Die EnBW plant fürs Altbacher Kraftwerk eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe bis 2035 – Fragezeichen wegen Ukraine-Krieg

Zurzeit werden die beiden Kohleblöcke im Kraftwerk Altbach/Deizisau noch genutzt. Darüber hinaus gibt es an dem Standort drei Gasturbinenanlagen, die mit Öl und Erdgas befeuert werden. Doch das Verbrennen der fossilen Brennstoffe ist klimaschädlich. Beim Gas stand zuletzt darüber hinaus die Abhängigkeit von Russland im Fokus der Kritik. In den kommenden Jahren will die EnBW daher nach eigenen Angaben zunächst ihren Kohleverbrauch sukzessive bis auf Null senken. Schon Ende 2026 könnten die Steinkohleblöcke in Altbach/Deizisau stillgelegt werden, teilte die Unternehmenssprecherin Dagmar Jordan mit. Ob die weithin sichtbaren Schornsteine der Kohleblöcke dann noch eine Zukunft haben, ist ungewiss.
Bis ausreichend „grüner“ Wasserstoff zur Verfügung steht, soll Gas für die nötige Energie sorgen. In vier Jahren soll eine neue Gas- und Dampfturbinenanlage in Betrieb sein. „Wasserstoff kann derzeit nicht als Brennstoff genutzt werden“, erläutert Jordan. Eine Nachrüstung der bestehenden Anlagen sei nicht möglich. Kürzlich wurde deshalb ein Auftrag für drei sogenannte Fuel-Switch-Projekte vergeben. Neben Altbach/Deizisau sollen auch die Kraftwerke Stuttgart-Münster und Heilbronn umgestellt werden. „Moderne Gaskraftwerke sollen den Ausbau der erneuerbaren Energien flankieren“, sagt Jordan. Der Plan der EnBW ist es, die neuen Turbinen Ende 2026 in Betrieb zu nehmen. Je Standort werde ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag investiert. Sobald alles reibungslos funktioniert, werden die Kohleblöcke abgeschaltet.
Angesicht stark zurückgefahrener Gaslieferungen aus Russland hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck jüngst angekündigt, dass man Gas einsparen wolle, aber auch Kohlekraftwerke wieder ans Netz gehen könnten. Die EnBW überrascht diese Nachricht nicht: „Die Überlegungen des Bundeswirtschaftsministeriums sind ja schon einige Zeit bekannt. Insofern laufen auch die Vorüberlegungen auf unserer Seite bereits“, so Jordan. Dazu gehörten Kohlebeschaffung und -transport, aber auch der Flächenbedarf für die im Gesetzentwurf genannte Bevorratung. Darüber hinaus beschäftige das Unternehmen sich mit der Frage, wie viele Arbeitskräfte benötigt werden, da die langfristige Personalplanung ja von den Prämissen des ursprünglichen Kohleausstiegs ausging. Auch werden die unterschiedlichen technischen Rahmenbedingungen der jeweiligen Steinkohle-Anlagen geprüft. „Unabhängig davon halten wir an unseren Fuel-Switch-Plänen, auch am Standort Altbach/Deizisau, weiterhin fest“, betonte Jordan.
Unklar ist bisher, wann ausreichend mit regenerativer Energie hergestellter Wasserstoff zur Verfügung steht. „Momentan gehen wir davon aus, dass eine Umstellung auf Wasserstoff in den 30er-Jahren durchgeführt werden kann“, meint die Sprecherin. Bis dahin soll Gas zur Energieerzeugung genutzt werden. Der Energieversorger geht davon aus, dass sich eine Wasserstoffinfrastruktur in den kommenden Jahren entwickelt. Der Wasserstoff könne mittels Wasserelektrolyse mit Wind- oder Sonnenenergie hergestellt werden. Deutschland werde aber auf Importe angewiesen sein. Zum Kraftwerk Altbach/Deizisau werde der Wasserstoff dann über eine Leitung angeliefert.
Damit während der Übergangszeit von der Kohle zum Wasserstoff das Gas nicht ausgeht, wird derzeit an neuen Verträgen gearbeitet. Die EnBW bemühe sich um eine Diversifizierung der Erdgasbeschaffung, die Belieferung des Standortes Altbach/Deizisau stehe jedoch erst in vier Jahren an. Bis dahin gehe man davon aus, dass die Lieferungen gesichert seien.
Für den Betrieb der neuen Gas- und Dampfturbinenanlage werden weniger Mitarbeiter benötigt als für den Betrieb der Kohleanlagen. Zurzeit arbeiten rund 200 Menschen im Kraftwerk Altbach/Deizisau. In welchem Umfang die Mitarbeiterzahl reduziert wird, sei noch ungewiss. Allerdings betont die Sprecherin, dass die neue Anlage nach den Diskussionen um den Kohleausstieg nun wieder eine langfristige Perspektive für die Belegschaft biete. Wie es nach der Inbetriebnahme der neuen Anlage mit den beiden großen Schornsteinen weitergeht, steht bisher nicht fest. Klar ist, dass die Gas- und Dampfturbinenanlage neue Schornsteine erhält.
bra / Foto: Philipp Braitinger