Seit 20 Jahren leisten in Baltmannsweiler und Lichtenwald ehrenamtliche Helfer vor Ort professionelle Erste Hilfe

Bei einem Unfall oder einem medizinischen Notfall können manchmal Minuten über das Schicksal des Patienten entscheiden. Im ländlichen Raum, in dem der Rettungsdienst einen weiten Anfahrtsweg hat, kann dies zum Problem werden. Wie andernorts wurden daher in einigen Kommunen im Kreis Helfer vor Ort installiert – professionell ausgebildete ehrenamtliche Ersthelfer, die die Zeit zwischen Notruf und Eintreffen des Rettungsdiensts überbrücken. In Baltmannsweiler und Lichtenwald sind diese Helfer seit 20 Jahren im Einsatz.
„Die Zeit ist während eines Notfalls unser Gegner, manchmal zählt jede Minute“, sagt Martin Kuhn, der Vorsitzende des Ortsvereins Baltmannsweiler des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Im Wissen darum hat das DRK Baltmannsweiler im Oktober 2001 die Helfer vor Ort installiert. Die sogenannten First Responder sind professionell im Sanitäts- oder Rettungsdienst ausgebildete Ehrenamtliche aus der Kommune, die im Fall der Fälle innerhalb weniger Minuten bei einem Patienten sein können.
Arbeits- und Verkehrsunfälle überwiegen, aber auch medizinische Notfälle wie Herzinfarkt, Schlaganfall, starke allergische Reaktionen und Kindernotfälle sind die Notrufstichworte. Mehr als 3200 Einsätze sind die Helfer in den vergangenen 20 Jahren auf dem mittleren Schurwald gefahren, wobei in den vergangenen Jahren die Einsatzzahlen stark zugenommen haben. „Statistisch waren wir schon mindestens ein Mal in jedem Haushalt in Baltmannsweiler und Lichtenwald“, rechnet Kuhn vor.
„Wir sind vom Ort, wir kennen die Straßen und wissen, wo die Häuser sind, die nicht direkt an der Straße stehen. Wir können also den Rettungsdienst dirigieren“, beschreibt Fabian Günther, Bereitschaftsleiter beim DRK Baltmannsweiler, den Vorteil ortskundiger Helfer. Ohne sie werde es bei Notfällen in der Natur problematisch. „Wir können uns die Umgebung oder die Waldwege beschreiben lassen und haben dann eher ein Bild vor Augen als der Rettungsdienst, der sich nicht auskennt und nicht weiß, wo er hinfahren muss.“ Ähnliches gelte bei medizinischen Notfällen im Haushalt oder beim Sport, wenn der Rettungswagen den Weg nicht findet oder keine Erste Hilfe durch Angehörige oder Nachbarn geleistet werde. „Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand sinkt die Überlebenschance pro Minute um zehn Prozent. Wir sind bis zu sieben Minuten vor dem Rettungsdienst beim Patienten. Der Helfer vor Ort rettet Leben“, sagt Günther.
Sie ergänzen dies mit statistischen Zahlen. Durchschnittlich sind die First Responder binnen vier Minuten nach dem Notruf beim Patienten in Baltmannsweiler, binnen sieben Minuten in Lichtenwald. Der Rettungsdienst benötige doppelt so lange. „Wenn der Rettungswagen kommt, ist vieles in die Wege geleitet, die Anamnese erledigt, adäquate und professionelle Erste Hilfe geleistet. In 24 Prozent aller Einsätze sehen wir eine Verbesserung des Patientenzustands beim Eintreffen des Rettungsdiensts. Bei 3200 Einsätzen in 20 Jahren kann man sagen, dass uns viele Leute ihr Leben verdanken“, sagt Günther.
Für den DRK-Ortsverein hat der Dienst eine Schattenseite. „Unsere Hilfe ist nicht nur ehrenamtlich, sondern unentgeltlich. Wir bekommen keinerlei Unterstützung oder Zuschüsse von Krankenkassen oder vom Land“, berichtet Kuhn. 10 000 Euro müsse der Ortsverein jährlich aufbringen, um den Helfer vor Ort zu gewährleisten.
Größere Anschaffungen sind da nicht mehr zu stemmen. Als das Einsatzfahrzeug im Juni mit Motorschaden in die Knie ging und der Ortsverein dann 42 000 Euro für ein neues Auto berappen musste, war das nur durch Spenden möglich. „Die Bevölkerung, Unternehmen und Vereine auf dem Schurwald haben uns ganz grandios unterstützt“, freut sich Kuhn. „Die Menschen in unseren Gemeinden wissen, dass sie vom Helfer vor Ort profitieren und unterstützen uns.“
pst/Foto: Peter Stotz