Der ambulante Hospizdienst Ostfildern unterstützt seit gut 25 Jahren Todkranke und deren Angehörige

Es geht um Würde. Einem unheilbar kranken Menschen in seiner letzten Lebensphase Geborgenheit vermitteln und die Begleitung an seinen Wünschen und Bedürfnissen ausrichten – so lässt sich der Hospizgedanke definieren. Ein wesentlicher Aspekt dieser Aufgabe besteht darin, bei allem Tun auch die Angehörigen im Blick zu haben. Denn sie befinden sich genauso wie der Sterbende in einer Ausnahmesituation. Genau in diesem Sinne leisten seit gut 25 Jahren knapp zwei Dutzend Ehrenamtliche in Ostfildern segensreiche Arbeit.
Das Jubiläum hat der ambulante Hospizdienst im Jahr 2022 mit mehreren Veranstaltungen gefeiert. „Auch, um mehr Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig diese Begleitung ist“, sagt der Vorsitzende Ulrich Abele. In beeindruckender Weise war das zuletzt in der katholischen Kirche St. Dominikus in der Parksiedlung gelungen. Mit dem Programm „Letzte Lieder“ tourt Stefan Weiller seit zehn Jahren durch Deutschland – und fesselt seine Zuhörer mit Musik und Geschichten von Menschen am Lebensende. Mit der Frage „Was war das Lied Ihres Lebens?“ war der Autor auf sterbende Menschen zugegangen. Die zum Teil hoch emotionalen Ergebnisse präsentiert Weiller bei seinen Auftritten: Mit dem Soundtrack ihres Lebens verknüpfen die Interviewten scheinbar widersprüchliche Gefühle wie Trauer, Dankbarkeit, Angst, Heiterkeit, Zuversicht und Schmerz. Mit Hilfe der Musik entsteht eine Brücke zu existenziellen Fragen des Lebens.
Tiefgründig, aber eher rational beleuchtete eine andere Veranstaltung ein kontrovers diskutiertes Thema: „Der assistierte Tod – im Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung und dem Schutz des Lebens.“ Seit der Änderung des Paragrafen 217 im Strafgesetzbuch im Februar 2020 darf jeder Mensch selbst bestimmen, wann, aus welchem Grund und wie er aus dem Leben scheidet. Doch was bedeutet dieses Gesetz für die Versorgung von Schwerstkranken? Wie kann das Recht auf assistierten Suizid gewährt und gleichzeitig das Leben jener Menschen geschützt werden, für die es Möglichkeiten der Hilfe gibt? Weil die Mitarbeiter des Hospizdienstes immer wieder mit solchen Fragen konfrontiert sind, holte sich der Verein im Mai mit Ralf Jox einen renommierten Medizinethiker von der Universität Lausanne zu einer viel beachteten Podiumsdiskussion. Beim Hospizdienst in Ostfildern sei man gerade dabei, Leitlinien zu erarbeiten, berichtet Ulrich Abele. Für ihn gilt wie für Einsatzleiterin Christa Schlecht ein klarer Grundsatz: „Wir befördern den assistierten Suizid nicht, aber wir begleiten die Menschen bei ihren Vorstellungen und Wünschen.“
Selbst werde man in der Hinsicht nicht aktiv. Diese Haltung vermittle man auch den ehrenamtlich tätigen Begleitern, erklärt Schlecht. Denn sie müssten sich bei ihrer Arbeit auch sicher fühlen. Als ausgebildete Palliativ-Fachschwester weiß sie um die Brisanz der Thematik. Wo es um die Begleitung eines sterbenden Menschen geht, herrsche eine Ausnahmesituation. Dafür brauche man einen sicheren Rahmen. Bei den Betreuten wie bei den Familienangehörigen entstehe schnell ein großes Vertrauen. „Und wir spüren eine große Dankbarkeit“, berichtet Schlecht.
Ulrich Abele hatte mit solchen Situationen schon in seinem Berufsleben zu tun. „Da geht es sehr schnell um existenzielle Fragen“, berichtet der Onkologe und Palliativmediziner. Die Arbeit des Hospizdienstes sei zuweilen sehr anstrengend, aber sie helfe ungemein – den Betroffenen wie den Familienangehörigen. Abele ist froh darüber, dass die Versorgung schwerst kranker Menschen auf verschiedenen Säulen steht. In Ostfildern gibt es mit dem Palliativverbund ein Netzwerk, dazu zählen neben dem Hospizdienst auch die ambulanten Pflegedienste, Hausärzte sowie die Medius-Klinik und das Samariterstift in Ruit.
Dankbar angenommen werden auch andere Angebote des Vereins wie das „Café für Trauernde“ und die „Feier der Erinnerung“. Gemeinsam sprechen und schweigen zu können, tut vielen Hinterbliebenen gut. Wie es schon Astrid Lindgren formulierte: „Lange saßen sie dort und hatten es schwer, doch sie hatten es gemeinsam schwer. Und das war Trost. Leicht war es trotzdem nicht.“
hf / Symbolfoto: dpa