Trotz durchwachsener Saison peilt Manuel Fumic in Rio eine Medaille an
Es läuft noch nicht rund für Manuel Fumic in dieser Saison, im Weltcup sind die Spitzenplatzierungen bislang ausgeblieben. „Ich habe nicht die Ergebnisse eingefahren, die ich erwartet habe“, räumt der Kirchheimer ein. Doch der Mountainbikefahrer lässt sich vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro nicht Bange machen. Ruhe bewahren, sich konsequent vorbereiten, das sollen Punkte sein, die ihn schließlich in Brasilien an die Spitze des Fahrerfelds spülen. Hilfreich kann auch ein Blick zurück sein: Vor vier Jahren zählte Fumic in London zum erweiterten Favoritenkreis. Zwar sprang am Ende ein respektabler siebter Platz heraus. Doch Fumic hatte mehr erwartet, wollte um die Medaillen mitfahren. Die waren aber ein gutes Stück entfernt. „Ich hatte einfach nicht die Tagesform, um vorne mitzufahren“, sagt der Profi, der im Rennstall des Fahrradherstellers Cannondale sein Auskommen hat. Genau das soll ihm in Rio gelingen, also die Umkehr der London-Erfahrung. Ein perfekter Tag kann nach einer verkorksten Saison ebenso herausspringen wie ein schlechter nach vorangegangenen guten Monaten. „Es zählt jeder Prozentpunkt“, feuert Fumic sich selbst nochmals an.
Der Umtriebige in Sachen Mountainbikesport ist abseits der Piste ruhiger geworden, vor allem die Familie erdet ihn. Der Hochzeit mit Anna vor fünf Jahren folgte die Geburt von Sohn Hugo. Tochter Coco ist heute zwei Jahre alt. Vor vier Jahren ging es für Fumic von Stuttgart wieder zurück in die Kirchheimer Heimat, im Teilort Lindorf gibt es ein Zuhause in beschaulicher Umgebung. „Mit Familie sieht der Alltag anders aus, er ist entschleunigt“, sagt Fumic. Im Kreis der Vertrauten schöpft er, der 200 Tage im Jahr in Sachen Radsport in der ganzen Welt unterwegs ist, die nötige Kraft.
Dass ihn die bislang überschaubaren Saisonergebnisse nicht aus der Ruhe bringen, liegt auch an der gesammelten Erfahrung. 34 Jahre ist Fumic mittlerweile alt, Rio sind seine vierten Spiele. Die Bilanz: Achter in Athen, Rang elf in Peking und eben Siebter in London – und jede Menge Einblicke in den olympischen Trubel. „Erfahrung ist ein sehr entscheidender Faktor“, sagt er. Als junger Athlet werde man von dem „Riesending Olympia geflasht“. Er sei aber sehr gelassen: „Ich weiß, was auf mich zukommt.“
An einer guten Vorbereitung führt trotzdem kein Weg vorbei. Im Winter ging’s für zwei Monate ins Trainingslager nach Südafrika. „Kilometer machen im Süden“, nennt das Fumic. Ansonsten hat er im Vorfeld von Olympia nicht viel verändert, nur einige zusätzliche Rennen standen im Kalender. Und er engagierte wie schon vor vier Jahren einen Mentaltrainer. Denn trotz aller Erfahrung: „Der Druck ist relativ hoch und ich will das Letzte herausholen. Es zählt jedes Detail.“ Ist Fumic mal nicht im Weltcup-Zirkus unterwegs, zieht er seine Trainingsrouten über Schwäbische Alb, Schurwald, nach Stuttgart. „Hier gibt es viele Trainingsgebiete“, sagt er.
Doch in Deutschland, sogar in der Nachbarschaft, erwächst dem Platzhirsch Konkurrenz. Bei den deutschen Meisterschaften Mitte Juli siegte Markus Schulte-Lünzum vor Moritz Milatz. Dritter wurde der Neuffener Christian Pfäffle, nachdem er in der vorletzten Runde Pech mit einem Defekt hatte. Fumic hatte schon zuvor den Kontakt zur Spitzengruppe abreißen lassen müssen. Trotzdem fahren er und Ex-Europameister Milatz zu Olympia. Für die Qualifikation waren vor allem Fumics Top-Ergebnisse aus dem vergangenen Jahr ausschlaggebend.
Anfang dieses Jahres war Fumic noch Dritter der Weltrangliste, er weiß also, dass er immer noch mithalten kann. Zuletzt holte er sich auch noch mit einem siebten Platz beim Weltcup auf der Olympiastrecke von London etwas Selbstvertrauen – schon wieder Siebter auf dieser Strecke. In Rio soll es mehr sein. Danach wird für den 34-Jährigen die aktive Karriere noch nicht beendet sein. „Ich bin immer noch hoch motiviert“, sagt er. Zwei Jahre will er auf jeden Fall noch weiterfahren. „Ich weiß aber nicht, ob ich noch einmal zu Olympia komme.“
Vor einigen Tagen ist Fumic von Rennen und Training in Kanada nun in Rio angekommen, hat sein Zimmer im olympischen Dorf bezogen. Am letzten Wettkampftag, am 21. August mittags, wird das olympische Mountainbikerennen gestartet. Die Konkurrenz vor allem aus der Schweiz und Frankreich, auch von Olympiasieger Jaroslav Kulhavy aus Tschechien, ist groß. „Das Leistungsniveau ist dieses Jahr wahnsinnig hoch“, sagt Fumic. Der Streckenzuschnitt in Rio ist mit dem in London vergleichbar. „Technisch anspruchsvoll, aber auch defektanfällig“, bilanziert er. Die Taktik? „Wenn die Form stimmt, muss man schauen, vorne dran zu bleiben.“ Vielleicht könne er im Pulk Kraft sparen, um dann die entscheidende Attacke zu fahren. Auch wenn sie nach den bisherigen Saisonergebnissen weit weg scheint, eine Medaille sei das Ziel. „Ich hoffe auf einen guten Tag“, sagt er. ch
Foto: dpa