Fast so intensiv wie in der Kindheit

Für Mesnerinnen und Mesner ist der Advent spannend und arbeitsreich – Momente der Stille erleben und genießen


Mesnerinnen und Mesner, ob katholisch oder evangelisch, haben im Advent alle Hände voll zu tun. Gottesdienste, Konzerte und Krippenspiel wollen vorbereitet, das Gotteshaus passend dekoriert sein. Klaus Hauber und Alexandra Kohl, die mit dem Wochenblatt ECHO über ihre Vorweihnachtszeit gesprochen haben, empfinden diese Arbeit nicht als Belastung, sondern als Bereicherung, die sie die Vorweihnachtszeit besonders intensiv erleben lässt.

Weihnachten hat zwei Gesichter: Kommerz und Nächstenliebe, hektischer Trubel und innere Einkehr. Klaus Hauber, der in der evangelischen Stadtkirche St. Laurentius in Nürtingen Mesner ist, erlebt diesen Kontrast jedes Jahr ganz direkt. Denn der Weihnachtsmarkt, der im Dezember zehn Tage lang rund um die Kirche stattfindet, strahlt bis in deren Innenraum ab. „Sie hören die Musik vom Karussell, Sie hören Stimmen und merken, draußen ist ganz viel los“, erzählt Hauber. Ihn stört das nicht, er lässt sich – Kommerz hin oder her – von der Stimmung berühren und wünscht sich manchmal, dass mehr Menschen den Weg ins Gotteshaus finden würden. Zum Beispiel zu den Adventsmomenten, die in der Marktzeit täglich zu einer besinnlichen halben Stunde einladen. Der Mesner freut sich, wenn Eltern oder Großeltern mit den Kindern die Krippenausstellung anschauen, oder wenn die Lichterkönigin Lucia mit ihrem weiß gekleideten Gefolge und vielen Kerzen in die Kirche kommt: „Das ist ein wunderschönes Bild.“

Leben in der Kirche findet er schön, auch wenn es Arbeit mit sich bringt. Schon Wochen vor dem Weihnachtsmarkt wurden Postkarten, Kalender und Kerzen bestellt, um sie für einen guten Zweck verkaufen zu können. Tannenbäume und Tische für die Krippen werden aufgestellt, der Adventskranz mit großen Kerzen bestückt und aufgehängt. Der Christbaum kommt ganz traditionell erst am 22. Dezember in die Kirche. „Da braucht man vier robuste Männer zum Tragen“, sagt Hauber, der den Baum dann mit Strohsternen schmückt.

Die Anspannung ist vor allem bei den gut besuchten Gottesdiensten am Heiligen Abend riesengroß. Dann bangt Hauber, ob alles gut geht, ob nicht jemand krank wird oder ein Notfall eintritt. „Aber ich genieße es dann auch, wenn ein Gottesdienst schön ist oder wenn die Musik schön ist“, sagt er. Richtig baden könne man in dieser Musik, sagt er, auch bei den Schulkonzerten im Advent.

Beim Krippenspiel am Nachmittag des 24. Dezember „geht es zu wie im Ameisenhaufen“. Beim Abendgottesdienst ab 18 Uhr wird das letzte Lied ohne Licht, nur im Kerzenschein, gesungen. Und beim Nachtgottesdienst spürt er, dass von den meisten Menschen die Spannung abgefallen ist, dass sie freudig und dankbar kommen. Er selbst verbringt meistens den ganzen Heiligen Abend in der Kirche. Vielleicht macht er am Abend einen Abstecher nach Hause, aber dort wartet keine Familie auf ihn. Oft bleibt er durchgehend in der Kirche und erlebt einen echten Moment der Stille. Eigentlich, sagt Klaus Hauber, finde er „in Weihnachten erst rein, seitdem ich hier Mesner bin“. Natürlich war das Christfest für ihn immer wichtig. Aber der emotionale Bezug, wie er ihn als Kind hatte, ist erst in St. Laurentius wieder gewachsen.

„Man nimmt die Adventszeit intensiver wahr“, sagt auch Alexandra Kohl, die in der katholischen Kirche St. Josef in Esslingen-Hohenkreuz nebenberuflich als Teil des vierköpfigen Mesnerteams tätig ist. Von Arbeit möchte die 45-Jährige in diesem Zusammenhang nicht sprechen, lieber von einem „Dienst am Herrn und an der Gemeinde“. Und auch wenn im Advent deutlich mehr als sonst zu tun ist, gelingt es ihr besser als früher, der vorweihnachtlichen Hektik zu entkommen. „Ich merke, wie gut das tut, Pause vom Alltagsleben zu machen, und wie du daraus Kraft schöpfst“, sagt sie. Dabei hilft ihr das „Morgenlob“ zum Sonnenaufgang in der Kirche ebenso wie die „klangvolle Stille“ am frühen Abend mit meditativer Musik. Oft setzt sich die Mesnerin, die berufstätig ist, nach der Arbeit noch in die Kirche, die mit ihrem kunstvollen Auferstehungsfenster im Altarraum meditative Ruhe ausstrahlt.

Natürlich kennt auch Alexandra Kohl die Anspannung und die zusätzlichen Dinge, die zu tun sind. Je näher Weihnachten rückt, desto voller wird die Kirche. Die Heizung muss richtig programmiert sein, viele Kerzen brennen, die Stühle werden zusammengerückt. Aber all das führt zu bewegenden, sinnlichen Momenten, zum Beispiel, wenn das Friedenslicht aus Bethlehem am dritten Advent in die Kirche getragen wird oder beim Krippenspiel. „Da geht das Herz auf, das macht mir richtig Freude“, sagt Alexandra Kohl.

Sie spüre heute mehr als früher, wenn Weihnachten näher rückt, sagt sie. Und bemerkt mit einem Seitenblick auf die Besucherin von der Zeitung: „Wenn Sie eine Auszeit brauchen – wir haben am Sonntag klangvolle Stille.“                                 aia / Fotos: aia


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