Die Alternative-Rockband „Cloey“ startet mit ihrer CD „Alles vergessen, Baby!“ durch – Auch organisatorische Fäden selbst in der Hand
Stuttgart ist das neue Seattle, war unlängst in einer der führenden deutschen Musikgazetten zu lesen. Der Vergleich der einstigen deutschen Hip-Hop-Hochburg mit dem Geburtsort des Grunge mag überraschen, darf jedoch als Metapher für die professionelle Ausrichtung der Musiker und die Vielfalt, die sich vor allem in den Bereichen Indie, Punk und Alternative Rock ausprägt, verstanden werden. Zu den Schwungrädern dieser Entwicklung gehört auch „Cloey“, ein vor zwei Jahren gegründetes Rockkollektiv aus Ostfildern-Nellingen, das Mitte Mai die Veröffentlichung seiner Debüt-CD „Alles vergessen, Baby!“ im Ruiter Zentrum Zinsholz feierte.
Ein erster Hörtest ergibt: Cloey (Gesang), Hendrik (Schlagzeug) und Lars (Gitarre) haben das Zeug dazu, eine feste Größe im „deutschen Seattle“ zu werden. Die satte Produktion verstärkt den Druck der Bratzgitarren, Cloeys Stimme verleiht den deutschen Texten mal Schärfe, mal viel Gefühl. Auch bei mehrmaligem Durchlauf des Albums gibt es Soundschnipsel und kompositorische Finessen zu entdecken, die zur Kantigkeit der Songs beitragen. Möglicherweise sind einige Stücke durch ihre unverkennbare Härte nicht kompatibel für die Dauerschleifen im Radio, auf Platte jedoch entfalten sie Wucht und besitzen bei all dem Ohrwurmqualität. Ein professionell gedrehtes Video zur Vorab-Single „Bass, Bass, Bass“ ist schon seit Monaten auf den entsprechenden Internet-Kanälen zu sehen, in zwei Wochen erscheint ein weiteres zu „Weg von hier“, das in Kooperation mit der Filmfabrik Schwaben aus Stuttgart entstand.
Fast 20 000 Euro hat die Band in ihr Projekt gesteckt und schon daran ist die Intuition der Musiker erkennbar. Die drei, die live durch den Bassisten Thomas verstärkt werden, wollen es wissen. Dazu gehört die Konzentration auf das Hier und Jetzt, der Bandname wird zum Identitätsbegriff, daher verzichten Cloey, Hendrik und Lars darauf, ihre Nachnamen zu nennen. Die gemeinsame Musikhistorie in verschiedenen Formationen bezeichnen sie als Findungsphase, erst vor zwei Jahren habe sich der Wunsch herauskristallisiert, härtere Töne auszuprobieren. „Dieses ‚Voll auf die Fresse‘ hat in unseren Herzen geschlummert“, sagt die Frontfrau. „Und wir haben schnell gemerkt: Das sind wir, das macht uns aus.“
Bislang halten die Musiker auch die organisatorischen Fäden in der Hand. Das Label, um das Album herauszubringen, haben sie selbst gegründet. Management, Booking, Werbung und alle anderen Aufgaben teilen sie untereinander auf. „Jeder, der eine Aufgabe übernimmt, ist auch für sie verantwortlich. Wenn es hart auf hart kommt, muss die- oder derjenige auch die Entscheidung treffen“, erklärt Cloey die Gewaltenteilung. Da komme es auch mal zu Auseinandersetzungen, aber da sich alle in der Sache einig sind, können solche Unstimmigkeiten schnell aus der Welt geschafft werden.
Leben können die Musiker von ihrer Kunst noch nicht, lediglich Hendrik, der eine Musikschule in Nellingen betreibt, kann seine Leidenschaft für den Broterwerb nutzen. Das liegt mitunter auch daran, dass die Modalitäten, um einen Auftritt zu bekommen, nicht sehr künstlerfreundlich sind. Die Vergabe wird von Votings und Facebook-Abstimmungen beherrscht. „Man bewirbt sich für ein Konzert, dann wird eine bestimmte Anzahl an Bands ausgewählt, die ins Voting gehen“, erklärt Cloey das Prozedere. Die Fans bestimmen per Mouseclick, wer auf die Bühne darf. Eine Gage gibt es meistens nicht, das Glück, zu den Auserwählten zu gehören, muss als Lohn genügen. Fair findet die Sängerin das nicht. „Die Musik und die Arbeit, die dahinter steht, wird nicht geschätzt. Wenn du zum Bäcker gehst, erwartest du doch auch nicht, dass dir das Brötchen geschenkt wird.“
Dennoch ist der Terminkalender der Band reich bestückt, inzwischen stehen auch einige Konzerte außerhalb der Grenzen Baden-Württembergs an. Darin sieht die Frontfrau die Bestätigung des eigenen Wirkens. „Das Geilste ist, auf der Bühne zu stehen, deine Songs zu spielen und die Leute applaudieren für die Arbeit, die du geleistet hast“, sagt Cloey. on / Foto: privat
Info: Mehr Informationen zur Band gibt es im Internet unter www.cloey.net. Dort kann auch die CD erworben werden.