Auf der Fläche der Daimler-Teststrecke an den Wernauer Baggerseen stehen die Zeichen auf Energiegewinnung

In der jüngsten Gemeinderatssitzung in Wernau stand der Punkt „Freiflächen-Fotovoltaikanlage Gemeindewasen“ auf der Tagesordnung: Das Gremium hat die Aufstellung eines Bebauungsplans für die Fläche beschlossen – eine Voraussetzung, um auf der ehemaligen Daimler-Teststrecke eine großflächige Fotovoltaikanlage aufzustellen. Dabei ist im Regionalplan an dieser Stelle ein regionaler Grünzug und ein Gebiet für Naturschutz und Landschaftspflege vermerkt. Ebenso muss der Flächennutzungsplan geändert werden – auch in ihm ist der Bereich als Grünfläche ausgewiesen.
Grundstückseigentümer ist das Betonwerk Wernau, dem auch große Teile des bestehenden, angrenzenden Naturschutzgebietes gehören. Die Firma wolle eine „neue, zukunftsfähige Nutzung“ im Bereich der früheren Teststrecke entwickeln, heißt es in der Gemeinderatsvorlage. Mehrere Gespräche mit dem Esslinger Landratsamt, dem Regierungspräsidium Stuttgart und dem baden-württembergischen Umweltministerium hätten bereits stattgefunden; die Pläne für Fotovoltaik würden „allgemein begrüßt“. Auch der Wernauer Gemeinderat hat mit dem Aufstellungsbeschluss grundsätzliche Offenheit für das Thema signalisiert.
Die Naturschützer vom Betreuungsverband der Baggerseen sehen das Vorhaben dagegen kritisch. Sie hatten gehofft, dass nach dem Ende der Teststrecke das Land die Fläche aufkauft und sie dem Naturschutzgebiet zuschlägt. Das wäre die „einmalige Chance, im dicht besiedelten Neckartal ein möglichst großes, zusammenhängendes Naturschutzgebiet zu schaffen“, sagt Roland Appl als Beauftragter des Nabu-Kreisverbandes Esslingen für das Naturschutzgebiet Wernauer Baggerseen. Mit der Erweiterung wäre ein Gebiet von maximal rund 60 Hektar Fläche möglich. Doch offensichtlich ist ein Flächenkauf durch das Land nicht mehr im Gespräch, die Eigentumsverhältnisse sind wie gehabt – und statt Flächen für den Naturschutz steht jetzt die Fotovoltaikanlage im Raum.
Allerdings könne von den rund 7,5 Hektar Fläche, die der Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans umfassen wird, nicht alles für Fotovoltaik genutzt werden, stellt Appl fest: So liegt der „Alte See“ des Fischerei- und Hegevereins gut zur Hälfte in dem Gebiet, außerdem liegen Teile des Naturschutzgebiets Wernauer Baggerseen und kartierte Biotope auf dem Gebiet. Die verbleibenden rund fünf Hektar sind nur teilweise befestigt und ansonsten mit Sträuchern und Bäumen bewachsen, die laut Appl Brutplätze zum Beispiel für Nachtigallen seien und wo auch seltene Orchideen wüchsen. Für eine Fotovoltaikanlage „müsste dies alles gerodet und vermutlich eingezäunt werden“. Sollte die Anlage trotzdem kommen, fordern die Naturschützer zumindest eine Pufferzone von mindestens 30 Metern bis zum Ufer des „kleinen Sees“, der zwischen der Teststrecke und den Baggerseen liegt.
Das alles war allerdings im Gemeinderat noch kein Thema, hier ging es zunächst nur um die grundsätzliche Weichenstellung. Nicolai Boldt (Grüne) fragte trotzdem nach, wie denn die Naturschutzverbände die Pläne sähen. Dazu äußerte sich die Stadtverwaltung nicht. Der Naturschutz werde dann als Träger öffentlicher Belange im Laufe des Verfahrens ohnehin gehört, erklärte Bürgermeister Armin Elbl.
aia / Foto: Karin Ait Atmane