Sieben Tote und 826 Grippe-Kranke im Kreis – Medius-Kliniken mit hohem Krankenstand
Die Bahn setzt Busse ein, da Lokführer erkrankt sind. Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises kann nicht alle Fuhren bedienen – zu viele Kranke. Die aktuelle Influenzawelle rollt mit Macht. Experten rechnen damit, dass der Zenit erreicht ist und die Zahl der Neuerkrankungen abnimmt. Eine Impfung zum jetzigen Zeitpunkt könnte zu spät sein.
„Bisher 826 Erkrankte, sieben Tote und eine Epidemie, die anhält“, so fasst Albrecht Wiedenmann zusammen. Der Mediziner ist Sachgebietsleiter für Infektionsschutz im Gesundheitsamt Esslingen. Er schätzt, dass die aktuelle Grippe auch die recht starke vom vergangenen Jahr übertrifft. Damals waren zum gleichen Zeitpunkt knapp über 500 Fälle aktenkundig. Seit den Aufzeichnungen im Jahr 2001 ist der jetzige Stand laut Wiedenmann der höchste überhaupt.
Das hat einen Grund: Der aktuelle Erreger ist ein Untertyp der Influenza-B-Virenstämme und nicht wie in den Vorjahren der A-Typus. Diesen B-Typus – er macht 65 Prozent des Erregers aus – hatten die Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht auf der Rechnung, als sie die Zusammensetzung der Viren prognostizierten und damit auch das Design des Impfstoffs vorgaben. Der Dreifachimpfstoff, mit dem auf Empfehlung der Ständigen Impfkommission (StiKo) immunisiert wird, hat dem aktuellen Virus nicht viel entgegenzusetzen. Die Schutzimpfung kann nicht komplett gegen Influenza schützen, sodass Geimpfte dennoch erkranken können. Der Vierfachimpfstoff, der den B-Stamm berücksichtigt, wird von den gesetzlichen Krankenkassen derzeit nicht bezahlt – es sei denn, man gehört einer Risikogruppe an. Und eine Impfung ist derzeit schon fast zu spät, da der Körper etwa zehn Tage zur Immunisierung braucht. Gefährlicher ist der Virustyp B allerdings nicht.
Auch in den Krankenhäusern zeigt sich die starke Erkrankungswelle. Norbert Nadler, der Leiter der MediusKliniken im Kreis, spricht von deutlich mehr Krankheitsfällen als im vergangenen Jahr. Schwerer seien die Verläufe indes nicht: „Wir haben einige Isolierungen und die Leute arbeiten mit Mundschutz“, erklärt Nadler. Ein Erkrankter sei bislang nach Tübingen verlegt worden. Massiv betroffen ist laut Nadler auch das Personal in den Kliniken. „Der Krankenstand ist hoch, die gute stationsübergreifende Teamarbeit und die Bereitschaft von Mitarbeitern, aus der Freizeit in den Dienst zu kommen, hat Bettenschließungen bislang verhindert.“ Damit rechnet Nadler auch nicht mehr, denn er hält den Peak für erreicht.
Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises fährt wieder Normalbetrieb, wie Geschäftsführer Manfred Kopp erklärt. Auch Reinhold Willing, der Sprecher der S-Bahn Stuttgart, sieht keine weiteren Einschränkungen im Betrieb, obgleich der Krankenstand ungewöhnlich hoch sei. Die S-Bahn hatte am Wochenende Verbindungen eingeschränkt oder durch Busse ersetzt, um Lokführerschichten für die aktuelle Woche frei zu haben. bob / Foto: dpa