Das neue Geländer auf der Esslinger Pliensaubrücke kommt nicht bei allen gut an

Ein historisches Schmuckstück ist wieder ein Stückchen schmucker geworden. Die Bauzäune auf der im Jahr 1259 aus Stubensandstein errichteten Pliensaubrücke in Esslingen sind kurz vor Ostern entfernt worden. Die optisch wenig ansprechenden Gitter waren Anfang September 2020 zum provisorischen Schutz der Brückenränder errichtet worden. Im Februar war dann mit der Installation eines neuen Geländers zur Verbesserung der Sicherheit des Radverkehrs begonnen worden. Mit Abschluss der Arbeiten konnte der Bauzaun entfernt werden. Die Maßnahme und ihre Begleitumstände hatten für heftige Kritik auch seitens des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) sowie der SPD- und Grünen-Fraktion im Gemeinderat gesorgt.
Anfang September vergangenen Jahres hatte ein Rechtsgutachten Sicherheitsmängel auf der damals frisch sanierten Pliensaubrücke aufgedeckt: Die bestehende Brüstung sei nicht hoch genug für den Fahrradverkehr, die Stadt werde bei entsprechenden Unfällen in Haftung genommen. Die Führung des Radverkehrs auf der Brückenmitte stelle keinen ausreichenden Schutz dar. Aufwendige Planungen folgten, denn neben den Anforderungen des Denkmalschutzes mussten gestalterische Vorgaben, technische und konstruktive Besonderheiten beachtet werden.
Montiert wurde nach Angaben des Pressereferats der Stadt Esslingen eine Spezialkonstruktion, die Form und Struktur der Natursteine berücksichtige. Zudem sei ein Geländer installiert worden, „das einerseits den rechtlichen und technischen Anforderungen entspricht und andererseits die historische Ansicht der Brücke bestmöglich erhält“. Vorausgegangen war eine enge Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege, erklärt das Pressereferat. Das neue Geländer ist nach Angaben von Pressesprecher Roland Karpentier auch in technischer und konstruktiver Hinsicht eine Herausforderung gewesen. Durch eine Höhe von mindestens 1,30 Metern sollen die Radfahrer besser geschützt werden, und die Konstruktion müsse aus Sicherheitsgründen und Vorschriften von DIN EN 1991 einer Anpralllast von 120 Kilogramm standhalten: „Entsprechend stabil müssen Pfosten und Verankerung gestaltet sein.“
Schwierig war bei der Umgestaltung des Geländers laut Karpentier auch die Beschaffenheit der Steinbrüstung: „Sie besteht nicht aus massiven Steinen, sondern ist vielmehr eine Steinverblendung um einen Betonkern aus den 50er-Jahren.“ Das habe die Befestigungsmöglichkeiten zusätzlich eingeschränkt. Entscheidend für eine langfristige Stabilität des Geländers sei zudem der Abstand zwischen den Pfosten. Er muss groß genug sein, um ein Verbiegen des Handlaufs – auch durch Vandalismus – zu verhindern.
SPD, Grüne und der ADFC waren gegen die Art des Geländeraufbaus Sturm gelaufen. Sie hatten das aus ihrer Sicht zu massive optische Erscheinungsbild, die hohe Verletzungsgefahr bei Stürzen von Radfahrern oder Kindern, zu starke Eingriffe in die historische Substanz, eine negative Beeinträchtigung des Stadtbilds und die Nichteinbeziehung des Gemeinderats in die Gestaltung kritisiert. Im Ausschuss für Technik und Umwelt des Gemeinderats hatten die Kommunalpolitiker ihrem Ärger Anfang März Luft gemacht. Die Pliensaubrücke sehe aus, als müsste sie gegen Panzer und Gewehre geschützt werden, hatte etwa Stadträtin Heidi Bär (SPD) gewettert.
Baubürgermeister Wilfried Wallbecht hatte auf technische Vorgaben, Anforderungen des Denkmalschutzes und historische Gegebenheiten verwiesen. Die Sicherheit von Radfahrern und Kindern sei durch die Breite der Brücke, den abgeflachten Belag in ihrer Mitte und die nach unten abgeschrägten Pfosten gewährleistet, hatte Uwe Heinemann vom Tiefbauamt erklärt. Mit der Entfernung der Bauzäune ist zumindest das Panorama der Pliensaubrücke wieder verbessert worden. sw / Foto: Roberto Bulgrin