescheitert erklärt hatte, hatten sich beide Parteien gegenseitig verklagt. Seither läuft ein Rechtsstreit vor dem Stuttgarter Landgericht. Erst Ende Februar hatten die Streitparteien ein Ruhen des Verfahrens beantragt, weil sie eine außergerichtliche Einigung anstrebten. Wie es in der Sache weitergeht, ist noch unklar. Laut dem Gerichtssprecher Sebastian Sonn ist es durchaus denkbar, dass das Verfahren damit für erledigt erklärt wird – sicher ist das aber nicht.
Im Esslinger Gemeinderat wird nicht nur der Verlust der Arbeitsplätze und eines Frequenzbringers für den Einzelhandel bedauert, auch die Pläne für das Karstadt-Areal wurden wieder infrage gestellt. Laut Carmen Tittel, der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, muss eine Nachfolgelösung für das gesamte Quartier gefunden werden, statt nur mit Insellösungen zu arbeiten. Der SPD-Fraktionschef Nicolas Fink verweist darauf, dass man bei der Zustimmung zur Bebauung des Parkplatzes an die städtebaulichen Grenzen und darüber hinausgegangen sei. Vom Investor BPI erwartet er nun ein Nachfolgekonzept. Verheerend für die Beschäftigten und eine Katastrophe für die Innenstadt: So bezeichnet die FDP-Fraktionschefin Rena Farquhar die Entwicklung. CDU-Fraktionschef Tim Hauser betont, um „diese Lücke wieder zu füllen“, bedürfe es „Kreativität, keine Scheuklappen“. Annette Silberhorn-Hemminger, Fraktionschefin der Freien Wähler, steht weiter zur Bebauung des Areals – ob die bisherigen Pläne dafür weiter die beste Lösung darstellten, solle aber neu bewertet werden. Tobias Hardt, Fraktionsvorsitzender der Linken, sagt, dass es ein Fehler gewesen sei, Zugeständnisse beim Bebauungsplan zu machen. Laut Dilek Toy protestiert die Gruppe FÜR entschieden gegen die Schließung der Karstadt-Filiale.

meb/gg / Foto: Roberto Bulgrin


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