Situation für das Kaufhaus spitzt sich zu – Konzern kündigt Schließung von 40 Filialen an

Lange hieß es, die Esslinger Karstadt-Filiale zähle zu den umsatzstärksten der Region. An ihr und ihren Mitarbeitenden liegt es also mutmaßlich nicht, wenn der Konzern wieder einmal insolvent ist. Bisher hat Esslingens einziges Warenhaus alle Standortdiskussionen überlebt – ob es nun Hertie, Karstadt oder Galeria hieß. Doch jetzt scheint es so gut wie keine Hoffnung zu geben, dass das Kaufhaus in der Bahnhofstraße nicht zu den 40 Filialen gehört, von denen sich der Konzern Galeria-Karstadt-Kaufhof trennen will.
Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es freilich nicht. „Über einzelne Standorte, die jetzt Gegenstand einer sehr sorgfältigen Einzelfallbetrachtung und Analyse sind, können wir zu diesem Zeitpunkt noch keine Aussagen treffen“, blieb Konzernsprecherin Franziska Linnemann schmallippig. Es bräuchte ein Wunder, wenn der Esslinger Einzelhandel weiterhin auf seinen Kundenmagneten bauen könnte. Die Gefahr für die 80 Mitarbeitenden (Stand Mai 2022) kommt nicht nur aus Essen: Mitte Mai hatte der Eigentümer und Investor BPI Esslingen dem Kaufhaus gekündigt.
Er wolle bei der Weiterentwicklung von Parkhaus und Kaufhausgebäude nicht mehr auf Karstadt setzen, ließ BPI-Geschäftsführer Tom Walsh verlautbaren. Die Gespräche seien gescheitert, Karstadt blockiere die Entwicklung. Was die Esslinger Karstadt-Chefin Gabriele Post bestritt: Der Investor wolle sie aus ihrem Mietvertrag drängen, obwohl der bis Mitte 2026 mit Option bis 2036 laufe. „Wir möchten das Warenhaus nach unserer Strategie Galeria 2.0 ausbauen. Neben einer Verbesserung in der Warenpräsentation würde das Haus modernisiert“, so Post damals. Auch in der Konzernzentrale äußerte man sich „rundum zufrieden“ mit dem Standort. Bis vor wenigen Tagen sah es so aus, als ob die Zukunft des Hauses am 18. November vor Gericht geklärt werden würde, wo der Mietstreit verhandelt werden soll.
Beim jüngsten Versuch, den Karstadt-Parkplatz zu überbauen und das Kaufhausgebäude weiterzuentwickeln, handelt es sich um den dritten Anlauf, das innerstädtische Filetstück zwischen Bahnhof-, Martinstraße und Ehnisgasse weiterzuentwickeln. Lag der Fokus zu Beginn der Planungen vor zwölf Jahren auf dem Einzelhandel und einer Ladenpassage, hat die Investorenseite auf die Entwicklungen im Einzelhandel reagiert und den Schwerpunkt auf Wohnungen verlagert. 160 neue Wohnungen sollen auf dem Parkplatz und in den Obergeschossen des Kaufhauses entstehen, zudem gebe es auf 10 470 Quadratmetern „im Bestandsgebäude“ Platz für Läden und Büros sowie auf 1800 Quadratmetern in den Neubauten, schrieb BPI im Juli in einer Anzeige.
Von Karstadt war keine Rede mehr. Dabei war der Gemeinderat dem Investor beim Bebauungsplanverfahren weit entgegengekommen – obwohl es massive Kritik an der Höhe und Dichte der geplanten Bauten gegeben hatte. Dennoch musste BPI nur kleine Abstriche machen. Mit dem Ja des Gemeinderats hatten die Verwaltungsspitze um den damaligen OB Jürgen Zieger und der Gemeinderat die Erwartungen verbunden, Karstadt vor Ort halten zu können. Rechtlich festgeschrieben war das nicht.
Der Stadt sind die Hände gebunden. Aber es gibt noch keine Baugenehmigung. Das Baugesuch sei „unter anderem wegen Brandschutz und nachbarschaftlichen Einwendungen nicht genehmigungsfähig“, hieß es aus dem Rathaus.
biz / Foto: Roberto Bulgrin