Planer des Regierungspräsidiums präsentieren ihre Vorzugstrasse für Radschnellweg – Kritik aus Plochingen prallt ab

Der Radschnellweg nimmt jetzt hoffentlich die Fahrt auf, die man braucht.“ Mit diesen Worten hat der Esslinger Landrat Heinz Eininger die neueste Vorzugsvariante für die rund 20 Kilometer lange Strecke zwischen Stuttgart und Reichenbach vor dem Kreistagsausschuss für Technik und Umwelt kommentiert. In diese Trasse haben die Planer im Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) die Anregungen und Kritik der Anlieger-Kommunen an ihrem ersten Vorschlag vom Dezember 2020 eingearbeitet. Im September wurde das Ergebnis den Bürgermeistern vorgestellt. Seitdem touren die Planer durch die Gremien – jetzt waren die Kreistagsmitglieder an der Reihe.
Schon vor der zügigen Präsentation der neuesten Variante hat Eininger mit Genugtuung registriert, „dass man sich immer mehr der Machbarkeitsstudie annähert“, die der Kreis und ein Fachbüro zusammen mit den Kommunen 2019 entwickelt hatten. Die seinerzeit favorisierte Trasse benötigte fünf neue Brücken und zwei Unterführungen, wurde auf 60 Millionen Euro geschätzt und als zu teuer gegeißelt. Für die neueste RP-Variante braucht es vier neue Neckarbrücken, zwei Unterführungen und drei Filsbrücken. Die Gesamtkosten stünden erst am Ende der Vorplanung fest, die Anfang kommenden Jahres abgeschlossen werden soll.
Die größte Veränderung in der neuesten Planung greift zwischen Esslingen und Deizisau: In Esslingen soll der Radschnellweg, aus Stuttgart kommend, auf einer neuen Brücke auf Höhe des Alicenstegs auf die Südseite des Neckars wechseln, um dann am westlichen Ortsrand von Deizisau über eine ebenfalls neue Brücke beim Kraftwerk Altbach/Deizisau wieder ans Nordufer zu gelangen. Am östlichen Ende der Altbacher Neckarinsel bringt ihn dann eine neue Fuß- und Radwegbrücke zurück ans Südufer – etwa auf Höhe des Deizisauer Freibads. Der doppelte Brückenschlag im Bereich Deizisau/Altbach wurde nötig, weil Esslingen bei der ursprünglichen Nordvariante zu wenig Platz und ökologische Bedenken vor allem im Naturschutzgebiet Alter Neckar geltend gemacht hatte. Auch wenn man mit der Südvariante etwas weniger Nutzer erreiche, habe man sich auf diesen Kompromiss geeinigt, sagt Tobias Twietmeyer vom RP.
Am Plochinger Bruckenwasen ist man von einer Einigung weit entfernt. Dort hatten die Planer die Trasse zuerst über das ehemalige Landesgartenschaugelände auf dem westlichen Bruckenwasen gelegt. Ein No-Go für die Plochinger. In der neuen Variante führt das RP die Piste von Deizisau kommend zwar auch in einer neuen Unterführung unter der Kreisstraße hindurch, dann geht sie aber an dieser entlang am südlichen Rand des Bruckenwasens weiter und in einer neuen Unterführung unter der Straße nach Plochingen (Landesstraße 1250). Unter der B-10-Brücke gelangt sie an den Neckar, der dort auf einer neuen Brücke überquert werden soll.
Exakt an dieser Stelle teilen sich die Vorstellungen von RP und Stadt. Während Ersteres durch die Streuobstwiesen des östlichen Bruckenwasens auf die Bahnunterführung zuhalten will, um den Weg dann über einen Ersatzbau für die bestehende Filsbrücke nördlich der Fils oder ohne Bücke südlich des Flusses weiterzuführen, favorisieren die Stadt, Naturschützer und Vereine eine Fortsetzung parallel zur B 10. Die verschone den Park, wäre kürzer, bräuchte aber eine neue Bahnunterführung, was das RP mit Verweis auf die Kosten, die höhere Flächenversiegelung und den drohenden Zeitverlust ablehnt.
„Ich sehe mit Wohlwollen, dass Sie unsere Wunschtrasse jetzt wenigstens mit roten Punkten eingezeichnet haben“, sagte Joachim Hahn (SPD), Stadt- und Kreisrat aus Plochingen. „Aber unser Fokus liegt ganz klar auf der rot durchgezogenen Trasse“, unterstrich Twietmeyer nochmals die RP-Position. Anfang November soll es in Plochingen einen Termin mit externer Moderation geben. Dem Vernehmen nach hat Andreas Schwarz, Chef der Grünen-Landtagsfraktion aus Kirchheim, ein Treffen des RP mit Gemeinderäten, Verwaltung, Naturschützern, Vereinen und Radverbänden initiiert, an dem auch die Landtagsabgeordneten Natalie Pfau-Weller (CDU) und Andreas Kenner (SPD) teilnehmen werden.
„Wir wollen diese Diskussion nicht hier im Kreistag führen“, blockte Thomas Walz vom RP ab. Somit blieb auch die Nachfrage des Esslinger Grünen-Stadt- und Kreisrats Jürgen Menzel zu einer Bewertung der Plochinger Problematik und den ungelösten Esslinger Problemen im westlichen Streckenabschnitt unbeantwortet.
Günter Riemer (Freie Wähler) wollte den Planern „Mut mitgeben“. Der Landrat hofft auf die Kompromissbereitschaft der Kommunen. Man könne nicht allen Bereichen Rechnung tragen, warb Eininger für den etappenentscheidenden Tritt nach vorne.
Biz / Foto: Grafik: Zapletal