Grippesaison hat begonnen – Impfstoff wird knapp – Experten beraten Lösungen
In diesem Jahr kommt einiges zusammen: Die starken Grippewellen der beiden vergangenen Jahre lassen die Nachfrage nach einer Grippeschutzimpfung steigen, späte Entscheidungen der Krankenkassen über Impfpräparate und deren Erstattungen haben Engpässe bei der Produktion des Serums zur Folge. Das Ergebnis: Der Impfstoff wird knapp, auch in Baden-Württemberg.
In manchen Teilen Deutschlands kann man sich laut dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) derzeit nicht sofort gegen Grippe impfen lassen. „Es gibt regionale Engpässe“, sagte Sprecherin Susanne Stöcker. Es gebe generell aber keinen bundesweiten Impfstoffmangel zu beobachten. Das war vor etwa zwei Wochen. Mittlerweile hat sich die Situation gewandelt. „Die Lage in Baden-Württemberg ist prekär, wir sind so gut wie ausverkauft“, sagt nun Frank Eickmann, der Sprecher des Landesapothekenverbands im Südwesten.
Eine Erfahrung, die auch Apotheker Christof Mühlschlegel in Esslingen macht: „Wir haben im Prinzip keine Impfdosen mehr, immer mal wieder kommt in kleiner Anzahl was rein, aber wir müssen auch Patienten wegschicken.“ Eine sehr unbefriedigende Situation, wie Mühlschlegel, der auch Sprecher im Apothekerverband für die Region Esslingen/Göppingen ist, sagt.
Impfdosen auf Vorrat bestellen, sei keine Lösung. „Den Impfstoff aus dem Vorjahr muss man wegwerfen, der greift nicht mehr“, sagt Mühlschlegel. Normalerweise dauert die Impfsaison von Oktober bis in den Dezember rein. Nun scheint sie im Wesentlichen schon beendet zu sein. Für die Verknappung gibt es mehrere Gründe: „Zum einen gehen mehr Menschen zur Impfung als in den Vorjahren, zum anderen haben die Diskussionen um die Erstattung für den – besseren – Vierfach-Impfstoff viel Zeit gebraucht“, sagt Eickmann. Bis die Krankenkassen alle Parameter zur Erstattung der Kosten geklärt hatten, war es bereits Sommer. „Ärzte und Apotheken hatten bis zu diesem Zeitpunkt keinen Impfstoff vorbestellen können. Und die Hersteller – in Deutschland sind es drei – haben sich mengenmäßig an den Vorbestellungen der vergangenen Jahre orientiert“, erklärt Eickmann. Die Produktion einer Impfdosis dauere eben Monate.
Dem Vernehmen nach diskutieren Apother-, Ärzte- und Kassenverbände nun eine Lösung. Die könnte so aussehen, dass einzelne Impfdosen aus den in Praxen vorgehaltenen Gebinden für Risikopatienten für Nicht-Risikopatienten verwendet werden. In Arztpraxen sind Impfdosen in Zehnergebinden für chronisch Kranke oder Schwangere vorrätig. Alle anderen Impfwilligen erhalten ein Rezept vom Arzt und besorgen sich den Impfstoff in der Apotheke – wenn er noch vorrätig ist. Ob eine Einzelentnahme aus den Zehnergebinden den Engpass komplett kompensiert, sehen Experten wie Eickmann eher skeptisch. Sein Rat: „Wer sich impfen lassen möchte, der sollte sich in seiner Apotheke vor Ort nach Beständen erkundigen.“
Die Grippe hat 2017/2018 zu fast 2000 Todesfällen geführt, 200 davon in Baden-Württemberg. bob / Foto: dpa