In einer Senke in die Hocke gehen

Wie soll man sich bei Gewitter verhalten? – Esslingen ist eine Blitzhochburg – Örtlicher Starkregen tritt häufiger auf

Blitz und Donner sind die vergangenen Wochen stete Begleiter der Menschen im Südwesten gewesen. Starkregen hat so manchen Keller vollaufen lassen, Rettungskräfte waren vielfach im Einsatz – auch im Landkreis Esslingen. Die Gewitter waren in der Regel regional begrenzt, doch für die Betroffenen ist dies kein Trost. Es scheint, dass auch in den atmosphärischen Entladungen der Klimawandel festzumachen ist.
Die Jahresmitteltemperatur im Südwesten stieg seit 1901 bis heute von rund acht auf mehr als neun Grad. Den größten Anstieg gab es nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz dabei erst in den vergangenen 30 Jahren. In Stuttgart gab es 1953 noch 25 Eistage mit Höchsttemperaturen unter null Grad und genauso viele Sommertage mit Höchsttemperaturen von mindestens 25 Grad. Bis 2009 erhöhte sich die Zahl der Sommertage in Stuttgart auf 45, die der Eistage ging auf 15 zurück. Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) sagte im vergangenen Jahr, die Ausschläge der Temperaturen belegten anschaulich, dass die Erderwärmung zunehme und an Tempo zugelegt habe. So ist auch die Häufigkeit und Intensität von Hagelstürmen gestiegen. Und auch die Verteilung der Niederschläge im Land ändert sich. Die Sommer werden trockener mit dem Risiko längerer Dürreperioden. Feuchtere Winter bergen die Gefahr von Hochwassern. Starkregen wie 2016 in Braunsbach werden keine Ausnahme bleiben.
Laut dem Blitz-Informationsdienst in München blitzt und donnert es im Süden mehr als im Norden. Im Ranking der Bundesländer stand Baden-Württemberg im Jahr 2016 mit 51 024 Blitzeinschlägen nach Bayern und Nordrhein-Westfalen an dritter Stelle. Auf einen Quadratkilometer kamen vor zwei Jahren im Südwesten 1,43 Einschläge. Blitzhochburg im Südwesten war Esslingen (2241 Blitze), am wenigsten blitzte es in Freiburg (65 Mal). An Tagen mit starken Gewittern zucken mehr als 200 000 Blitze durch den Himmel über Deutschland, Tausende schlagen ein.
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ist die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland von einem Blitz getroffen zu werden, sehr gering. Jährlich werden demnach im Durchschnitt rund 130 Menschen verletzt, drei bis vier kommen durch Blitzeinschläge ums Leben. Nicht alle davon werden direkt getroffen. Aber auch wenn der Blitz in die Erde einschlägt, kann es gefährlich werden. Der Strom breitet sich dann bis zu 30 Meter um die Einschlagstelle herum im Boden aus. Wird man direkt getroffen, steigt die Spannung im Körper auf mehrere 100 000 Volt an. Mögliche Folgen: Herz- oder Atemstillstand. Laut DWD überleben aber rund zwei von drei Menschen, die von einem Blitz getroffen wurden. Sie haben dann jedoch jahrelang mit Spätfolgen zu kämpfen. Es kann zu Muskel- und Nervenlähmungen kommen, zu Bewusstseinsstörungen, Bluthochdruck und Persönlichkeitsveränderungen.
Wenn unterschiedlich warme Luftmassen aufeinandertreffen oder es in der Atmosphäre zwischen oben und unten besonders große Temperaturunterschiede gibt, gewittert es. Je heißer es am Boden ist, desto heftiger ist das Gewitter in der Regel. Die feuchtwarme Luft steigt nach oben, kondensiert und bildet eine Gewitterwolke. In der Wolke baut sich ein immer größer werdendes elektrisches Spannungsfeld auf, das sich durch eine Art Kurzschluss (Blitz) entlädt. dpa/ch / Foto: dpa

Das sollte man bei Unwetter wissen:
Im freien Feld sollte man sich eine flache Stelle oder gar eine Mulde im Gelände suchen, erklärt die Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder (BAG). Grundsätzlich gilt: Am besten ist man tiefer als das umgebende Gelände, da hohe Punkte Blitze anziehen. Nur enge Mulden sollte man meiden. In der Senke geht man in die Hocke, stellt die Füße eng nebeneinander, verlagert das Gewicht auf die Fußballen und legt die Arme um die Knie. Auf keinen Fall darf man sich unter Bäume, Türme, Pfeiler, Masten und Antennen stellen. Bergspitzen und Aussichtstürme sind zu meiden. Zu Überlandleitungen hält man laut BAG idealerweise einen Abstand von 50 Metern. Selbst das Anlehnen an einen Zaun kann gefährlich sein. Ganz wichtig: Keine Metallteile wie am Regenschirm oder Fahrrad anfassen. Der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) rät auch zu einem Abstand von am besten drei Metern zu anderen Menschen. In Scheunen, Holz- oder Steinhütten sollte man sich nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in der Mitte des Gebäudes in die Hocke gehen. Radler und Reiter sollten absitzen und einen blitzgeschützten Ort aufsuchen.
Im Wald: Einzelne Bäume, Baumgruppen und Waldränder gelten als potenzielle Blitz-Ziele. Im Inneren eines Waldes ist die Gefahr laut VDE geringer. Trotzdem: idealerweise zu allen Bäumen und Ästen mindestens zehn Meter Abstand halten. –
Im Haus: Während eines Gewitters sollte man in Gebäuden ohne Blitzschutzsystem nicht duschen und baden, rät der VDE. Zur Sicherheit werden elektrische Geräte vom Strom genommen. Handys lassen sich gefahrlos benutzen. In einem Gebäude mit Blitzableiter ist man am sichersten.
Fahrzeuge: Autos, Wohnmobile oder die Kabine einer Baumaschine bieten Schutz, ihre metallische Konstruktion wirkt wie ein Faradayscher Käfig. Wichtig ist es dabei, die Fenster zu schließen.
Wasser: Beim ersten Donnergrollen heißt es, raus aus dem Wasser.
Schnelle Hilfe rettet Leben: Im Gegensatz zu anderen Elektrounfällen besteht nach DRK-Angaben unmittelbar nach dem Blitzschlag keine Gefahr für Helfer. Bei Kreislaufstillstand sofort mit der Wiederbelebung beginnen: 30 Mal mit dem Handballen das Brustbein fünf bis sechs Zentimeter tief eindrücken. Es folgen zwei Atemspenden im Wechsel. Ein Blitzschlag kann auch zu Verbrennungen und zu Verletzungen nach Stürzen führen.


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