Seit 14. Juni bedient das Unternehmen Abellio die Bahnstrecke Stuttgart-Tübingen – Unmut in Nürtingen

Am Sonntag, 14. Juni, hat das Verkehrsunternehmen Abellio den Betrieb auf der Bahnstrecke Stuttgart-Tübingen von der Deutschen Bahn übernommen. Doch der Start gestaltet sich holprig. Zu wenig Fahrzeuge und keine Tickets für den Fernverkehr in Nürtingen sorgen für Ärger. Dem gegenüber steht eine Taktverbesserung mit modernen Fahrzeugen. Oberboihingen erhält zudem eine für Pendler akzeptable Anbindung.
Das Verkehrsunternehmen Abellio hatte bei der Neuausschreibung der Netze in der Region Stuttgart durch das Land Baden-Württemberg den Zuschlag für die Strecke Stuttgart-Tübingen erhalten. Abellio hatte sich gegen den bisherigen Betreiber DB Regio mit dem Versprechen durchgesetzt, neue Fahrzeuge einzusetzen und den Takt wesentlich zu verdichten. Die Verbesserung beinhaltet unter anderem eine stündliche IRE-Verbindung zwischen Stuttgart und Tübingen, die die stark nachgefragte Strecke mit nur wenigen Zwischenhalten in 45 Minuten zurücklegt. Zudem wird der Regionalexpress, der bisher nur zur Hauptverkehrszeit halbstündlich verkehrt, nun an allen Werktagen durchgehend bis 20 Uhr und an Samstagen bis 18 Uhr im 30-Minuten-Takt angeboten. Auch kleine Bahnstationen profitieren. So wird der bisherige Regionalbahn-Halt in Oberboihingen nun stündlich bedient. Pendler erhalten so eine gute Verbindung nach Tübingen oder Stuttgart.
Die Freude im Landesverkehrsministerium ist derzeit noch verhalten. Der Hersteller Bombardier, bei dem Abellio 45 Fahrzeuge für den Einsatz auf der Strecke bestellt hatte, hatte bis zum Start am vergangenen Sonntag nur die Hälfte der Züge geliefert.
„Leider sind durch den Fahrzeughersteller Bombardier bisher nicht alle Fahrzeuge geliefert worden, um alle Linien von Abellio vollständig mit Neufahrzeugen bedienen zu können“, teilten Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Rolf Schafferath, Geschäftsführer von Abellio Baden-Württemberg, mit. Bombardier hat demnach erst 27 Fahrzeuge an Abellio übergeben, davon waren 23 abgenommen und damit einsatzfähig. Abellio muss daher zunächst mit Leihfahrzeugen fahren, einzelne Verbindungen sind sogar an Subunternehmen vergeben worden. Für die Gemeinde Bempflingen bedeutet das in nächster Zeit eine erhebliche Einschränkung. Die Ersatzfahrzeuge können an den dortigen kurzen Bahnsteigen nicht halten, da sich bei ihnen das Öffnen der Türen nicht auf einzelne Zugteile beschränken lässt. Bempflingen wird daher außer bei einzelnen Fahrten morgens und abends bis Herbst mit Bussen bedient.
Reichlich Unmut gibt es in Nürtingen. Mit dem Start von Abellio hat das Reisezentrum im Bahnhof dicht gemacht. Während Nahverkehrstickets noch im Presseladen im Bahnhof gekauft werden können, sieht es für Fernverkehrstickets oder gar Beratung finster aus. Kunden werden dafür auf das Internet verwiesen. „Unzumutbar“ findet das Nürtingens Oberbürgermeister Johannes Fridrich und hat in einem offenen Brief an die Nürtinger Bundestagsabgeordneten um Hilfe gebeten. Nürtingen werde in den nächsten Jahren an Bedeutung im ÖPNV-Netz gewinnen. „Wir wollen die Menschen dazu bewegen, häufiger auf das Auto zu verzichten und den ÖPNV zu nutzen. Dann müssen wir ihnen den Umstieg aber auch erleichtern und dürfen keine unnötigen Hürden aufbauen“, sagt er. pst / Foto: Abellio